Ein US-Hacker und mutmaßliches Mitglied von Anonymous ist einer langen Haftstrafe entgangen, indem er sich schuldig bekannte und in eine Geldstrafe von 10.000 Dollar einwilligte. Sein Anwalt sieht die überzogenen Drohungen der Staatsanwaltschaft allerdings als Missbrauch des Rechtssystems an.
Der 28-jährige Fidel Salinas wurde nicht wegen irgendwelcher Anonymous-Aktionen belangt. Vielmehr soll er im Januar 2012 versucht haben, ins Computersystem der Verwaltung von Hidalgo County (einem Verwaltungsbezirk in Texas) einzudringen. Wie die NY Daily News berichtet, warf man ihm zunächst Verstoß gegen das Gesetz Computer Fraud and Abuse Act in einem Punkt vor.
Als er auf nicht schuldig plädierte, häufte die Staatsanwaltschaft weitere Vorwürfe an. Letztlich kam sie zu einer Anklage in 44 Fällen wegen Computerbetrugs. Da dafür je bis zu 10 Jahre Haft verhängt werden könnten, drohten im Fall einer Verurteilung maximal 440 Jahre Haft. Angesichts dieses potenziellen Strafmaßes ging Salinas einen Deal mit der Staatsanwaltschaft ein, bekannte sich schuldig und akzeptierte die erwähnte 10.000-Dollar-Strafe. Im nun wieder auf einen Vorwurf heruntergestuften Prozess könnte er zu maximal einem Jahr Haft verurteilt werden.
Sein Anwalt Tor Ekeland wirft den Staatsanwälten allerdings vor, seinen Mandanten eingeschüchtert zu haben. Er sagte Wired: „Je länger ich mir das ansah, desto mehr schien es mir ein bei Computerverbrechen typisches Beispiel für einen Verfahrensmissbrauch durch das Justizministerium. Es zeigt ihre Aggressivität und wie sie versuchen, deinen Ruf in der Presse zu zerstören, auch wenn die Anschuldigungen kompletter Müll sind.“
Der Anklageschrift zufolge probierte das von Salinas gestartete Script etwa 14.000 Passwörter durch, ehe Administratoren den Angriff bemerkten und das System sperrten. Der Versuch war nicht erfolgreich.
Zu einer der bisher längsten Haftstrafen in einem Hackerprozess wurde im November 2013 der der Anonymous-Aktivist Jeremy Hammond verurteilt: Der „Stratfor-Hacker“ muss zehn Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Haft soll er noch weitere drei Jahre unter Beaufsichtigung stehen. Der 28-Jährige aus Chicago nannte das Urteil „rachsüchtig und gehässig“. Er habe keine persönlichen Vorteile aus dem Hack gezogen – und seine Ziele seien von einem FBI-Informanten vorgegeben worden.
Zehn Jahre Haftstrafe erhielt auch der „Hollywood-Hacker“ Christopher Chaney. Er drang – lange vor Apples „Find my iPhone“-Vorfall – durch Beantworten von Sicherheitsfragen in Mailkonten von Prominenten ein. Zu seinen Opfern zählten Christina Aguilera und Scarlett Johansson, denen er private Mitteilungen und Fotografien entwendete. Wegen seiner „Gleichgültigkeit“ hielt der Richter ein erhöhtes Strafmaß für angemessen.
[mit Material von Tom Jowitt, TechWeekEurope.co.uk]
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