iTunes-Kartellstreit: „Apple hat durch Updates Drittanbieter-Software ausgeschlossen“ [UPDATE]

Einem Gutachter der Kläger zufolge richteten sich mehrere Fixes nur gegen Apples Konkurrenz. Damit konnten Nutzer keine Songs mehr von alternativen Stores abspielen. Vorhandene Lieder aus anderen Stores hat Apple gelöscht, ohne den Nutzer darüber zu informieren.

Am ersten Tag des Kartellprozesses um Apples in iTunes und iPods integrierte digitale Rechteverwaltung FairPlay haben die Kläger dem Unternehmen vorgeworfen, die Preise für seinen MP3-Player künstlich hoch gehalten und unnötige Software-Updates implementiert haben, um Mitbewerbern zu schaden und deren Musik-Downloads von Apple-Produkten zu verbannen.

Apple (Bild: News.com)„Apple hat die Änderungen an seiner Software durchgeführt, nachdem Führungskräfte bei Apple erfahren hatten, dass Mitbewerber einen Weg gefunden hatten, die Wiedergabe ihrer Songs auf dem iPod zu ermöglichen“, sagte Bonny Sweeney, Anwältin der Kläger, bei ihrem Eröffnungsplädoyer. Apple habe befürchtet, Marktanteile zu verlieren.

Apples Anwalt William Isaacson hielt dem entgegen, die Umgehung der Rechteverwaltung habe dem Nutzererlebnis und der Qualität des Produkts geschadet. Apple habe auch keine überhöhten Preise für seine iPods verlangt. Vielmehr seien die Preise gefallen oder zumindest gleich geblieben, obwohl neue Geräte mehr Speicherplatz und zusätzliche Funktionen boten. Einen Schaden für Verbraucher habe es daher nicht gegeben.

Roger G. Noll, Wirtschaftsprofessor an der Stanford University, stützt als Experte der Kläger den Vorwurf, Apple habe Software-Updates für iTunes und iPod nur veröffentlicht, um zu verhindern, dass „legal von Apples Mitbewerbern verkaufte Songs auf ihren iPods wiedergegeben werden können“. Vor Gericht sagte er: „Diese Fixes zielten auf die Konkurrenz ab – wenn man einen Drittanbieter-Player benutzt hat, machten sie alles kaputt. Das war Apples Fix.“

Isaacson hielt dem entgegen, Apple habe iTunes 7.0 und 7.4 entwickelt, um die Sicherheit zu verbessern, und nicht, um Dritte wie RealNetworks aus seinen Systemen fernzuhalten. Die RealNetworks Software Harmony sei nach der Aktualisierung von FairPlay veraltet gewesen. „Das passiert, wenn man für ein Produkt Reverse Engineering betreibt und es ein Update für diese Architektur gibt“, sagte Isaacson.

RealNetworks hatte 2004 mit seiner Software Harmony einen Weg gefunden, Apples Rechteverwaltung auszuhebeln und die Wiedergabe von Songs aus seinem Online-Store auf iPods zu ermöglichen. Der 2005 eingereichten Sammelklage zufolge baute es dadurch seinen Anteil am digitalen Musikmarkt von 10 auf 20 Prozent aus, während Apples Anteil von 70 auf 60 Prozent schrumpfte. Der Klage hat sich RealNetworks allerdings nicht angeschlossen.

Auf aktuelle Apple-Produkte hat der Ausgang des Verfahrens keinen Einfluss. Das Unternehmen bietet seit 2009 nur noch DRM-freie Musik in seinem iTunes Store an. Schon 2007 hatte der damalige CEO Steve Jobs die Abschaffung jeglicher Rechteverwaltung gefordert. Sie sei lediglich auf Druck der Musikindustrie eingeführt worden.

Neben Marketing-Chef Phil Schiller ist iTunes-Chef Eddy Cue als Zeuge vorgesehen. Außerdem will das Gericht in den kommenden Tagen Teile einer im April 2011 aufgezeichneten Aussage des sechs Monate später verstorbenen Steve Jobs hören. Dabei geht es vor allem um Apples Umgang mit RealNetworks und den Einfluss der großen Musikfirmen.

Die Kläger fordern insgesamt 350 Millionen Dollar Schadenersatz. Reuters weist darauf hin, dass Entschädigungen nach dem US-Gesetz Clayton Antitrust Act of 1914 bei nachgewiesenen Kartellverstößen automatisch verdreifacht werden. Damit droht Apple sogar eine Strafzahlung von bis zu rund einer Milliarde Dollar.

