US-Bundesbezirksrichterin Lucy Koh hat Samsung im Prozess gegen Apple in San Jose schwer gerügt und eine Reihe seiner Anträge abgelehnt. In einer Anordnung nennt sie Offenlegungen von Samsung „unangemessen“ und die darauffolgenden Vertuschungsversuche „unentschuldbar“. Darauf weist Florian Müller in seinem Patentblog FOSS Patents hin.
Kohs Rüge bezieht sich auf einen vergangene Woche von ihrem Richterkollegen Paul S. Grewal publik gemachten Fall. Demnach hat Samsung vertrauliche Unterlagen von Apple über dessen Abkommen mit Nokia genutzt und sich selbst in Verhandlungen mit Nokia darauf bezogen. Samsung-Manager Seungho Ahn soll Nokia die Konditionen seiner mit Apple getroffenen Vereinbarung aufgezählt haben – mit dem Kommentar: „Alle Informationen sickern letztlich durch.“ Ein solcher Missbrauch vertraulicher Gerichtsunterlagen wäre illegal und würde eine Strafe für Samsung nach sich ziehen, falls er belegt werden kann.
In Kohs Anordnung findet sich unter anderem in einer Fußnote der Hinweis, Samsungs Rechtsberater Quinn Emanuel habe „in der Tat unlauter Informationen an Samsung-Mitarbeiter weitergegeben“. Der genaue Umfang müsse nun bestimmt werden. Außerdem bemängelt Koh fehlende Kooperation: „Dass Samsung nach drei Monaten immer noch keine Informationen dazu verfügbar gemacht hat, ist unentschuldbar und macht eine gerichtlich beaufsichtigte Prüfung erforderlich.“
Koh geht aber noch weiter. Es gebe Hinweise, schreibt sie, dass Samsung diese vertraulichen Informationen nicht nur in Verhandlungen mit Nokia genutzt habe, sondern auch „anderen Gerichten gegenüber“ – nämlich unter anderem bei einer Anhörung vor der US-Handelsbehörde ITC. Eine solche Verwendung nennt Koh „besonders ungeheuerlich“, da dies in ihrer Schutzbestimmung für geheime Unterlagen noch einmal ausdrücklich untersagt wurde.
Der Zweck von Samsungs Anträgen, die Koh abgelehnt hat, war es gewesen, das Verfahren hinauszuzögern. Die zweite Patentklage Apples gegen Samsung läuft seit Februar 2012. Anfänglich richtete sie sich in erster Linie gegen das Galaxy Nexus. Die Hauptverhandlung soll Anfang 2014 beginnen. Bis dahin will Koh den Umfang des Rechtsstreits noch deutlich reduzieren. Für jede Seite sieht sie nur maximal fünf Patentansprüche und bis zu zehn angeblich patentverletzende Produkte vor.
Am 12. November beginnt außerdem eine von Richterin Koh angesetzte Verhandlung, in der es erneut um den Apple zuvor zugesprochen Schadenersatz von 599 Millionen Dollar gehen wird, der gegenüber dem Ursprungsbetrag schon um 450,5 Millionen Dollar reduziert wurde. Ziel ist eine Neuberechnung der Schadenssumme, da Koh entschieden hatte, dass dem Jury-Urteil von August 2012 ein fehlerhaftes Verständnis der betroffenen Gesetze und Patente zugrunde lag.
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1 Kommentar zu Prozess gegen Apple: Richterin Koh erteilt Samsung schwere Rüge
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Das ist doch kein Wunder, dass dem Jury-Urteil ein fehlerhaftes Verständnis von Patenten und Gesetzen zugrunde liegt. Die Jury besteht doch nicht aus Rechtsanwälten, geschweige aus Patentanwälten. Das sind alles „normale“ Leute und mit solchen Dingen zu Recht überfordert. Kein Wunder dass eine Neuberechnung erforderlich ist. Kostet wieder Zeit und Geld. Gibt’s dann ein Juryurteil von vorgenannten Experten?