Microsoft hat die bisher in Windows enthaltene Browserauswahl wieder abgeschafft, nachdem eine entsprechende Kartellauflage der EU-Kommission ausgelaufen ist. Neue Windows-Nutzer bekommen das bisher im Betriebssystem enthaltene Auswahlfenster ab sofort nicht mehr angezeigt und müssen sich eigenständig nach einer Alternative zu Microsofts Internet Explorer umsehen.
Die bisher für die Browserwahl von Microsoft genutzte Website enthält nur noch folgenden Hinweis: „Diese Website wurde von Microsoft gemäß einer Entscheidung der EU-Kommission im Dezember 2009 erstellt. Die durch diese Entscheidung auferlegten Verpflichtungen sind nicht mehr gültig. Daher unterhält Microsoft diese Website nicht mehr.“ Kunden, die sich über andere Webbrowser informieren oder einen anderen Browser herunterladen möchten, empfiehlt das Unternehmen, die Websites der entsprechenden Anbieter direkt aufzurufen.
2009 hatte sich Microsoft auf Drängen der Europäischen Union bereit erklärt, Windows-Anwendern verschiedene Browser zur Wahl zu stellen. Mit dieser Maßnahme wollte die EU verhindern, dass Microsoft über die Vormachtstellung bei Betriebssystemen die Verbreitung von Alternativen zu seinem eigenen Browser Internet Explorer einschränkt.
Ein Jahr später integrierte der Softwarekonzern für Anwender innerhalb der EU ein Auswahlfenster in sein Betriebssystem, über das sie einen alternativen Browser herunterladen und installieren konnten. Zur Auswahl standen damals neben dem Internet Explorer unter anderem Firefox, Opera, Chrome, Safari oder K-Meleon. Zuvor hatte Microsoft standardmäßig den eigenen Browser auf jedem neuen Windows-System installiert. Darin sahen Konkurrenten einen Verstoß gegen den fairen Wettbewerb.
Im Juli 2012 leitete die EU ein formelles Kartellverfahren gegen den Softwarekonzern aus Redmond ein, weil sich Konkurrenten darüber beschwert hatten, dass Windows 7 die Browserauswahl nicht mehr anbot. Kurz darauf räumte Microsoft ein, dass das Auswahlfenster in Windows 7 SP1 von Februar 2011 bis Juli 2012 aufgrund eines „technischen Fehlers“ nicht mehr enthalten gewesen sei. Davon waren rund 28 Millionen PCs betroffen.
Zum Abschluss des Kartellverfahrens im März 2013 verurteilte die EU-Kommission Microsoft wegen der monatelang angeblich „vergessenen“ Browser-Auswahlbox zu einer Geldstrafe in Höhe von 561 Millionen Euro. „2009 stellte die Kommission die Untersuchung hinsichtlich des Verdachts, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung mit der Kopplung seines Webbrowsers Internet Explorer an Windows missbrauchte, ein. Damals akzeptierten wir die von Microsoft angebotenen Verpflichtungen. Verpflichtungszusagen in Kartellrechtsentscheidungen sind sehr wichtig, da sie eine schnelle Lösung von Wettbewerbsproblemen ermöglichen. Diese Entscheidungen müssen selbstverständlich streng befolgt werden. Ihre Nichteinhaltung ist ein schwerwiegender Verstoß, der mit entsprechenden Sanktionen belegt werden muss“, begründete der damalige EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia das relativ hohe Strafmaß.
Das Debakel um die Browserauswahl hatte 2012 auch direkte Folgen für den damaligen CEO Steve Ballmer. Damals machte eine Bewertungskommission, die für die Gehälter und Bonuszahlungen zuständig ist, den Manager für den erneuten Streit mit Brüssel mitverantwortlich. Sie kürzte auch den Bonus des ehemaligen Windows-Chefs Steven Sinofsky.
Im April 2014 reichte eine Microsoft-Aktionärin wegen des Vorfalls Klage gegen den Softwarekonzern ein und warf der damaligen Führungsriege vor, ihre Pflichten vernachlässigt zu haben. Außerdem sei die interne Nachforschung nicht weit genug gegangen und der direkte Schuldige nie ermittelt worden.