[Update 4.12.2014]

Wie das Wall Street Journal berichtet, hat Apple nicht nur verhindert, dass Anwender über Drittanbieter-Software gekaufte Songs auf ihren iPod laden können, sondern auch Songs, die zuvor in einem anderen Store gekauft wurden und auf dem Gerät gespeichert waren, gelöscht. Die Maßnahme begründete das Unternehmen in der Gerichtsverhandlung mit Sicherheitsbedenken. Demnach vermutete Apple schadhaften Code in den in anderen Stores erworbenen MP3-Dateien. Um die Nutzer nicht mit Zusatzinformationen zu verwirren, habe man auf einen entsprechenden Lösch-Hinweis verzichtet.

[mit Material von Nick Statt und Shara Tibken, News.com]

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Themenseiten: Apple, Kartell, Kopierschutz, iPod, iTunes

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4 Kommentare zu iTunes-Kartellstreit: „Apple hat durch Updates Drittanbieter-Software ausgeschlossen“ [UPDATE]

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  • Am 7. Dezember 2014 um 10:07 von Na ...

    … wo sind denn nun die Kläger hin? Ach: die hatten GAR KEIN Apple Gerät und haben dennoch geklagt? Alles klar. Ist nicht nur peinlich, sondern ziemlich dumm: sie hätten sich vor der Klage zumindest mal ein iPod kaufen können. ;-)

    Man stelle sich vor, dass man VW auf Schadenersatz anklagt, obwohl man Daimler fährt?

    Scheint schwer zu sein, jemanden zu finden, der mit einem Apple iPod unzufrieden war – sie hätten vielleicht ‚C‘ fragen sollen, der kennt sich mit Lügen aus. ;-)

    • Am 7. Dezember 2014 um 12:10 von C

      @Namenlosen
      Ein weiterer Apfel-Fan demonstriert seine Unfähigkeit….
      Frage: wie oft wollt Ihr das noch demonstrieren? Das wird jetzt mehr als peinlich & langweilig…versucht doch mal Tatsachen & Fakten zu eruieren und 1+1 zusammen zu zählen. Aber, Ich vergaß: als Apfel-User braucht man sein eigenes Gehirn/Logik nicht einzusetzen. Apple denkt & lenkt für einen…. Ist ja soooo kuschelig im Apfel-Universum…wenn alles einem vorgegeben wird und man nur machen darf, was Big Mama sagt.

      Zur Deiner Frage, wo die Kläger hin sind?
      Die sind noch da, sonst würde das Verfahren nicht fortgeführt werden.

      Zur Deiner Anmerkung bzgl. Apfel-Lügen:
      Ja, diese sind ganz einfach zu entlarven. Selbst für mich. Dazu bedarf es nicht eines Wirtschafts-Professors an der Standford University.
      Und – man habe fremde Musik Dateien gelöscht, weil man Schad-Software dahinter vermutet hatte? Wirklich?
      Wie sieht es damit aus, dass Apple den betroffenen Usern vorsätzlich einen Vermögens-Schaden zugefügt hat (legal gekaufte Musik Dateien von anderen Stores als iTunes) und vorsichtshalber diese User vor dem Löschen NICHT informiert hat?
      Der Apfel glaubt, dass User seine Produkte nutzen können, aber ein Löschungs-Hinweis VOR dem Löschen überfordert den iPod-User?
      Wem will Eddie Cue den diesen Unsinn erzählen?
      Zudem hat der Apfel hierbei seine Markt-Macht missbraucht und die kleineren Anbieter mit unfairen Markt-Monopol-Praktiken bekämpft. Ganz so wie seinerzeit MS mit dem Browser-Krieg (Netscape).

      Zu Deiner Apfel-Prosa:
      Hör doch einfach damit hier auf. Du kommst damit nicht durch. Die User kannst Du nicht „verdummen“ bzw. negative Tatsachen und Fakten „schönreden oder wegdiskutieren“ wollen.
      God-Father S. Jobs himself hat angeordnet (mit e-mails die rechtlich gesichert vorliegen), dass keine Musik-Dateien von MusicMatch auf dem iPod abspielbar sein dürfen. Beat this, if you can – aber bitte mit Fakten und nicht mit selbst erfundener Prosa oder Halbwahrheiten…

      • Am 7. Dezember 2014 um 17:12 von Aber

        Aber wenigstens hat Godfather C den absoluten Durchblick.

  • Am 3. Dezember 2014 um 23:56 von Judas Ischias

    Was ist denn mit dem Spezi los, der so gerne über das Quasi-Monopol von Google und Zerschlagung so wie Strafen von 10% des Jahres-Umsatzes schreibt?
    Keine Meinung zu diesem Thema?
    Ehrlich gesagt, wundert mich nicht. ;)

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