Guardian: Regierung wollte Snowden-Enthüllungen durch Zerstörung von Computern verhindern

Die Vernichtung erfolgte angeblich auf Veranlassung von Premierminister David Cameron. So sollte jegliche weitere Berichterstattung über die Snowden-Dokumente unterbunden werden. Die Regierung drohte dem Guardian auch mit rechtlichen Schritten.

Die britische Regierung hat versucht, die Berichterstattung des Guardian über die vom PRISM-Informanten Edward Snowden beschafften Geheimdokumente zu verhindern. In einem Blogeintrag beschreibt Chefredakteur Alan Rusbridger, wie Regierungsbeamte die Büros der Zeitung durchsucht und die Vernichtung von Computern und Festplatten überwacht haben, auf denen angeblich Unterlagen von Snowden gespeichert waren.

Edward Snowden (Bild: Guardian)Edward Snowden (Bild: Guardian)

Rusbridger zufolge verlangte ein leitender Regierungsbeamter – angeblich auf Veranlassung des Premier ministers David Cameron – bereits im Juni die Rückgabe aller Informationen, die Snowden dem Guardian zugespielt hatte. „Geben Sie die Unterlagen zurück oder zerstören Sie sie“, zitiert Rusbridger den Beamten.

Im Juli habe sich der Ton verschärft, so Rusbridger weiter. „Sie hatten ihren Spaß, jetzt wollen wir die Sachen zurück.“ Bei zwei weiteren Treffen hätten Regierungsvertreter ihre Forderungen wiederholt und erklärt, es gebe keinen Grund, weitere Artikel über das Snowden-Material zu schreiben. Die Beamten hätten zudem auf Nachfrage bestätigt, dass die Regierung beabsichtige, die Vernichtung der Daten per Gerichtsbeschluss zu erreichen. Auch Rusbridgers Einwand, dass die Berichterstattung über Snowden in erster Linie von New York aus erfolge und der Autor Glenn Greenwald in Brasilien lebe, habe die Beamten nicht von ihrem Vorhaben abgebracht.

„Also kam es zu einem der bizarrsten Momente in der langen Geschichte des Guardian: Zwei Sicherheitsexperten des GCHQ überwachten die Zerstörung von Festplatten im Keller des Guardian, um sicherzustellen, dass die Metallreste nichts mehr enthalten, was für chinesische Geheimagenten interessant seien könnte“, schreibt Rusbridger.

„Ich habe schon länger damit gerechnet, dass unsere Möglichkeiten, das Geheimmaterial zu analysieren und darüber zu berichten, in Großbritannien erheblich eingeschränkt werden könnten“, ergänzte Rusbridger. „In Amerika ist die Pressefreiheit, trotz aller Probleme mit Mediengesetzen und Whistleblowern, in der Verfassung verankert.“

Rusbridger veröffentlichte seinen Blogeintrag gestern, kurz nachdem britische Behörden Greenwalds Lebensgefährten David Miranda am Londoner Flughafen Heathrow verhaftet hatten. Er wurde für neun Stunden festgehalten und sein Laptop, sein Smartphone und seine Kamera wurden durchsucht. Als rechtliche Grundlage nannten die Behörden ein britisches Antiterrorgesetz. Rusbridger erklärte, der Vorfall habe keinen Einfluss auf die weitere Berichterstattung, obwohl Miranda, der selber kein Journalist sei, Greenbaum bei seiner Arbeit unterstütze.

[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]

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Neueste Kommentare 

8 Kommentare zu Guardian: Regierung wollte Snowden-Enthüllungen durch Zerstörung von Computern verhindern

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  • Am 21. August 2013 um 7:34 von Markus D.

    Ich beürchte auch das ist ein Fall vor dem schon Heinrich Heine gewarnt hatte:
    Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.

  • Am 20. August 2013 um 16:13 von Andrea

    Ohh man…die GCHQ mal wieder…die sind so doof…*totlach*

    Die sollten wissen, dass es von diesen vernichteten Files weltweit Kopien gibt und Wikileaks ist bereits dran, eine weitere Datenbombe gegen die Geheimdienste zu zünden. Nicht umsonst wurde gestern eine 349 GB große und verschlüsselte Datei rausgeschickt auf tausende weltweite Spiegelserver!!

    Und darüber hinaus hat die GCHQ doch sowieso schon gegen uns User und gegen die Presse verloren. Warum?? Weil zwei höchstrichterliche Urteile gegen diesen Überwachungsstaat ausstehend sind:

    1. er EuGH wegen der Klage von Österreich und Irland gegen diese EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

    siehe dieser Bericht von der taz:

    http://www.taz.de/!119601/

    Da war am 09. Juli bereits mündliche Verhandlung und am 07.11.2013 wird der nächste Termin sein!!

    Als nächster Schritt wird am 7. November der unabhängige EuGH-Generalanwalt Cruz Villalón seinen Schlussantrag – eine Art Gutachten – veröffentlichen. Das Urteil des EuGH wird dann einige weitere Monate später folgen.

    Das ist der erste Streich und der zweite folgt sogleich:

    2. das Urteil vom Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Bestandsdatenauskunft!!

    Mal hier gucken:

    http://stopp-bda.de/

    (Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft)

    Außerdem verstößt dieses Vorgehen der GCHQ gleich mal gegen zwei weitere höchstrichterliche Urteile:

    a) EuGH zur Illegalität von Präventiv-Filtern im Internet:

    http://lexetius.com/2011,5504

    Denn nichts anderes stellt diese Vernichtung dieser Festplatten dar und

    b) gegen das Urteil vom Bundesverfassungsgericht zum Computerschutz aus 2008:

    http://lexetius.com/2008,143

    Darüber hinaus verstößt diese Aktion sogar gegen so ziemlich jedes geltende Gesetz: Internationales Recht (UN-Charta: Grundrecht auf Privatsphäre), europäisches Recht (EU-Grundrechte-Charta) und gegen deutsches Recht (unser Grundgesetz)!!

    • Am 20. August 2013 um 21:49 von Joda

      Als ob es irgendeinen Geheimdienst kümmert was erlaubt ist und was nicht.
      Erste Regel: lass dich nicht erwichen. Und das ist leicht, wenn jeder Informant plötzlich Terrorist ist…

    • Am 21. August 2013 um 8:04 von Frank Furter

      Seit wann interessieren sich die Mächtigen dafür, was in den Gesetzen oder höchstrichterlichen Urteilen steht?!

  • Am 20. August 2013 um 10:29 von Mac-Harry.de

    Bisher ging ich davon aus, dass die Pressefreiheit gewährleistet wird. Wenn sich dies alles bewahrheitet, ist unsere Demokratie zur Farce verkommen.

    • Am 20. August 2013 um 12:23 von Frank Furter

      aber wieso denn?
      Die marktkonforme Demokratie wird davon doch nicht berührt…
      Die andere Demokratie, die gibt’s schon lange nur noch in den Schulbüchern.

      • Am 20. August 2013 um 13:33 von Andreas

        Jetzt werde ich erst recht verschüsseln.

        Echt schlimm was die sogenannten Mächtigen da machen. Die haben scheinbar mächtig Angst.

        Man sollte sich ernsthaft überlegen, wen man jetzt noch wählen kann.
        Leider interessiert das zuwenige. So bleiben wohl die jetzt Mächtigen mächtig.

        • Am 21. August 2013 um 15:23 von Inselhopper

          Wenn sie nur „scheinbar“ Angst hätten, wäre das alles nur Kraftmeierei. Da sie aber offensichtlich tatsächlich Angst haben, geschehen Panikreaktionen…

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