Ericsson hat nun auch in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden Patentrechtsklagen gegen Apple eingereicht. In den USA geht es schon länger gegen den iPhone-Hersteller vor, weil dieser angeblich mehrere seiner Schutzrechte verletzt. Die Klagen in Europa umfassen sowohl Techniken rund um die Mobilfunkstandards GSM und LTE als auch sogenannte implementierungsrelevante Schutzrechte, die etwa das Design von Halbleiterkomponenten und drahtlose, nicht zellulare Kommunikationstechniken betreffen, wie Ericsson mitteilt.
Der Auseinandersetzung vor Gericht gingen gescheiterte Lizenzverhandlungen zwischen beiden Parteien voraus, die sich über zwei Jahre hinzogen. Ein zuvor gültiges weltweites Lizenzabkommen war im Januar ausgelaufen. Apple weigert sich laut Ericsson, einen neuen Lizenzvertrag nach den angebotenen FRAND-Bedingungen abzuschließen.
Ericsson hatte vorgeschlagen, ein Schiedsgericht über faire Lizenzbedingungen befinden zu lassen, an die beide Unternehmen dann weltweit gebunden wären. Als Apple dieses Angebot ablehnte, reichte Ericsson Beschwerden bei der US-Handelskommission ITC ein und beantragte den Ausschluss von Apple-Geräten wegen der Verletzung standardrelevanter 2G- und 4G-Patente. Im Rahmen mehrerer Klagen vor dem Bezirksgericht von Ost-Texas fordert es zudem Unterlassungsverfügungen gegen Apple und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Ende März nahm die ITC Ericssons Beschwerden zum Anlass, ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Apple einzuleiten.
„Apple profitiert nach wie vor von Ericssons Technologie, ohne aktuell im Besitz einer gültigen Lizenz für ihre Nutzung zu sein“, erklärte jetzt Kasim Alfalahi, Chief Intellectual Property Officer bei Ericsson. „Unsere Technologie steckt in einer ganzen Reihe von Funktionalitäten und Leistungsmerkmalen heutiger Kommunikationsendgeräte. Wir sind davon überzeugt, dass uns die in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden angerufenen Gerichte in fairen Verfahren zu unserem Recht verhelfen werden.“
Zugleich halte Ericsson an seiner Zusage fest, standardrelevante Patente nach FRAND-Konditionen zu lizenzieren. Auf diese Weise wolle man für alle Firmen gleiche Marktbedingungen sowie niedrige Einstiegshürden schaffen, um somit Wettbewerb und Innovationen anzukurbeln.
Schon Mitte Januar hatte Ericsson das Bezirksgericht von Ost-Texas angerufen, um klären zu lassen, ob sein weltweites Lizenzangebot für Apple zur Nutzung seiner standardrelevanten Patente dem dafür üblichen FRAND-Grundsatz für faire, vernünftige und diskriminierungsfreie Bedingungen entspricht oder nicht. Es reagierte damit auf eine Klage von Apple vor dem Bezirksgericht von Nordkalifornien, in der der iPhone-Hersteller behauptete, die fraglichen Schutzrechte seien nicht standardrelevant und Ericsson habe für ihre Nutzung bisher überzogene Lizenzgebühren gefordert. Ende Februar weitete Ericsson seine Patentklage gegen Apple in den USA noch aus.
Apple zahlte seit 2008 Lizenzgebühren für die fraglichen Patente an Ericsson. Ihm zufolge verlangen die Schweden Lizenzgebühren in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Verkaufspreise von Smartphones und Tablets, die ihre in den Patenten beschriebenen Techniken einsetzen. Apple argumentiert, dass sich die Forderungen stattdessen am Wert des Chips orientieren müssten, der diese Techniken bereitstellt.
Beide Unternehmen gehörten neben Blackberry (ehemals Research In Motion), Microsoft und Sony zu dem Konsortium Rockstar, das Google 2011 im Bieterkampf um mehr als 6000 Nortel-Patente ausstach. Im Dezember 2014 veräußerte Rockstar 4000 dieser Schutzrechte für 900 Millionen Dollar an RPX Corp weiter, behielt die wertvollsten Patente aber für sich. Ericsson hat darüber hinaus Tausende Patente und Patentanträge an den Patentverwerter Unwired Planet lizenziert, der bereits Klagen gegen Apple, Blackberry, Google, Huawei, HTC und Samsung angestrengt hat.
Nach eigenen Angaben umfasst Ericssons Patentportfolio insgesamt mehr als 37.000 weltweit gültige Schutzrechte. Bis heute habe man über 100 Lizenzabkommen mit fast allen größeren Anbietern von Endgeräten und Netztechnik geschlossen.
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3 Kommentare zu Ericsson verklagt Apple auch in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden
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Eigentlich bin ich ja ein Fan von Apple Produkten, aber langsam überkommt mich das Gefühl dass Apple nur noch ein riesiger Marketing- und Anwaltskonzern ist, der durch den Bau von elektronischen Geräten behindert wird.
Dem Grunde ist es doch ganz einfach:
a) verlangt Ericsson nur das, was sie gegenüber anderen FRAND-Lizenz-Nutzern verlangen ist deren Forderung berechtigt, und Apple muss zahlen
b) verlangt Ericsson gegenüber Apple andere Bedingungen/Forderungen, im Vergleich zu ihren bisherigen FRAND-Lizenz-Nutzern, ist Ericssons Forderung unberechtigt
Als Richter würde Ich mir die bestehenden Ericsson Verträge ansehen.
Wenn Apple meint, hier eigenständig die Berechnungs-Grundlage ändern zu wollen, irrt sich Apple gewaltig. Ericsson hat´s erfunden und Apple nutzt es lediglich – und zwar kostenpflichtig!
Aktuell würde Ich vermuten, dass die Sachlage zu a) besteht und Apple hier SONDER-Bedingungen haben möchte, die Ericsson dann zurecht ablehnen würde.
2 Jahre Verhandlung… sagt ja schon einiges aus. Bin auf den Ausgang gespannt.
Kann ja tatsächlich sein, dass die Lizensgebühren sich am Wert des Chips orientieren müssten, aber wenn Apple doch keine Einigung deswegen erzielen kann, warum lässt sich Apple nicht auf den Vorschlag ein, die Angelegenheit durch ein Schiedsgericht klären zu lassen?
Denen scheint der Arsch ganz schön auf Grundeis zu gehen, dass die von Ericsson geforderten Gebühren doch berechtigt sind. ;)
Da Apple selbst auch gerne wegen jedem Furz, bzw. Apfel klagt, hab ich nichts dagegen, wenn Apple zu den von Ericsson verlangten Gebühren verdonnert würde. ;) Wie lautet dieser Werbespruch? „Sie haben es sich verdient.“ ;-)))