In der Diskussion um ein Netzneutralitätsgesetz der USA bahnt sich eine Wende an. Wie zahlreiche Medien übereinstimmend berichten, arbeitet der Kongress an einem eigenen Entwurf als Alternative zu den Vorstellungen der Kommunikationsbehörde FCC. Unter anderem schreibt Politico aktuell, zwei Mitglieder des Handelskomitees im Kongress hätten einen „aufregenden“ neuen Ansatz versprochen.
Der Entwurf kommt von Bill Nelson, einem Abgeordneten der Demokraten aus Florida, und wurde zusammen mit dem Vorsitzenden des Komitees, John Thune, erarbeitet. Thune, der im Kongress South Dakota vertritt, gehört den Republikanern an – der Entwurf könnte also durchaus von beiden großen US-Parteien unterstützt werden. Wie Nelson Politico erklärte, soll das Problem gelöst werden, ohne – wie die FCC – die Internet-Service-Provider mit Energieversorgern gleichzusetzen.
Die Kongressabgeordneten zeigen mit ihren Bemühungen zugleich noch einmal die allseitige Unzufriedenheit mit der FCC, die seit einem Jahrzehnt mit einem für alle Seiten akzeptablen Konzept von Netzneutralität ringt. Ihr jetziger Ansatz reift auch schon seit einem Jahr.
Parallel hat der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler auf der CES in Las Vegas einen Termin für die mögliche Verabschiedung seines Vorschlags genannt. Er werde den Entwurf am 5. Februar den verbleibenden Kommissionsmitgliedern vorlegen und am 26. darüber abstimmen lassen, sagte er. Damit bestätigte er allerdings nur, was seit Tagen vermutet wird. „Wir arbeiten an den letzten Feinheiten. Es war – das ist jetzt kräftig untertrieben – ein interessanter Prozess im vergangenen Jahr.“
Unter anderem hatten in den letzten zwölf Monaten Protestierende Kommissionssitzungen gestört. Die FCC musste zwischenzeitlich auch einräumen, 650.000 öffentliche Kommentare und Eingaben verlegt oder fälschlich als Spam eingestuft zu haben. Wheeler, der der Kommunikationskommission seit Ende 2013 vorsteht, litt auch unter persönlichen Angriffen – unter anderem einer Blockade seiner Einfahrt.
Ursprünglich wollte die FCC ihre Regeln schon 2014 veröffentlichen. Sie schlägt vor, Telekommunikationsnetze unter die Title II genannten Regeln für öffentliche Versorgungsbetriebe zu nehmen. Diese gelten bereits für Telefondienste und würden verhindern, dass Breitbandanbieter Aufpreise für mehr Durchsatz verlangen können, wie dies Präsident Barack Obama gefordert hatte. Unter Netzneutralität ist das Prinzip der Gleichbehandlung aller Internet-Inhalte und -Sender zu verstehen. Ihre Befürworter argumentieren, dass eine Bevorzugung zahlender Anbieter die bestehende Hierarchie untermauern, also großen Firmen einen massiven Vorteil gegenüber kleinen und Start-ups geben würde. Sie wollen zudem verhindern, dass Zugangsanbieter über zusätzliche Gebühren Einfluss darauf nehmen können, welche Inhalte über ihre Netze verbreitet werden.
Die FCC muss die Interessen der Inhalteanbieter gegen die der Internetfirmen und Nutzer abwägen. Zugangsprovider fordern, dass beispielsweise Video-Streaming-Sites, die eine hohe Bandbreite benötigen, für ihren Anteil am Netzwerktraffic zahlen. Zudem seien zusätzliche Gebühren für schnellere Verbindungen ein Anreiz, schnellere Netzwerke aufzubauen. Backbone-Zulieferer wie Qualcomm, IBM und Cisco befürchten, strengere Regeln für Zugangsanbieter könnten zu einem Rückgang von Investitionen in den Netzausbau in Höhe von 45,4 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren führen.
[mit Material von Larry Downes, News.com]
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