IBM bereitet angeblich massive Stellenstreichung vor. Laut einem Bericht von Forbes will es im Rahmen einer großen Restrukturierung seine weltweite Belegschaft um 26 Prozent reduzieren. Schon in dieser Woche droht demnach mehr als 110.000 Mitarbeitern die Kündigung bis spätestens Ende Februar.
Das neue Restrukturierungsprogramm trägt laut Forbes-Autor Robert X. Cringely den Namen „Project Chrome“. Cringely selbst spricht in diesem Zusammenhang von einem „Blutbad“. Allerdings gibt es derzeit weder aus der Belegschaft noch von offizieller Seite eine Bestätigung oder Stellungnahme zu dem Bericht.
Die Gewerkschaft Alliance@IBM äußerte bereits Zweifel an den genannten 26 Prozent. Dennoch scheinen erste Mitarbeiter Kündigungen erhalten zu haben. Ein anonymer Kommentator erklärte, er habe Kenntnis davon, dass seine Abteilung um 20 Prozent verkleinert werden soll. Andere Mitarbeiter berichten, ihr Arbeitgeber habe ihnen eine schlechte Leistungsbewertung ausgestellt und anschließend eine Abfindung angeboten. Davon scheinen aber in erster Linie ältere Angestellte betroffen zu sein.
Klar aber sei, dass IBM die Belegschaft nicht für Management-Fehler verantwortlich machen könne, so die Arbeitnehmervertreter. Sie werfen in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob es auf diese Weise noch möglich sei, hochwertige Produkte und Services zu den Kunden zu bringen. In den Kommentaren auf der Website der Gewerkschaft werden auch Gerüchte diskutiert, dass Lance Crosby, CEO und Gründer von SoftLayer, das Unternehmen verlassen hat. Auch dazu gibt es bislang keine offizielle Verlautbarung von IBM.
Angeblich sieht Project Chrome vor, dass die historisch gewachsenen Segmente Hardware, Software und Services, die derzeit mehr oder weniger isoliert voneinander agieren, aufgelöst werden. Im Gegenzug sollen neue Bereiche entstehen: Research, Sales und Delivery, Global Technology Services, Watson, Sicherheit, Handel und Analytics sowie Cloud. Es könnte sich um den größten Umbau in der 103-Jährigen Geschichte des Unternehmens handeln.
Die Jahreszeit mag für Arbeitsplatzabbau günstig sein. Allerdings passt eine Aussage von IBM-Finanzchef Martin Schroeter von vergangener Woche nicht zu den kolportierten Stellenstreichungen – erst recht nicht in dieser Größenordnung. Der CFO erklärte nämlich zur Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen mit erneut rückläufigen Umsätzen, dass IBM im Vergleich zu 2014 die Restrukturierungen zurückfahren werde.
Cringely zufolge werde IBM hingegen vor allem in der Service-Organisation in den USA und weltweit den Rotstift ansetzen. Aber auch die Bereiche Mainframe und Storage würden erhebliche Streichungen hinnehmen müssen, ebenso wie die Sparte Global Technology Services.
Schon im November hatte Cringely angemerkt, es wäre für IBM zielführender, hier die Belegschaft aufzustocken. Nun schreibt der IBM-Beobachter: „Die Größe von Projekt Chrome legt den Schluss nahe, dass IBM drei bis vier Quartale vor die zu erwartenden Quartalsverluste kommen will. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die IBM-Verluste zu so etwas wie einem selbsterfüllenden Prozess geworden: Streichungen folgen auf immer schlechter werdende Services und sorgen so für immer mehr verärgerte Kunden und weiter rückläufige Geschäfte.“ Die Einschnitte könnten das Unternehmen „traumatisieren“ und für IBM-Kunden könne das nichts Gutes heißen: „Wenn Sie ein IBM-Anwender sind, sollten Sie sich jetzt besser daran machen, einen Plan zu erarbeiten, wie man Projekte weiterentwickeln und die Systeme am Laufen halten kann.“
Dem lässt sich entgegenhalten, dass IBM nach wie vor stark daran interessiert ist, als Hardware-, System- und Service-Partner eine Rolle zu spielen – zumindest, wenn man den Worten von Ralf Fischer, Vice President Hardware Development bei IBM, Glauben schenkt. Der hatte anlässlich der Vorstellung des neuen Mainframes z13 deutlich gemacht, dass IBM auch langfristig im Bereich Hardware tätig sein wird.
Die nächsten Tage werden zeigen, ob sich Cringelys Bericht bewahrheitet. Klar ist – und das wird von IBM auch nicht bestritten -, dass sich das Unternehmen in einer Phase schwieriger und umfassender Restrukturierungen befindet. CEO Ginni Rometty hatte schon vor einiger Zeit erklärt, dass man dafür einen langen Atem brauche.
[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]
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