Patentprozess: Microsoft nimmt Google Maps in Deutschland ins Visier

Es will den Kartendienst per Gerichtsbeschluss stoppen, weil er angeblich ein Schutzrecht aus dem Jahr 1996 verletzt. Google hält dieses für nichtig und will es aufheben lassen. Das Landgericht München bezeichnet das Verfahren als "bisherigen Höhepunkt der Smartphone-Kriege" zwischen Microsoft und Google-Tochter Motorola.

Der Patentstreit zwischen Microsoft und der Google-Tochter Motorola Mobility weitet sich auf Google Maps aus. Microsoft wirft Google die Verletzung eines 1996 eingereichten Patents vor und will den Kartendienst per Gerichtsbeschluss blockieren lassen. Das Verfahren wird vor dem Landgericht München I verhandelt und vom Gericht selbst als „bisheriger Höhepunkt der sogenannten Smartphone-Kriege“ gesehen.

google_gavel

Das Schutzrecht EP0845124 bezieht sich auf ein „Computersystem zum Identifizieren lokaler Hilfsquellen und Verfahren hierfür“. Es enthält Patentansprüche für Prozeduren, ohne die kein Kartendienst zu betreiben ist. Dazu gehören etwa das „Speichern von Kartendaten auf einem Karten-Servercomputer, welche eine Karte eines geographischen Gebiets darstellen“ oder das „Übermitteln einer Kartenanfrage von einem Client-Computer an den Karten-Severcomputer“.

Google will das äußerst breit formulierte Patent in einem parallelen Verfahren für nichtig erklären lassen oder zumindest eine engere Auslegung erreichen. Laut Patentblogger Florian Müller hat Google das Landgericht München jedoch nicht überzeugen können, dass eine Aufhebung des Patents sehr wahrscheinlich ist. Müller zufolge hat der vorsitzende Richter Matthias Zigann außerdem Google und Motorola klar zu verstehen gegeben, das Gericht neige derzeit dazu, eine Verletzung des Schutzrechts anzunehmen. Zigann soll die im Patent beschriebene Kombination von Suchergebnissen mit Kartendaten außerdem als „große Idee“ bezeichnet haben.

Der häufig als „Patentexperte“ zitierte Florian Müller dramatisiert Patentstreitigkeiten oft übermäßig und kann in diesem Fall schon deshalb nicht als neutraler Berichterstatter gelten, weil er eine Beratungstätigkeit für Microsoft einräumen musste. Er beschreibt ein drohendes Szenario mit gravierenden Folgen, sollte es zu einer gerichtlichen Verfügung gegen Google Maps kommen. Google sei dann etwa gezwungen, den Zugang zu Google Maps von deutschen IP-Adressen zu verhindern, und dürfe die Google-Maps-App für Android nicht mehr in Deutschland anbieten. Laut Wall Street Journal hält der vorsitzende Richter aber das von Microsoft beantragte sofortige Verbot von Google Maps auf Smartphones für unverhältnismäßig.

Tatsächlich versucht Microsoft auch Motorola zur Zahlung von Lizenzgebühren zu zwingen, wie es ihm schon bei anderen Herstellern von Android-Geräten gelungen war. Das Verfahren wird vermutlich deshalb in Deutschland geführt, weil deutsche Gerichte als den Patentinhabern gewogener gelten und zu schnelleren Entscheidungen als US-Gerichte kommen. Diesen Vorteil wollte allerdings auch Motorola nutzen, das zuvor mehrere Patentklagen gegen Microsoft in Deutschland einreichte.

„Eine Möglichkeit, diesen Krieg zu beenden“ sieht ein Microsoft-Anwalt in der Lizenznahme durch Google und Motorola. Google wollte die Klage nicht weiter kommentieren. „Wir sind von unserem Standpunkt überzeugt und werden ihn vor Gericht verteidigen“, erklärte ein Google-Sprecher knapp. Die Entscheidung des Gerichts ist in etwa zwei Monaten zu erwarten.

[mit Material von Casey Newton, News.com]

Themenseiten: Gerichtsurteil, Google, Google Maps, Microsoft, Patentstreit, Smartphone

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

1 Kommentar zu Patentprozess: Microsoft nimmt Google Maps in Deutschland ins Visier

Kommentar hinzufügen
  • Am 8. März 2013 um 21:00 von Johnson

    Schöner Artikel der endlich auch mal die kritischen Hintergründe zu Herrn Florian Müller berücksichtigt. Danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *