Redtube-Abmahnungen: Landgericht Köln hebt erste Auskunftsbeschlüsse auf

Mit ihnen hatten die Abmahnanwälte bei Providern die Herausgabe der Adressdaten von Nutzern durchgesetzt. Sie dienten somit als Basis für die im Dezember erfolgte Abmahnwelle. Jetzt erklärte das Gericht die erlassenen Beschlüsse teilweise für rechtswidrig.

Das Landgericht Köln hat in den Beschwerdeverfahren um die massenhaften Abmahnungen von Nutzern des Porno-Streaming-Portals Redtube erste Entscheidungen getroffen. Seiner Ansicht nach waren die auf Antrag der Abmahnanwälte erlassenen Auskunftsbeschlüsse teilweise rechtswidrig, die zur Herausgabe zehntausender IP-Adressen von Telekom-Kunden geführt hatten. Daher hob das Gericht diese nun zum Teil auf, wie die für betroffene Verbraucher tätigen Anwälte Christian Solmecke und Johannes von Rüden mitteilen.

RedTube Logo (Bild: RedTube)

Mit ihrem Urteil reagierten die Richter zum einen auf insgesamt 110 vorliegende Beschwerden von Abmahnopfern und zum anderen auch auf die Berichterstattung über das offensichtlich oberflächliche Vorgehen bei der Prüfung der Auskunftsanträge. The Archive AG, die behauptet, Inhaber der Urheberrechte zu sein und die Adressermittlung mit einer Software zweifelhafter Qualität in Auftrag gegeben hatte, kann gegen die getroffenen Entscheidungen noch Beschwerde einlegen.

Wie das Kölner Landgericht mitteilt, hat eine Zivilkammer in vier Fällen Beschwerden von Anschlussinhabern stattgegeben, die von der The Archive AG wegen Ansehens eines Streaming-Videos auf der Plattform Redtube abgemahnt worden waren. Der Kammer zufolge „hätte dem Antrag der ‚The Archive AG‘ auf Herausgabe der bestimmten IP-Adressen zuzuordnenden Namen und Anschriften von Kunden der Deutschen Telekom nicht entsprochen werden dürfen“. Einer der Beschlüsse (Az. 209 O 188/13, PDF) ist in anonymisierter Form abrufbar. Weitere Entscheidungen werden laut Pressestelle des Landgerichts Köln „in Kürze erwartet“.

Johannes von Rüden kritisiert an den Urteilen, dass „die Einsicht des Landgerichts Köln leider zu spät“ kommt. Dennoch sei eine „späte Gerechtigkeit besser als gar keine“. Der Anwalt weiter: „Auf die Wirksamkeit der bereits ausgesprochenen Abmahnungen hat die Entscheidungen nur leider keine Auswirkungen. Aber das Landgericht hat zum Glück angekündigt, dass es die Möglichkeit von Beweisverwertungsverboten prüfen wird. Dann könnte The Archive ihre Ansprüche nicht mehr gerichtlich durchsetzen.“

Laut Christian Solmecke war die Entscheidung des Landgerichts Köln absehbar. „Spannend ist jedoch, dass sich aus der Entscheidung ergibt, dass jeder einzelne Betroffene separat gegen den Beschluss vorgehen muss. Der Beschluss wird dann immer nur soweit aufgehoben, als dass er die Rückverfolgung einer bestimmten IP-Adresse betrifft. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass tausende Betroffene jetzt gegen die Auskunftsbeschlüsse einzelnen vorgehen sollten.“ Auf ihrer Website bietet zum Beispiel die Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke ein Muster zum Download an, wie dabei vorzugehen ist.

