Auch Eric Schmidt kritisiert Urteil des EU-Gerichtshofs

"Es gibt da eine Kollision zwischen dem Recht auf Vergessen und dem Recht auf Wissen. Aus Googles Perspektive halten sie sich die Waage." Chefjurist Drummond ergänzt: "Wir glauben, dass das zu weit geht und nicht ausreichend die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit bedenkt, die unbedingt als Menschenrecht zu sehen ist."

Googles Executive Chairman hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mittwoch kommentiert. „Google vertritt nach einer Untersuchung dieser bindenden Entscheidung die Ansicht, dass eingeschlagene Weg falsch ist“, erklärte er auf Nachfrage bei einem Aktionärstreffen. Dies ist auf Youtube dokumentiert.

Google-Chairman Eric SchmidtGoogle-Chairman Eric Schmidt (Bild: Stephen Shankland, CNET.com)

„Es gibt da eine Kollision zwischen dem Recht auf Vergessen und dem Recht auf Wissen“, erklärte Schmidt. „Aus Googles Perspektive halten sie sich die Waage.“

Der Chefjurist des Konzerns David Drummond fügte hinzu: „Wir glauben, dass das zu weit geht und nicht ausreichend die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit bedenkt, die unbedingt als Menschenrecht zu sehen ist.“

Das Urteil des EuGH macht den Betreiber einer Suchmaschine im Fall personenbezogener Daten auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich. Das heißt, dass eine Person unter bestimmten Voraussetzungen den Betreiber direkt auffordern kann, Links aus der Ergebnisliste zu löschen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheint. Die fraglichen Einträge müssen die Privatsphäre der Person verletzen.

Google hatte das Urteil in einer ersten Stellungnahme als „enttäuschend für Suchmaschinen und alle Online-Verlage“ bezeichnet. Später folgte eine Kritik durch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales. In einem Interview mit der BBC beschrieb er die Entscheidung als „eines der weitreichendsten Internet-Zensur-Urteile, das ich je gesehen habe.“ Er sagte auch: „Wenn man sich das genau anschaut, dann erscheint es nicht sehr sinnvoll. Internetnutzer können sich über etwas beschweren und einfach behaupten, es sei irrelevant, und Google muss dann eine Entscheidung treffen. Das ist sehr schwer für Google, vor allem da das Risiko besteht, dass es rechtlich haftbar gemacht wird, wenn es in irgendeiner Form falsch entscheidet.“

Das Urteil soll die Privatsphäre von Nutzern schützen. Es geht auf die Forderung eines Spaniers zurück, der bei einer Google-Suche nach seinem Namen die Bekanntmachung über eine Zwangsversteigerung seines Hauses fand, die vor Jahren aufgrund unbezahlter Sozialversicherungsbeiträge gerichtlich angeordnet wurde. Die amtliche Bekanntmachung aufgrund gesetzlicher Vorschriften in Spanien ist noch immer auf der Website einer Tageszeitung zu finden. Der Betroffene forderte aber von Google, Suchverweise zu dieser Information zu entfernen.

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Wie beurteilen Sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach Internetdienstleister auf Antrag personenbezogene Suchergebnisse löschen müssen?

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[mit Material von Luke Westaway, News.com]

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10 Kommentare zu Auch Eric Schmidt kritisiert Urteil des EU-Gerichtshofs

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  • Am 17. Mai 2014 um 0:37 von Judas Ischias

    @Jungs,
    wer bestimmt denn, was „das berechtigte öffentliche Interesse“ ist? Ich als Betroffener, oder ein Richter der nur darüber zu urteilen hat? Das sind doch zwei völlig unterschiedliche Dinge! Klar, wird auch mal zu meinen Gunsten geurteilt. Vielleicht sogar sehr häufig. Aber was ist mit den Fällen wo dies nicht passiert?
    Habe ich nicht trotzdem ein Anrecht auf entfernen eines mir nicht genehmen Photos oder Artikels?
    Wie war das denn mit dem Spinner von der Formel1?
    Der Pornopartys besucht und sich dann über entsprechende Videos aufregt. Allein wie der Typ sich da produziert hat, ist es nur gut gewesen, dass die Öffentlichkeit mal gesehen hat, was für A….geigen solche Leute in Wirklichkeit sind und dann noch unsere Gerichte mit seinem Sch…. blockieren!;(

  • Am 16. Mai 2014 um 10:38 von punisher

    Nun können alle Politiker einen auf Berlusconi machen…

  • Am 16. Mai 2014 um 10:27 von hugo

    Leider werden nicht die Quellen zur Unterlassung aufgefordert sondern die Suchmaschine. Wenn eine Straftat per Gesetzt immer noch aktuell verkündet wird dann will ich diese Info auch finden können und wenn Politiker lügen will ich das auch wissen. Und bei Pädophilen wünsche ich mir sogar eine Datenbank um zu wissen wo sich solche „Pfarrer“ und Verurteilte erneut niederlassen um neue Opfer zu finden.

