SIP-Telefonie für Profis
Auch die neuen Funktionen für SIP-Telefonie machen klar, dass AVM Unternehmen als Zielgruppe im Visier hat. Mit der Funktion SIP-Trunking lassen sich mehrere Telefonnummern in einem einzigen Konfigurations-Eintrag verwalten, sofern der VoIP-Anbieter das unterstützt.
FritzOS 6.0 unterstützt dabei sowohl SIP-Trunking mit mehreren Rufnummern, die nicht aufeinanderfolgend sind, als auch SIP-Anlagenanschlüsse mit Stammnummer und Durchwahl. Auch wenn FritzOS 6.0 bis zu 9-stelligen Durchwahlen (sehr große Firmen haben in der Regel maximal 4-stellige Durchwahlen) unterstützt, wird schnell klar, dass eine Fritzbox nur wenige Endgeräte unterstützen kann. Ein realistisches Maximum ist 10 bis 20 Nebenstellen. Dies zeigt sich darin, dass alle Nebenstellen, die man über die Fritzbox abwickeln möchte, einzeln eingetragen werden müssen.
Zudem muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Anzahl der klassischen Telefoniegeräte auf einer Fritzbox beschränkt ist. Auch auf einer 7390 oder 7490 lassen sich nur sechs DECT-Telefonie, acht ISDN-Telefone sowie drei analoge Telefone oder Faxgeräte anschließen. Wer mehr benötigt, muss SIP-Endgeräte verwenden, die per LAN angeschlossen werden.
Ebenfalls für den Profi-Einsatz wenig geeignet ist die WLAN-Telefonie, bei denen Mitarbeiter ihr Smartphone als Endgerät verwenden. Dieses ist mittels Fritz!App oder der eingebauten SIP-Telefonie in Android zwar leicht zu konfigurieren, führt aber in der Praxis zu Problemen. Nur bei einer ausgezeichneten WLAN-Verbindung klappt das problemlos. Meist führt eine einzige Wand schon zu inakzeptabler Qualität. An die Reichweite von DECT kommt WLAN nicht heran. Während TCP-Verbindungen noch einwandfrei funktionieren, weil sie verlorengegangene Pakete neu anfordern, kommt es beim für IP-Telefonie notwendigen UDP-Protokoll zu Paketverlusten über WLAN. Die Gesprächsqualität sinkt auf das Niveau einer sehr schlechten Handyverbindung.
Verbesserungsbedürftig ist die neue Möglichkeit, Sprachnachrichten auf dem integrierten Anrufbeantworter per Web-Interface abzuhören. Dies kann man nur global erlauben. Das heißt, es lassen sich alle Anrufbeantworter, auch die eines Kollegen abhören. Es fehlt zudem die Möglichkeit, dass die Nachricht eines einzelnen Anrufbeantworters an eine bestimmte E-Mail-Adresse geschickt wird.
Für Unternehmen bis zehn Mitarbeitern bietet eine SIP-fähige Fritzbox mit FritzOS 6.0 jedoch eine preisgünstige Alternative zur teuren Telefonanlage. Zu beachten ist lediglich, dass man Internet und SIP-Telefonie aus einer Hand kauft, damit der Vorrang von Telefoniepaketen auch vom Internetprovider garantiert ist, oder alternativ eine eigene Internetverbindung nur für Telefonie verwendet, um SIP-Telefonie von einem unabhängigen Anbieter wie Sipgate oder dus.net zu nutzen.
Media-Funktionen nicht nur für Heimanwender
Sehr viele neue Möglichkeiten gibt es auch im Bereich Multimedia. Diese sind natürlich primär für Heimanwender ausgelegt, jedoch werden AV-Übertragung auch im Geschäftsalltag langsam selbstverständlich. Schulungsvideos und Firmenpräsentationen sind keine Seltenheit mehr.
Wer einen Internetzugang mit IPTV besitzt, etwa T-Home-Entertain, kann die Fritzbox nutzen, um das Live-Programm auch auf Tablets und Smartphones zu streamen. Alle Inhalte, gleich ob vom NAS oder aus dem Web können auf UPnP-fähigen (DLNA) Endgeräten abgespielt werden. Unter NAS versteht AVM dabei an den USB-Port angeschlossene USB-Sticks oder externe Festplatten. Mit einem professionellen NAS-System, etwa von QNAP oder Synology, ist das Fritzbox-NAS nicht vergleichbar.
Es ist nunmehr auch möglich, Internet-Streams auf Geräten aktiv abzuspielen. Das ist insbesondere für Audio-Streams auf Geräten nützlich, die nur über ein kleines Display verfügen und ein eingeschränktes User-Interface besitzen, beispielsweise wenn man die Stream-URL umständlich über eine Fernbedienung eingeben muss. Über jeden UPnP-fähigen Fernseher kann man sich die gewünschten Inhalte hingegen leicht selbst auswählen.
Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Online-Speicher zu verwenden. Unterstützt werden dabei Google Play Music, das Telekom Mediencenter und der 1&1 Onlinespeicher. Hier wären für Business-Nutzer weitere Dienste wie Strato HiDrive und Amazon S3 durchaus wünschenswert. Für Google Play Music ist es zudem notwendig, ein Speichermedium an einen USB-Port anzuschließen.
Kleine Ärgerlichkeiten bleiben
Einige kleine Ärgerlichkeiten bei der Fritzbox hat AVM auch mit FritzOS 6.0 nicht ausmerzen können. Wer etwa seine AVM-Schaltsteckdosen so programmiert hat, dass sie bei Sonnenuntergang eine Lampe einschalten, um potenzielle Einbrecher abzuschrecken, wird festellen, dass sich der Sonnenuntergang im Laufe der Zeit verschiebt, während die Fritzbox die Uhrzeit diesem naturgegebenen Umstand nicht anpasst.
Der eingebaute DNS-Server der Fritzbox wurde verbessert. So ist es endlich möglich, auch über TCP eine DNS-Anfrage zu stellen, was häufig notwendig ist, wenn DNSSEC-Einträge in der Domain vorhanden sind. Hier hatte sich AVM bisher konsequent auf den Standpunkt gestellt, dass es ausreichend ist, das übliche 512-Byte-Limit für UDP-Übertragungen anzuheben. Das hat jedoch nicht wirklich Abhilfe gebracht.
Es bleibt jedoch das Problem, dass der sogenannte DNS-Rebind-Schutz auch auf öffentliche IPv6-Adressen wirkt. Mit IPv6 haben im Heimnetz befindliche Geräte normalerweise öffentliche IP-Adressen, unter denen sie sowohl von außen als auch von innen erreichbar sind. Diese weigert sich der DNS-Server jedoch beharrlich aufzulösen, so dass die Geräte zwar von außen erreicht werden können, sofern die Firewall das erlaubt, aber von innen nicht. Dazu muss man erst den Rebind-Schutz für alle Domains aufheben, die auf öffentliche IPv6-Adressen im Intranet zeigen. Der Rebind-Schutz dürfte ohnehin für die meisten Nutzer eher hinderlich als förderlich sein. Er sollte generell standardmäßig abgeschaltet sein.
Bei der Reverse-Auflösung von öffentlichen IPv6-Adressen im Intranet wird zudem immer ein PTR-Record mit der Endung .fritz.box zurückgeliefert. Auch das ist im Business-Umfeld wenig sinnvoll. Dieses Feature lässt sich nicht einmal abschalten.
Bei den genannten „Features“ im DNS-Server der Fritzbox hat AVM etwas über das Ziel hinausgeschossen. Sie sind für die meisten Geschäftsanwender und viele Privatanwender ärgerlich und führen zu nur schwer zu entdeckenden Problemen.
Fazit
Mit FritzOS 6.0 hat AVM seine Fritzbox-Reihe noch attraktiver für Unternehmen gemacht. Neben den genannten großen Verbesserungen und Neuerungen sei auf die zahlreichen Kleinigkeiten verwiesen, die FritzOS 6.0 bringt.
Zwar ist die Funktionsvielfalt für Unternehmen lange nicht so weit wie bei dedizierten Business-Routern, etwa von Lancom, jedoch reichen für viele Firmen bis 100 Mitarbeiter die angebotenen Funktionen völlig aus. Lediglich bei Kleinigkeiten erkennt man, das AVM mit der Fritzbox aus dem Consumerbereich kommt und die das gewünschte Verhalten ist nur umständlich zu erreichen. Bei der Telefonie muss man die Einschränkung machen, dass mehr als zehn Nebenstellen trotz SIP-Trunking nur sehr schwer zu verwalten sind.
Letztendlich geben zwei Faktoren den Ausschlag. Zum einen ist der Preis zu nennen. Selbst das Spitzenmodell 7490 wird in Preissuchmaschinen für etwa 280 Euro brutto gelistet. Die technisch nahezu gleichwertige 7390 (es fehlen WLAN 802.11ac und USB 3.0) schlägt mit zirka 190 Euro zu Buche. Für einen von der Hardware her vergleichbaren Lancom-Router müssen hingegen 500 Euro veranschlagt werden.
Zum anderen ist für einen Lancom-Router ein deutlich höheres Wissen erforderlich. Ein Administrator, der über überdurchschnittliches technisches Wissen im Bereich IP-Routing verfügt, wird die bei weitem besseren Konfigurationsmöglichkeiten zu schätzen wissen. Unternehmen, die nur über einen Administrator mit normalen Kenntnissen oder keinen dedizierten IT-Manager beschäftigen, sind unabhängig vom Preis mit einer Fritzbox möglicherweise besser bedient.
