Toshiba hat die Augmented-Reality-Brille Wearvue TG-01 abgesagt. Dabei war sie erst am 13. Januar 2016 angekündigt worden, wie das Wall Street Journal festhält – und der Versand des fertigen Produkts sollte am 29. Februar beginnen.
Wearvue war für den professionellen Einsatz konzipiert. Die Brille hätte per Kabel mit einem Windows-Gerät verbunden sein müssen. Als Vorteile nannte der Hersteller ein Gewicht von nur 50 Gramm (ohne Kabel) und freie Sicht durch 70 Prozent Transparenz. Als CPU wollte Toshiba einen Intel Atom Z3735F mit 1,33 GHz verbauen, der auf 2 GByte RAM zugegriffen hätte. Wearvue sollte sich für Service-Techniker, im Logistikbereich, aber auch in der Unterhaltung einsetzen lassen.
Von einem Sprecher erfuhr die Wirtschaftszeitung, das plötzliche Ende sei dem großen Druck von außen geschuldet: „Weil brillenartige Geräte auf großes Interesse stoßen, auch bei den Medien, wollten wir uns die Entscheidung bis zur letzten Minute offenhalten.“ Das könnte heißen, dass Toshiba fürchtete, sich ähnlicher Kritik wie Google Glass auszusetzen, dessen Träger in den USA bisweilen auch als „Glassholes“ bezeichnet wurden, wenn sie etwa durch unverhohlene Foto- und Videoaufnahmen ihre Umgebung brüskierten. Von Google vorgelegte Verhaltensregeln brachte zumindest keine Trendwende der öffentlichen Skepsis gegenüber Glass.
Möglicherweise fürchtete Toshiba aber auch etablierte Konkurrenten wie Brother (für Service-Techniker), die US-Firma Vuzix und die deutsche Firma Ubimax (im Bereich Logistik) oder auch Epson mit der inzwischen dritten Generation seines Produkts Moverio. Auch Google Glass soll sich künftig vor allem auf den Einsatz für Firmen konzentrieren, während Sony ein Heimanwender-Produkt zum Anklippen an normale Brillen verfügbar gemacht hat.
Das Aus der Toshiba-Brille wird aber vor allem durch die internen Sparmaßnahmen und die Neuausrichtung begründet. Nach 4,2 Milliarden Euro Jahresverlust entlässt der Konzern bis zu 10.000 Mitarbeiter. 6800 müssen im Bereich Heimelektronik gehen – etwa 30 Prozent seiner Belegschaft. Bei der Konzernmutter fallen 1000 Stellen weg. Dazu streicht Toshiba Verträge mit externen Mitarbeitern, um schon bis März 2016 Einsparungen in Höhe von etwa 150 Millionen Euro zu erreichen.
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Parallel wurde nun auch eine teure Version eines vernetzten Armbands abgesagt: Toshiba will sich auf Erfolg versprechende Bereiche konzentrieren. Seine gesamte Medizin-Abteilung, die etwa Röntgengeräte und andere Arten Körperscanner herstellt, steht zum Verkauf. Das Geschäft mit Bildsensoren wurde bereits an Sony abgestoßen, der PC-Bereich könnte mit dem von Fujitsu fusionieren.
Die Krise des japanischen Konzerns war 2015 durch Bekanntwerden eines Blianzfälschungsskandals eingeleitet worden, der bis ins Jahr 2008 zurückreicht. Präsident und CEO Hisao Tanaka erklärte im Juli seinen Rücktritt.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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