Ein schwedischer Entwickler hat die meistgelesenen Wikipedia-Artikel des Jahres ermittelt. Johan Gunnarsson zufolge führt in der englischsprachigen Wikipedia der Artikel über „Facebook“, während in Deutschland „Sackgasse“ auf Platz eins steht. Möglicherweise handelt es sich hierbei allerdings um einen Übersetzungsfehler. Betrachtet man die Ergebnisse anderer Länder, kommt ‚One Direction‘ in sieben Ländern vor. Allerdings dürfte damit nicht ‚Sackgasse‘, sondern die gleichnamige Teenie-Boygroup gemeint sein.
Das Online-Lexikon stellt selbst keine solchen Listen zur Verfügung, gewährt aber Zugriff auf seine Logdateien. Daraus hat der Schwede die Top-100 für zahlreiche Sprachversionen erstellt.
Auf Rang drei sowohl der deutschsprachigen wie auch der englischen Wikipedia stehen die Listen 2012 Verstorbener. Die englische Version „Deaths in 2012“ wurde allerdings 25,5 Millionen Mal abgerufen – die hochtrabend als „Nekrolog“ bezeichnete deutsche Version gute 6 Millionen Mal. Nur wenig häufiger griffen Nutzer auf den Eintrag „Deutschland“ zu.
In den deutschsprachigen Top 10 finden sich mit „How I Met Your Mother“, „The Big Bang Theory“, „Two and a Half Men“ sowie „Game of Thrones“ gleich vier US-Sitcoms oder -Serien. Die Fußball-Europameisterschaft 2012 schaffte es auf Rang 6. Auf Platz 10 steht hier „Facebook“.
Auch die Listen Gunnarssons für andere Länder sind eine Durchsicht wert. So informieren sich Chinesen auf ihrer Wikipedia offenbar vor allem über das Internet und seine Technik. Platz eins belegt der Artikel über die Suchmaschine „Baidu“, gefolgt von „Wiki“ und „Favicon“. Zahlreiche Länder, etwa Frankreich (Rang 2: „France“), Schweden (Rang 1: „Sverige“) und Russland (Rang 1: „Rossija“), beschäftigen sich stark mit sich selbst.
Interessant ist aber auch, dass 174.542 Klicks genügen, um zum meistgelesenen Wikipedia-Artikeln in Slowenien aufzusteigen. Die allgemein gar nicht so beeindruckend hohen Abrufzahlen erklären denn auch einige Ausreißer – wie das Ilex-Gewächs „Houx crénelé„, das mit fast 4,5 Millionen Abrufen die französische Bestenliste anführt.
[mit Material von Dara Kerr, News.com]
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6 Kommentare zu „Sackgasse“ war meistgelesener Wikipedia-Artikel 2012
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Die Rohdaten, aus denen immer wieder gern solche Statistiken erzeugt werden, kann man doch in die Tonne hauhen, da dort keine tatsächlichen Pageviews gezählt werden, sondern nur stur die Serverzugriffe, egal woher und von wem. Immer wieder kommt es daurch zu solch bekloppten Überaschungen. Auch der 7. Platz „G“ ist genauso fragwürdig. Dass die SZ und ZDNet darauf auch noch anspringen.
Hättet ihr aber am 27. mal auf Wikipedia:Fragen zur Wikipedia
(http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Fragen_zur_Wikipedia#Sackgasse_als_Top_Artikel_.3F.21) geschaut, hättet ihr dort bereits einen Hinweis für die wahrscheinlichste Lösung gefunden: nämlich dass vermutlich irgendwann 2011 eine größere Firma einfach in ihrem Netz einen Webfilter eingerichtet hat, der allemöglichen unerwünschten URL-Aufrufe (Pornos, Facebook, Twitter u.s.w.) auf den Artikel Sackgasse lenkt (das ist wohl Admin-Humor). So erklärt sich das Ausbleiben des Traffics an Feiertagen, sowie der urplötzliche Anstieg des Traffics auf diesem Artikel. Auch kann man sich in den Rohdaten die Tagesverteilung anschauen und sieht, dass die meisten Zugriffe um 12 Uhr rum generiert werden, also wenn die meisten Leute zur Mittagspause im Netz surfen.
Wenn man sich die Nutzerstatistik anschaut, fällt auf, dass die Seite „Sackgasse“ fast ausschießlich an Werktagen aufgerufen wird. An die These mit der Boygroup glaube ich daher eher nicht.
Ich versteh den Schweden nicht.
Selbst wenn man der deutschen Sprache nicht mächtig ist, könnte man doch wenigstens kurz ins Grübeln kommen, wenn der Übersetzer „Sackgasse“ auswirft. Sind die Deutschen so doof, dass sie sich das Funktionsprinzip der Sackgasse von Wikipedia erklären lassen müssen? Der Schwede hatte da anscheinend keine Zweifel. Wieviele Deutsche sind wohl schon hilflos verhungert, nachdem sie sich in einer Sackgasse verirrt haben? Gibt es darüber auch eine Statistik?
btw, da Wikipedia häufig von mobilen Endgeräten aufgerufen wird – und Teenies nunmal die meisten davon besitzen – ist es durchaus möglich, dass damit diese Teenie-Band gemeint ist. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich davon hier zum erstenmal lese. Aber gut zu wissen, welchen Bildungsschwerpunkt die zukünftigen Herrscher unseres Landes setzen. ;)
Der Schwede hat doch nur eine einwandfrei aufbereitete Statistik geliefert. Es gibt bisher keinen Hinweis, dass die Zahlen falsch sind. Die Frage ist vielmehr, wie es dazu kam.