  • Am 16. Mai 2014 um 0:21 von Judas Ischias

    Du hast nicht begriffen, worum es in Wirklichkeit geht.
    Z.B. für Kriminelle eine tolle Sache, wenn alles Negative gelöscht wird. Politiker, habe ich heute, bei Golem? gelesen,finden die Geschichte mit dem löschen auch ganz toll. Und Pädophile. Und was ist mit den vielen Lexika? Willst Du die auch alle „bearbeiten“ lassen?

    • Am 16. Mai 2014 um 9:35 von Nachdenker

      Warum wohl werden die Verkehrssünderpunkte nach 2 Jahren gelöscht?
      Genau, weil es nicht angeht, dass der Bürger ein Leben lang wegen irgendwelcher Petitessen behelligt wird.

    • Am 16. Mai 2014 um 11:46 von Jungs ...

      … denkt nicht immer an die wenigen Problemfälle (Ärzte-Pfuscher, Vergewaltiger, Kinderschänder, Betrüger, Politiker) – diese Einzelfälle dürften alle durch das ‚berechtigte öffentliche Interesse‘ von den Löschanfragen ausgeschlossen sein.

      Zumal dann auch unbewiesene ‚Verdächtigungen‘ ‚Gerüchte‘ etc. auf alle Zeiten fortgeschrieben würden, und diesen vermeintlichen Tätern dann sicher Unrecht angetan würde. Für Verurteilungen sind unsere Gerichte da, und nicht Suchmaschinen.

      Beantragen kann die Löschung jeder, und Google wird natürlich diese Problemfälle durch die Medien scheuchen., und medienwirksam warten, bis sie sie ablehnen.

      Aber 95% der Fälle dürften keine Problemfälle sein, und gutes Recht dessen sein, seine Privatsphäre zu schützen. Wenn irgendwo einmal stand, der/die würde seine Frau betrügen, und das ist nachweislich falsch, und die Quelle längst gelöscht, dann muss das auch aus der Google Datenbank verschwinden.

      Und eben darum geht es.

  • Am 15. Mai 2014 um 23:19 von C

    An Google/Eric Schmidt:
    Es gibt ein Recht auf PRIVAT-SPHÄRE (in der BRD verfassungsmäßig geschützt), dass Google geschickt und durch Unachtsamkeit von Usern (EULA, Dienste, Software) ausnutzt und missbraucht.
    Es gibt auch kein Recht auf Wissen – wenn die Daten hierzu PRIVAT-DATEN sind.

    Kann mir jemand von Google logisch & nachvollziehbar erklären, warum Ich als User meine Privat-Daten freiwillig & kostenfrei an Google liefern soll, damit Google dann mit Profilen, Trends, personenbezogene Werbung, META-Daten, etc. Millionen bei Werbetreibenden scheffeln soll?
    Ich finde der Nutzen ist bei diesem Geschäfts-Modell doch sehr einseitig verteilt. Und – diese Daten sollen dann durch Zweit- und Dritt- und Mehrfach-Verwertung auch noch weiter missbraucht werden dürfen?

    Nein, Danke! Google is evil!

  • Am 15. Mai 2014 um 23:03 von Tyler Durden Volland

    Jawohl Herr Richter. Ich gestehe, ich habe das Auto zwar gestohlen, aber jetzt wo ich es habe, da gibt es auch sowas wie ein Recht dessen, der eine Ware besitzt!

    • Am 16. Mai 2014 um 11:47 von Sprichst Du von Google?

      Klar, sie haben die Daten gestohlen, gesammelt, zusammengelinkt, und nun geben sie aie ungern wieder her. Ihr Geschäftsmodell basiert ja auf Datenmissbrauch.

  • Am 15. Mai 2014 um 19:39 von Wieso 'auch' ...

    … sein Unternehmen ist doch direkt betroffen. Der soll mal schön den Schnabel halten, es gibt kein Recht auf eine endlose Verwertung privater Daten.

    Der soll mal hoffen, dass seine Suchmaschine nicht vom Restkonzern wegen marktbeherrschender Situation / Monopol abgespalten wird.

    Wenn man im Internet einige seiner Aussagen ‚googelt‘, dann ist er der erste, der seinen verzapften ‚Mist‘ vergessen machen sollte.

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