Internet-Aktivist Aaron Swartz begeht Suizid

Der 26-Jährige litt schon länger an Depressionen. Wegen angeblichen "Datendiebstahls" drohten ihm eine Millionengeldbuße sowie eine langjährige Haftstrafe. Seine Familie wirft der Staatsanwaltschaft und dem MIT Mitschuld an seinem Tod vor.

Der Internet-Aktivist Aaron Swartz hat kurz vor einem bevorstehenden Strafprozess Suizid begangen. Wegen „Datendiebstahls“ drohten dem 26-Jährigen eine mögliche Geldbuße von bis zu vier Millionen Dollar sowie eine maximale Gefängnisstrafe von über 50 Jahren.

Swartz galt als geniales Wunderkind und entwickelte schon als 14-Jähriger den Standard RSS 1.0 mit. Später war er an der technischen Umsetzung der Creative-Commons-Lizenzen beteiligt. Das von ihm gegründete Unternehmen Infogami wurde von der Social-News-Site Reddit übernommen, als deren Mitgründer er seither gilt. Er begründete außerdem die Organisation Demand Progress mit, die wesentlich dazu beitrug, das umstrittene Urheberrechtsgesetz SOPA zu verhindern.

Aaron Swartz (rechts vorne, Bild: Fred Benenson / CC BY 2.0)

Die Staatsanwaltschaft von Massachusetts warf ihm vor, mit dem Download wissenschaftlicher Artikel aus der kostenpflichtigen Datenbank JSTOR schweren Diebstahl begangen zu haben. Der Anklage zufolge hatte Aaron Swartz im Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen Verteilerschrank aufgebrochen und mit einem Notebook über vier Millionen Dokumente heruntergeladen – darunter auch zahlreiche gemeinfreie Texte.

Obwohl er die Dokumente nicht weitergab und JSTOR keine Strafverfolgung wollte, weiteten aggressive Staatsanwälte zuletzt die ursprünglich vier auf 13 Anklagepunkte aus, was ein noch viel höheres Strafmaß als zuvor erwarten ließ. „Diebstahl ist Diebstahl, egal ob man dabei einen Computerbefehl oder eine Brechstange einsetzt und ob man Dokumente, Daten oder Dollars entwendet“, argumentierten sie. Die Ankläger rechneten einen angeblichen Millionenschaden hoch, obwohl das MIT die Dokumente auf dem Universitätsgelände zum kostenlosen Download angeboten hatte.

Familie und Partnerin von Aaron Swartz warfen in einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und dem MIT vor, an seinem Tod mitschuldig zu sein. Die Staatsanwaltschaft habe eine Reihe ungewöhnlich harter Vorwürfe erhoben, „um ein angebliches Verbrechen zu bestrafen, bei dem es keine Opfer gab“. Anders als JSTOR habe sich das MIT dabei zweifelhaft verhalten. Die Universität hat inzwischen angekündigt, ihre eigene Rolle zu untersuchen und aufzuarbeiten.

Lawrence Lessig, Gründer der Creative-Commons-Initiative, bezeichnete den Chefankläger in einem Blogeintrag als „Tyrannen“. Tim Berners-Lee, Begründer des World Wide Web, schrieb ein Gedicht, um seine Trauer über den Tod von Aaron Swartz auszudrücken. Der mit Swartz schon länger befreundete Science-Fiction-Autor Cory Doctorow hält für gut möglich, dass dieser sich aus Furcht vor einer Gefängnisstrafe das Leben nahm. Er erwähnte aber zugleich dessen langjährigen Kampf gegen Depressionen, über den Swartz selbst geschrieben und mit Freunden gesprochen hatte.

„Aaron verfügte über eine unschlagbare Kombination von politischer Einsicht, technischem Können und einem Verständnis für Menschen und Probleme“, schreibt Doctorow. „Ich glaube, er hätte die amerikanische (und weltweite) Politik revolutionieren können. Sein Vermächtnis könnte das noch immer bewirken.“

[mit Material von Charles Cooper, News.com]

Themenseiten: Gerichtsurteil, Hacker, MIT, Politik

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