Es gibt also keine Hinweise, dass die Zahlen falsch oder manipuliert sind?!? Etwas mehr journalistisches Gespür und hätte ich schon erwartet!
Auszug meines Textes aus dem Wikipedia:Kurier (http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Kurier)
Mit der Statistik in die „Sackgasse“
Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 28.12.2012 über den 2012 in der deutschen Wikipedia angeblich am meisten aufgerufenen Artikel. Der schwedische Software-Entwickler Johan Gunnarsson habe durch Auswertung der Abrufzahlen der Wikimedia Foundation ein Ranking der „populärsten“ Wikipedia-Artikel erstellt. Ausgerechnet der mittelmäßige Artikel Sackgasse stelle demnach mit etwa 10,2 Millionen Aufrufen den am meisten besuchten deutschen Artikel dar. Ganz unkritisch wurde diese Platzierung in dem Zeitungsartikel jedoch nicht übernommen. Allerdings erscheinen die ersten Erklärungsversuche sehr dürftig: Eine wahrscheinlichere Erklärung könne der Erfolg einer britischen-irischen Boygroup in Verbindung mit einem Übersetzungsfehler und einer falschen Verlinkung sein: „One Direction“ breche dieser Tage schließlich weltweit Teenagerherzen … One Direction lasse sich zwar nicht mit Sackgasse übersetzen, aber zumindest fast mit Einbahnstraße und das ist ja auch irgendwie fast das Gleiche. Ein anderer Erklärungsversuch sind Bots, also z.B. die Crawler der Suchmaschinen wie Google. Diese Aufrufe könnten laut Johan Gunnarsson nicht von Aufrufen von Menschen unterschieden werden. Auch gesteht er mögliche Unregelmäßigkeiten ein, die nicht mit menschlichem Verhalten zu erklären seien.
Schaut man sich die Auswertung der Aufrufstatistik des Artikels Sackgasse der letzten 90 Tage an, so fällt auf, dass die Aufrufe vornehmlich in der Woche, aber nicht am Wochenende stattfanden. Haben denn die Bots der Suchmaschinen auch schon eine Gewerkschaft, die ihnen das Arbeiten am Wochenende verbietet? Vielmehr scheint es sich um eine bewusste Manipulation der Zahl der Aufrufe bzw. der Logdatein zu handeln. Angefangen hat der vermeintliche Ansturm auf diesen Artikel schon am 15.02.2011. Vor diesem Datum lag die Zahl der Aufrufe pro Monat bei etwa 2000. Danach erhöhte sie sich auf 20.000-40.000 pro Tag. Vielleicht haben irgendwelche Computerspezies Langeweile gehabt und gewettet, wie weit sich das Ranking manipulieren lässt. Die Auswertung zeigt jedenfalls, dass eine Statistik immer nur so gut sein kann wie das zugrundeliegende Datenmaterial. Sonst landet man schnell in einer Sackgasse.
Interessant ist auch, dass wichtige Feiertage ebenfalls ausgespart wurden. Dieses betrifft gesamtdeutsche Feiertage wie Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Tag der dt. Einheit und Weihnachten. Hinzu kommen aber noch die katholischen Feiertage Heilige drei Könige, Fronleichnam und Allerheiligen, die nur in Baden-Württemberg und Bayern als Feiertage zählen. Dagegen fehlt jedoch Mariä Himmelfahrt, wodurch der katholische Teil Bayerns auszuschließen wäre. Andererseits deuten Tage wie Silvester und Rosenmontag auf die Feierlaune der Verursacher hin. Da der Tag nach Christi Himmelfahrt auch fehlt, könnte es sich um männliche Aktivisten handeln, die Ihren Rausch vom Vatertag auskurieren. Bis auf die Feiertage und Wochenenden gönnen sich die Verantwortlichen keine Pause. Das Fehlen von Ferien und Auszeiten könnte ein Indiz für eine Gruppe sein. Man kann also sehr viel aus Statistiken lernen, nur eben nicht daraus ableiten, dass sich die Deutschen hauptsächlich für die Sackgasse interessieren oder den Artikel gar lesen.
Die Zahlen können durchaus falsch oder manipuliert sein, aber wohl kaum von Herrn Gunnarsson. Die Zahlen kommen ja von Wikimedia; eine andere Auswertung kommt zum selben Ergebnis wie Gunnarsson:
http://stats.grok.se/de/latest90/Sackgasse
Der eventuelle Fehler oder die Manipulation muss also früher passiert sein, wenn es denn so war.
„Ich versteh den Schweden nicht“ ist also m. E. nicht angebracht. Gunnarsson hat doch eine interessante Debatte angestoßen, wollen wir damit nicht zufrieden sein? Die Interpretation der Zahlen ist ihm, da er die deutsche Sprache nicht beherrscht, wohl kaum zuzumuten.
Interessant finde ich, dass Sie sich auf die Süddeutsche Zeitung berufen. Die Geschichte lief lange zuvor hier bei ZDNet; die US-Kollegen hatten die Zahlen von Johan Gunnarsson aufgegriffen, ich habe das zum Anlass genommen, mir die Zahlen für Deutschland anzusehen. Die Theorie zu „One Direction“ stammt von meinem Kollegen Kai Schmerer. Es ist sicher nur eine Möglichkeit, und einiges spricht dagegen. Eine bessere haben wir bisher nicht gefunden. Schade, dass Ihr Artikel da keine neuen Ansätze liefert.