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7 Kommentare zu Neues Betriebssystem: FritzOS 6.0 macht die Fritzbox businesstauglich
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Gibt es eigentlich Erfahrungswerte für die VPN Performance der Fritz!Box 7490 (im Vergleich zur 7390 z.B.)? Mir würden auch Laborwerte reichen, heisst maximal errreichbare Verschlüsselungsgeschwindigkeiten mit IPSEC. Meines Wissens wird die Verschlüsselung mit Software gemacht, was sehr rechenintensiv und auf günstigen Routern damit eher langsam ist und mit heutig erhältlichen Glasfaserleitungen bis symmetrisch 1Gbit/s klar den Flaschenhals darstellt. Geräte mit VPN Speed ab 50Mbit/s sind sowiel ich weiss deutlich teurer als die 7490.
Der Hintergrund ist, dass ich gerne Backups via VPN machen würde und meine eher konservative symmetrische Glasfaserleitung 30/30 Mbit/s nicht den Flaschenhals darstellen soll.
Mit meiner 7360 komme ich leider nicht über 10.4 Mbit/s Durchsatz, wenn ich via VPN eine Datei mit dem Windows-Explorer verschiebe.
Mein Asus ASUS RT-N66U schafft via unsicherem (und ws. weniger rechenintesivem) PPTP VPN ca. 29Mbit/s, d.h. hier scheint wenigstens nicht der Router sondern die 30Mbit Leitung der Flaschenhals zu sein und der Overhead der Verschlüsselung scheint sehr klein zu sein.
Eine Supportanfrage an AVM hat leider auch keine Klarheit gebracht- VPN Durchsatz scheint dort kein Thema zu sein und wird nicht genauer spezifiziert.
Bin ich der einzige, den dieses Thema interessiert oder wieso finde ich einfach keine Information darüber? Oder macht es einfach mehr Sinn, VPN über eine Synology Diskstation laufen zu lassen (wobei mir dann wieder nicht klar ist, ob man die DS214+ mit AES Hardware Verschlüsselung der DS214play vorziehen soll, resp. welche Performance kann man dort erwarten)? Macht der Upgrade von 7390 auf die 7490 Sinn wenn man v.a. an VPN Speed interessiert ist?
Nein, vom Prädikat „businesstauglich“ sind leider sämtliche Fritz!Boxen – zumindest in Sachen VoIP-Telefonie – noch meilenweit entfernt. Das ist aber – wie mir heute bei einem denkwürdigen Telefonat mit der AVM-Hotline auch bestätigt wurde – kein Ziel von AVM, die nach Angabe des Supportmitarbeiters zu „98 Prozent“ den Consumermarkt bedienen. Hintergrund war meine Anfrage nach dem Stand der Dinge in Sachen MOH (musik on hold) – also der Möglichkeit, das schaurige Standardgeräusch, welches Anrufer (Kunden) beim internen Verbinden zu hören kriegen gegen eine individuelle Warteschleifenmusik auszutauschen.
Diese Funktion, wie auch das interne Verbinden im Allgemeinen, so wurde mir zu meinem Erstaunen mitgeteilt, werde überschätzt und sowieso bei AVM „höchstens einmal im Monat“ nachgefragt. Mehrere Fritz!Fons an die Box anzuschliessen sei „nur sinnvoll, wenn jedem Telefon eine eigene Nummer zugewiesen“ wäre. Und sowieso sei diese Funktion technisch so kompliziert (auch das O-Ton), dass das Feature „Individuelle MOH einspielen“ die Firmware „aufblasen“ und instabil machen würde.
Businesstauglich ist anders. Wir überlegen zumindestens jedesmal, ob wir das Telefon zum Nachbarbürotisch tragen (was ja auch gesund ist) oder unseren Anrufern das horrorfilmartig verzerrte „Ihre Verbindung wird gehalten“ zumuten wollen.
zum Problem mit Chrome nicht erreichbar statt Fritz.box einfach mal die IP versuchen, müsste bei Standard Konfiguration 192.168.178.1 sein. Ansonsten noch die anderen Standard IP’s versuchen 192.168.1.1 oder 192.168.2.1 oder einfach mal Start CMD ipconfig dort dann nach 192.168. suchen meist findet man dann
192.168.20.30 die 30 dann in eine 1 ändern ;)
Achtung beim update. Habe ich gemacht nur lässt sich das user interface im Google Chrome nicht mehr erreichen. Kein Problem beim IE8!
Mag sein, dass das bei Ihnen so ist. Für den Artikel haben wir die Screenshots mit Google Chrome erstellt.
Auch ältere Boxen bekommen einen Update. Wie z.B. die 7270v2/v3.
Einfach mal auf dem AVM FTP Server schauen unter fritz.box -> beta
ftp://ftp.avm.de
Gruß Dodo
Das Stimmt ich selber Habe ein Fritzbox 7270v3. Diese hat zurzeit FRITZ!OS: 06.05 insatlliert.