Außerdem bedauert Solmecke, dass das Gericht die Möglichkeit nicht genutzt hat, die Beschlüsse von Amts wegen insgesamt aufzuheben. Der Anwalt weiter: „Interessant ist auch die Kostenentscheidung: die The Archive AG muss sämtliche Kosten des Verfahrens tragen. Stellt man sich vor, dass tausende Nutzer nun gegen die Beschlüsse vorgehen, könnte es teuer werden.“

Bei der Frage, inwieweit Streaming an sich legal oder illegal ist oder wie es sich bei der in die Schlagzeilen geratenen Plattform Redtube im Einzelnen verhält, eiert das Kölner Gericht allerdings etwas herum: Einerseits wird erklärt, dass aus Sicht der Richter Streaming zumindest dann rechtmäßig ist, wenn „eine nicht offensichtlich rechtswidrige Vorlage“ genutzt wurde. Die Plattform Redtube dagegen wird von den Richtern als „nicht offensichtlich rechtmäßig“ angesehen. Womöglich versuchen sie dadurch ihr Gesicht zu wahren und das Versagen beim Durchwinken der ursprünglichen Anträge zu kaschieren.

Sowohl Solmecke als auch von Rüden weisen darauf hin, dass Anwalt Daniel Sebastian in einigen der rund 90 Auskunftsverfahren sein Mandat niedergelegt hat. Ein Grund dafür ist derzeit noch nicht bekannt. Der Berliner Anwalt hatte in den von ihm formulierten Anträgen ausdrücklich von Downloads gesprochen – und somit einen Teil der Kölner Richter aufs Glatteis geführt, denn tatsächlich ging es ja um eine Streaming-Plattform. Auf Nachfrage des Gerichts hatte er zudem offen gelassen, wie die verwendete Ermittlungssoftware „GLADII 1.1.3“ in die Verbindung zwischen Endnutzer und Redtube-Server eindringen und die IP-Adresse ermitteln konnte.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

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7 Kommentare zu Redtube-Abmahnungen: Landgericht Köln hebt erste Auskunftsbeschlüsse auf

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  • Am 1. Februar 2014 um 10:41 von Europ

    Wenn die Abmahnung rechtswiedrig war:
    Wer bezahlt jetzt den zig-Tausend Abgemahnten die enormen ideelen und materiellen Schäden ?

  • Am 29. Januar 2014 um 15:33 von Keller

    Das ist insgesamt noch ein mageres Ergebnis: warum wurde wurde die Bande noch nicht ausgehoben? Warum werden keine Beweise gesichert?

    Tausende wurden betrogen / erpresst: einfach so, ohne Konsequenzen?

  • Am 29. Januar 2014 um 9:30 von kurt.becker

    @Pit: ja, so ist es nun mal im real existierende Sozialdemokratie mus.

  • Am 29. Januar 2014 um 1:35 von pit

    Was eigentlich mit der telecom??
    die hat wenn die angaben von 70000 betroffenen stimmen um die 4,2 mio verdient??
    warscheinlich mehr als die abmahner.
    und die übrigen ra die „hilfe“ angeboten haben haben sich den rest unter den nagel gerissen…

    • Am 29. Januar 2014 um 11:53 von T 800

      Wieso hat die Telekom über 4 Mio verdient? woher hast du diese Zahl?

      • Am 30. Januar 2014 um 9:46 von Klaus

        Pit wird davon ausgegangen sein , dass die in den Abmahnungen aufgeführten Ermittlungskosten in Höhe von 65 Euro an die Telekom
        für die Erteilung der jeweiligen Auskunft zum Anschlussinhaber gegangen sind. Allerdings kann dies nur eine Annahme sein.
        Im Zweifelsfall könnten die Abmahner wohl auch behaupten, die 65 Euro Ermittlungskosten waren für die Jungs von itguards mit ihrer Zaubersoftware bestimmt oder der Betrag lässt sich mehreren Ermittlungsvorgängen zuordnen.
        Ermittlungskosten

        • Am 30. Januar 2014 um 11:04 von T 800

          Dann ist die rechnung zwar nachzuvollziehen, aber nicht korrekt. Für diese Leistung darf die Telekom nur einen einstelligen !! Euro Betrag in Rechnung stellen. Das deckt gerade einmal die Personalkosten für die Bearbeitung. Den rest steckt sich die Kanzlei ein, weil sie ja das Gericht und den Netzbetreiber anschreiben mussten.

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