EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat erwartungsgemäß eine formelle Untersuchung gegen Google eingeleitet. Sie wirft sie dem Suchmaschinenanbieter somit offiziell vor, seine „beherrschende Stellung auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste im Europäischen Wirtschaftsraum“ zu missbrauchen. „Ziel der Kommission ist es, durch Anwendung der EU-Kartellvorschriften dafür zu sorgen, dass die in Europa tätigen Unternehmen, wo auch immer sie ihren Sitz haben, die Auswahl für die Verbraucher in Europa nicht künstlich einschränken oder Innovation bremsen“, sagte Vestager.
Googles Suche bevorzuge den eigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping und verschaffe sich somit einen unfairen Vorteil, lautet die Anschuldigung. Die EU-Kommission kommt zu der vorläufigen Auffassung, dass dieses Verhalten gegen EU-Kartellrecht verstößt. Es behindere den Wettbewerb und schade Verbrauchern.
Nach Ansicht der EU-Kommission reichen die bisherigen Selbstverpflichtungsangebote von Google nicht aus, um wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen. Google hat nun zehn Wochen Zeit, um sich zu den Vorwürfen zu äußern. Anschließend kann der Konzern eine förmliche Anhörung beantragen.
Die Wettbewerbshüter bemängeln vor allem fünf Punkte: Google platziere erstens den Preisvergleichsdienst auf den eigenen allgemeinen Suchergebnisseiten systematisch an besonders sichtbarer Stelle, unabhängig von der Relevanz. Dieses Verhalten begann 2008. Der Konzern wende zweitens das Sanktionssystem, das er auf der Grundlage bestimmter Parameter auf andere Preisvergleichsdienste anwendet, nicht auf die eigenen Preisvergleichsdienst an, was dazu führen kann, dass sie auf den allgemeinen Suchergebnisseiten von Google auf einem niedrigeren Rang erscheinen. Drittens war Froogle, der erste Preisvergleichsdienst von Google, nicht in den Genuss einer Vorzugsbehandlung gekommen und entwickelte sich schlecht.
Infolge der systematischen Bevorzugung durch Google verzeichneten viertens die beiden Nachfolgedienste, „Google Produktsuche“ und „Google Shopping“, höhere Zuwachsraten, zum Nachteil konkurrierender Preisvergleichsdienste. Und fünftens habe das Verhalten von Google negative Auswirkungen auf Verbraucher und Innovation. Konkurrenten hätten nur einen geringen Anreiz für Innovationen, da sie wüssten, dass der eigene Dienst unabhängig von seiner Qualität weniger sichtbar sein werde als der von Google.
Unabhängig von der kartellrechtlichen Untersuchung der Google-Suche prüft die EU das Mobilbetriebssystem Android. Die Kommission will sich mit der Frage beschäftigen, ob Google in Bezug auf Betriebssysteme, Anwendungen und Dienste für Smartphones wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen oder eine etwaige marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt hat.
Die EU-Kommission könnte Google zu einer Strafe in Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verurteilen. 2014 erzielte der Internetkonzern einen Umsatz von rund 66 Milliarden Dollar. Google kann gegen eine Strafe noch gerichtlich vorgehen. Allerdings dürften die Erfolgsaussichten nicht sonderlich hoch sein. Intel wurde 2009 zu einer Rekordstrafe von 1,09 Milliarden Euro verurteilt und hatte dagegen Berufung eingelegt. Letztendlich wurde das Urteil 2014 aber bestätigt. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass sich die beiden Parteien zuvor einigen.
Vestagers Amtsvorgänger Joaquin Almunia hatte im Februar 2014 eine vorläufige Einigung mit Google erzielt. Dies kritisierten nicht nur Googles klagende Konkurrenten, sondern auch Mitglieder der Kommission. Aus diesem Grund forderte die Wettbewerbsbehörde im September weitere Zugeständnisse.
Im November 2014 stimmte das EU-Parlament für eine „Entflechtung von Suchmaschinen von anderen kommerziellen Diensten“ als mögliche Lösung angesichts der Marktdominanz Googles. Der Antrag ist zwar nicht rechtlich bindend, dennoch zeigten sich die USA „besorgt“ über den Vorschlag.
[mit Material von Andre Borbe, silicon.de]
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