Google hat erstmals zu den Kartellvorwürfen der Europäischen Union Stellung genommen und eine Teilschuld eingeräumt. Wie Europachef Matt Brittin dem US-Magazin Politico sagte, waren Personalmangel, Fehlkommunikation und kulturelle Unterschiede an der Eskalation des Konflikts Schuld. „Wir machen nicht immer alles richtig. Uns ist jetzt klar, dass die Leute [in Europa] nicht immer die gleiche Einstellung haben wie in Amerika.“
Die EU hatte nach fünf Jahre dauernden Voruntersuchungen im April ein offizielles Kartellverfahren gegen Google eröffnet. Es geht um vertikale Suchmärkte ebenso wie Android; Brittins Kommentare bezogen sich nur auf die Suche, wo Google seine eigenen Angebote – etwa die Shopping-Suche – gegenüber Konkurrenzdiensten bevorzugt haben soll.
Der Direktor von Google in Europa signalisiert in den Interview Bereitschaft zu einem Vergleich: „Wir wollen pragmatisch sein und wieder an einen Punkt kommen, von wo wir großartige Produkte für alle entwickeln können.“ Er hält die Anklagepunkte der EU aber auch für veraltet: „Die Welt hat sich verändert.“ Zudem könne Google keine praktischen Konsequenzen aus seinen Fehlern erkennen: „Es gibt keine Belege, das Verbraucher Schaden erlitten haben, und genau genommen auch keine Belege, dass die Beschwerdeführer Schaden erlitten haben.“
Mit Beschwerdeführer dürften jene 19 Firmen aus Europa und den Vereinigten Staaten gemeint sein, die sich ursprünglich an die EU wandten. Die Zahl erhöhte sich später auf über 30. Zu den ersten 19 zählten Auf der Liste finden sich demnach Microsoft, das französische Unternehmen 1plusV, das das Justizportal eJustice sowie die zugehörige Suchmaschine betreibt, und die britische Preisvergleichs-Site Foundem. Auch der in Saarbrücken ansässige Verband freier Telefonbuch- und Auskunftsmedien sowie der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) haben sich demnach über Google beschwert. Brittin strich besonders heraus, dass zahlreiche US-Konkurrenten darunter waren.
Als Veränderungen führte Brittin vor allem Apps an, mit denen Anwender nach seiner Darstellung heute sieben von acht Minuten ihrer Online-Zeit verbringen. Dies habe einen Wettbewerb von bisher unbekannter Intensität gebracht.
Zudem nahm Brittin auch zur Beschwerde der Privacy-App Disconnect Stellung, die sich in dieser Woche wegen ihrer Entfernung aus Google Play an die EU gewandt hatte. „Es gibt jede Menge andere Privatsphäre-Apps im Google Play Store. Wenn sich die Leute nicht an unsere Regeln halten, müssen wir Änderungen vornehmen. Irgendwer wird sich immer über die Regeln beschweren.“
Google hatte im Februar seine Unternehmensstruktur in Europa neu arrangiert, um sich dem Geschäftsumfeld in der Region besser anzupassen. Das erklärte der zugleich als Direktor der neuen gesamteuropäischen Einheit vorgestellte Brittin. Google vereinigte darin eine für den Norden und Westen sowie eine für den Süden und Osten zuständige Tochtergesellschaft.
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3 Kommentare zu Google räumt Fehlverhalten in Europa ein
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Da schau her: dem ‚Wir sind im Recht‘ folgt ein jämmerliches ‚Einige Europäer haben Fehler gemacht‘ – als ob jemand ohne Freigabe der Zentrale durchführen würde ;-) – bevor demnächst das komplette Schuldeingeständnis folgt.
Ein klassisches Rückzugsgefecht, das wohl nicht freiwillig erfolgt – die Beweise müssen erdrückend sein.
Tja, Pech gehabt. ;-)
Wäre mal schön, wenn Du genauso fordernd wärst, wenn Apple bei Schweinereien erwischt wird.
Und es ist tatsächlich wahr, die Amis haben oft wirklich eine ganz andere Sicht der Dinge.
Muss man nicht verstehen, aber wenigstens akzeptieren, dass es so ist.
Wer schon mal länger oder öfter in den Staaten war, weiß was ich meine.
“Wir machen nicht immer alles richtig. Uns ist jetzt klar, dass die Leute [in Europa] nicht immer die gleiche Einstellung haben wie in Amerika.”
Haha was ein dummes Geschwätz. Dafür müsste man Google erst recht bestrafen!
Und mit sowas kommen dann US Unternehmen hier weiter, egal worum es geht.