Die US-Regierung muss ab heute die massenhafte Sammlung von Telefondaten von US-Bürgern zumindest vorübergehend einstellen. Wie die New York Times berichtet, konnte sich der US-Senat am Sonntag nicht auf eine Verlängerung der fraglichen Passagen im US-Abhörgesetz Patriot Act einigen. Demnach verhinderte vor allem der republikanische Senator Rand Paul einen Kompromiss.
Die Teile des Patriot Act, die nun ungültig sind, erlauben es der NSA, Metadaten über Telefonate von US-Amerikanern zu speichern. Die Bundespolizei FBI durfte zudem mit dem Patriot Act das Abhören von Telefonanschlüssen rechtfertigen oder Gerichtsbeschlüsse für die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen beantragen. Die New York Times weist allerdings darauf hin, dass sich die US-Justiz auf eine Ausnahmeregel berufen kann, wodurch die Befugnisse weiterhin für Ermittlungen gelten, die vor dem 1. Juni 2015 begannen.
Noch in der vergangenen Woche hatte der US-Senat ein Gesetz für eine begrenzte Reform des US-Auslandsgeheimdiensts National Security Agency (NSA) blockiert. Das Repräsentantenhaus hatte nur wenige Tage zuvor den sogenannten USA Freedom Act mit 338 zu 88 Stimmen parteiübergreifend verabschiedet.
Das Gesetz soll die Massenüberwachung durch die NSA beenden. Geheimdienste sollen zwar weiterhin die Möglichkeit erhalten, Daten von Einzelpersonen oder Organisationen auszuwerten, aber nur noch nach einer Genehmigung durch das Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC). Zudem soll nicht mehr die US-Regierung, sondern die Telekommunikationsfirmen die Daten sammeln und über einen bestimmten Zeitraum vorhalten.
Offenbar bahnt sich nun im Senat ein neuer Kompromiss an, der schon diese Woche die Kammer passieren könnte. Am Sonntag stimmten dem Bericht zufolge 77 Senatoren – bei 17 Gegenstimmen – dafür, den Freedom Act erneut zu diskutieren. Laut Mitch McConnell, Führer der republikanischen Mehrheit im US-Senat, könnte dieser Kompromiss schon am Dienstag oder Mittwoch an US-Präsident Obama zur Unterzeichnung weitergeleitet werden.
Laut New York Times zeigt der Ablauf der Überwachungsbefugnisse der US-Geheimdienste, dass sich die Einstellung der US-Amerikaner zu diesem Thema seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 grundlegend geändert hat. Zu dem Zeitpunkt habe der Schutz vor Terrorangriffen oberste Priorität gehabt. Die Diskussion über den Konflikt zwischen Sicherheit und persönlicher Freiheit, die der Whistleblower Edward Snowden mit seinen Enthüllungen über die Abhörprogramme der NSA losgetreten habe, werde aber auch durch den USA Freedom Act nicht beendet.
Vom USA Freedom Act profitieren zudem nur US-Bürger. Auf den Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act, der es erlaubt, Telefonate und E-Mails von nicht Amerikanern auszuspähen, hat die Reform keinen Einfluss. Auch das PRISM-Programm kann ohne Änderungen fortgeführt werden.
Gegenüber der massenhaften Überwachung durch die US-Geheimdienste formiert sich in den USA gerade eine neue Protestform. Mehrere Tausend Webseiten haben sich einem Protest der Aktion “Fight for the Future” angeschlossen und blockieren den Zugriff auf ihre Inhalte für IP-Adressen des US-Kongresses. Wenn Abgeordnete von Repräsentantenhaus oder Senat eine dieser Sites besuchen wollen, werden sie zu blackoutcongress.org umgeleitet. Dort bekommen Sie eine nachdrückliche Aufforderung zu sehen, endlich die massenhafte illegale Überwachung von Amerikanern nach dem Antiterrorgesetz Patriot Act zu beenden.
[mit Material von Asha Barbaschow, ZDNet.com]
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Neueste Kommentare
1 Kommentar zu Teile des Patriot Act nicht mehr gültig
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na dann ist hoffentlich nicht bald wieder mit „Kollateralschaden“ zu rechen, um den Act für die nächsten 100 Jahre zu begründen …
3000 waren 6000 zu viel!