Das mobile Internet wird Handy-Telefonate im laufenden Jahr voraussichtlich als wichtigsten Umsatzbringer im deutschen Mobilfunkmarkt ablösen. Der Umsatz mit mobilen Datendiensten soll um 6,3 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro ansteigen, während die mit mobilen Sprachdiensten erzielten Einnahmen um 8 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro fallen. Das berichtet der Branchenverband Bitkom auf Basis aktueller Zahlen des European Information Technology Observatory (EITO).
„Wir erleben in diesem Jahr eine bedeutende Umwälzung auf dem Mobilfunkmarkt“, kommentiert Bitkom-Präsidiumsmitglied und Vodafone-Deutschland-Chef Jens Schulte-Bockum. „Das mobile Internet ist zur treibenden Marktkraft geworden.“ Befördert werde der Boom der mobilen Datendienste vor allem durch die Verbreitung von Smartphones und Tablets. Schnelle Übertragungsstandards wie LTE, soziale Netze und Apps sowie die Digitalisierung der Industrie verstärkten die Entwicklung. Gleichzeitig würden Handy-Gespräche durch Flatrates immer günstiger, was zu Verschiebungen im Mobilfunkgeschäft führe.
Das Umsatzplus bei den mobilen Datendiensten in Höhe von 600 Millionen Euro kann dem Bitkom zufolge nicht die Verluste bei den mobilen Sprachdiensten in Höhe von 900 Millionen Euro kompensieren. Schulte-Bockum: „Die Anbieter stehen unter enormem Wettbewerbs- und Preisdruck.“
Der Absatzanstieg bei Smartphones und Tablets wird sich 2015 nach zuletzt teils zweistelligen Wachstumsraten voraussichtlich abschwächen. Den Prognosen zufolge werden in diesem Jahr 24,6 Millionen Smartphones in Deutschland verkauft. Das entspräche einem Plus von 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Smartphone-Umsatz soll um 1,2 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro fallen, während bei Tablet-Computern die Verkäufe um 4,6 Prozent auf 9,1 Millionen Stück zulegen und der Umsatz um 3,6 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro steigt. Neue Smartphones und Tablets sowie weitere Innovationen rund um Mobilgeräte werden die Hersteller in Kürze auf dem Mobile World Congress (MWC) vorstellen. Die weltgrößte Mobilfunkmesse findet in diesem Jahr vom 2. bis 5. März in Barcelona statt.
Als Folge der verstärkten mobilen Internetnutzung steigen laut Bitkom auch die Datenmengen in den deutschen Mobilfunknetzen deutlich an – von rund 370 auf voraussichtlich 480 Millionen Gigabyte. Damit wachsen ebenfalls die Anforderungen an die Infrastruktur. In diesem Zusammenhang begrüßte Schulte-Bockum, „dass das Bundeskabinett vor kurzem den Weg für die Versteigerung der 700-Megahertz-Frequenzen geebnet hat“. Jetzt sei es wichtig, dass diese Frequenzen schnell freigemacht würden, damit die Verbraucher auch in dünn besiedelten Regionen möglichst bald von einer Mobilfunkabdeckung mit 50 MBit/s und mehr profitierten. Angesichts der hohen Dynamik im Markt seien zudem weitere Anstrengungen für den mobilen Breitbandausbau nötig.
Der Erfolg der digitalen Wirtschaft wird laut Bitkom entscheidend davon abhängen, wie gut bestimmte Übertragungsqualitäten abgesichert werden können. Viele neue Dienste, beispielsweise im Umfeld von Industrie 4.0, benötigten nicht besonders hohe Bandbreiten, sondern geringe Latenzzeiten und gesicherte Verbindungsqualitäten. Daher spricht sich der Branchenverband schon lange für ein differenziertes Netzmanagement und Qualitätsklassen im Internet aus. „Netzbetreiber müssen Qualitätsdienste mit garantierten Leistungsmerkmalen anbieten dürfen“, so Schulte-Bockum.
Die Bundesregierung scheint dieser Forderung aus der Wirtschaft mit Einschränkungen nachkommen zu wollen und plant einen Spagat zwischen offenem Internet und Spezialdiensten: Unternehmen sollen nur dann gegen Gebühr schnelle Spezialdienste anbieten dürfen, wenn sie zugleich garantiert ausreichend Bandbreite für den reibungslosen und diskriminierungsfreien Datenverkehr im offenen Internet bereitstellen.
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