Anders als von vielen Gegnern erhofft, hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung dem Mitte Oktober vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Der vom Bundesland Thüringen eingereichte und von Schleswig-Holstein unterstützte Antrag (PDF), den Entwurf dem Vermittlungsausschuss zur „generellen Überarbeitung“ vorzulegen, fand keine Mehrheit. Damit steht dem zweiten Versuch einer Einführung der Vorratsdatenspeicherung nichts mehr im Wege – vorausgesetzt, Bundespräsident Joachim Gauck verweigert dem Gesetz nicht doch noch seine Unterschrift.
Mit dem Gesetz werden Telekommunikationsunternehmen, Internetprovider und andere Zugangsanbieter verpflichtet, Telekommunikationsverkehrsdaten sämtlicher Bürger verdachtsunabhängig zu speichern. Diese Daten, darunter gewählte Rufnummern und genutzte IP-Adresse, müssen zehn Wochen lang vorgehalten werden. Für die bei der Nutzung von Mobildiensten anfallenden Standortdaten ist eine Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen. Vom Gesetz ausdrücklich ausgenommen sind die Inhalte von E-Mails.
Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag hatten IT-Verbände die Gesetzesvorlage wegen technischer Fehler, sachlicher Mängel und den zu erwartenden Schwierigkeiten beziehungsweise hohen Kosten bei der Umsetzung kritisiert. Datenschützer sowie Bürgerrechtsorganisationen wiesen zudem mehrfach darauf hin, dass aus ihrer Sicht der neuerliche Anlauf weder die Vorgaben des Bundesgerichtshofs noch des Europäischen Gerichtshofs erfüllt.
Die Berliner Anwaltskanzlei Müller Müller Rössner hat nach eigenen Angaben bereits einen „Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung“ beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Ähnliche Klagen gegen das Gesetz sind auch von anderer Seite zu erwarten. Nicht hinnehmen will es etwa der Verein Digitalcourage e.V. (ehemals FoeBuD e.V.). Er wirbt auf seiner Website um Unterstützerunterschriften und Spenden für die geplante Beschwerde des ihm nahestehenden Anwalts Meinhard Starostik vor dem Bundesverfassungsgericht.
Auch das FDP-Präsidium hat beschlossen, eine Verfassungsbeschwerde zu organisieren. Das Mandat als Prozessbevollmächtigten wurde dem derzeit an der Universität Bayreuth lehrenden Rechtswissenschaftler Professor Heinrich-Amadeus Wolff übertragen. Das Verfahren soll die Bundesgeschäftsstelle der Partei organisieren. Außerdem hat der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz erklärt, dass seine Partei Rechtsmittel einlegen werde. Aus seiner Sicht geht die Bundesregierung mit dem Gesetz „vorsätzlich gegen das Grundgesetz vor“. Die Vorratsdatenspeicherung sei Gift für Demokratie und Wirtschaft sowie ein „rechtsdogmatischer Dammbruch par excellence“.
[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]
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