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10 Kommentare zu Microsoft bietet keine Browserauswahl unter Windows mehr an
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Browser Auswahl für alle oder für keinen.
Und was ist mit Apple?
Genauso, ALLE oder KEINER.
Recht so! Auch wenn Microsoft im PC-Segment Marktführer ist, könnte man im mobilen Umfeld ähnliches von den Marktführern Google und Apple verlangen. Macht ja auch keiner. Die Welt hat sich weiter gedreht.
Wer einen PC kauft, weiss schon, welche Browser er installieren will. Im mobilen Bereich hat Safari beispielsweise einen Marktanteil von über 45 Prozent, gefolgt von Chrome mit über 25 und Android mit knapp 20 Prozent. Explorer? Fehlanzeige. Ein Nischenplayer in dem Zukunftssegment mit grade mal 2 Prozent Marktanteil.
Heute muss Microsoft gegen die übermächtige Konkurrenz im Zukunftsmarkt Mobilität geschützt werden. Das sind die neuen Fakten. Da machen solche EU-Auflagen echt keinen Sinn mehr.
In der alten Welt (PC-Devices) kann Microsoft immerhin noch 58 Prozent verteidigen, aber auch hier schrumpfen die Anteile. Unter dem Strich: Gut so, dass MS die Wettbewerber nicht mehr anbieten muss.
http://www.netmarketshare.com/browser-market-share.aspx?qprid=0&qpcustomb=&qpcustomd=1
was soll das? …
… gefolgt von Chrome mit über 25 und Android mit knapp 20 Prozent.
Daten des StatCounter sehen für IE noch viel schlimmer aus: http://gs.statcounter.com/
Es stimmt zwar das der IE im mobilen Bereich so gut wie keine Rolle spielt, den Marktanteil von Safari mit 45% seh ich aber nicht.
Für Europa liegt der Anteil im Nov14 bei ca 22%, genau wie Android.
Führend ist hier Chrome mit 32%. Im übrigen bezog sich die damalige EU-Entscheidung ausdrücklich auf den Desktop Bereich in der EU. Auch hier führt Chrome mit 47% vor Firefox 26%. erst dann komt der iE mit 18%. Safari liegt hier übrigens bei ca6%
Die Gefahr, dass Microsoft seine Quasi-Monopolstellung bei Rechnern ausnutzt, ist durch das Erstarken der Mobilgeräte tatsächlich geringer geworden. Bei Desktop Systemen hat Microdoft mit Windows aber weiterhin ein Quasi-Monopol und wäre gut beraten, würden sie Mäßigung und Vorsicht walten lassen.
Und im Mobilbereich sehe ich ebenfalls, dass die Bindung von Chrome mit Android für Google ein Problem werden könnte – würden die Wettbewerbshüter ähnlich wie bei Microsoft vorgehen, müsste Google sich bereits einem Verfahren stellen: mit über 80% Marktanteil bei Mobilgeräten sollte Google seine AGBs besser überdenken, und vielleicht proaktiv eine Browserauswahl bei der Einrichtung einbauen – es gibt ja welche. Es darf aber nur dann ‚Android‘ von den Herstellern genannt werden, wenn sie die Google Services inkl Chrome aufspielen. Und ob das bei >80% Marktanteil noch eine gute Idee ist?
Hier war doch so oft zu lesen, wer einen Androiden kauft ist ein Bastler.
Wer ein iPhone kauft, braucht sich um nichts zu kümmern.
Also werden es die Käufer eines Androiden doch ohne Probleme schaffen, sich einen anderen Browser zu suchen und zu installieren. ;)
Beim iPhone wäre allerdings das surfen mit einem anderen Browser nicht möglich, auch wenn der User das gerne wollte. ;(
Da Apple seine Marktmacht gnadenlos ausspielt und keinen anderen Browser zulässt.
…das ist nur zum Teil richtig.
Alternative Browser gibt es und surfen kann man damit auch. Nur die Zuordnung als Standard ist für die Alternativen nicht möglich.