„Das Lizenzmanagement bei SAP ist schwierig und hochkomplex“, sagt Andreas Oczko, der bei der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) als Vorstand für die Themen Operations, Service und Support zuständig ist. Mit dieser Meinung ist er nicht allein ist, wie verschiedene Studien zeigen, in denen Nutzer befragt wurden.
Schon allein die unterschiedlichen Lizenzmodelle zu überblicken, ist eine Herausforderung. Es gibt Lizenzpakete für bestimmte Anwendungsfälle, Named-User-Lizenzen für unterschiedliche Nutzergruppen sowie Datenbank-Lizenzen und Reporting-Lizenzen, etwa für Business Objects. Und obwohl sich SAP seit geraumer Zeit Vereinfachung auf die Fahnen geschrieben hat, steigt die Komplexität stetig an.
„Jahr 2001 gab es gefühlt etwa um die 50 bis 60 Lizenzmaterialien“, berichtet Oczko. „Heute sind wir allein im On-Premise-Bereich bei über 1000.“ Das mag abschreckend wirken, doch das Thema darf niemand vernachlässigen. Oczko rät jedem SAP-Anwender dringend, sich mit der Lizenzsituation sorgfältig auseinanderzusetzen. „Man sollte sich genau anschauen, was die jeweiligen Lizenzen beinhalten und den zuständigen SAP-Vertriebler beziehungsweise das Systemhaus mit Fragen löchern, um sich Klarheit zu verschaffen“, mahnt der DSAG-Mann.
Der Druck, für eine solche Transparenz zu sorgen, ist mittlerweile gestiegen. Denn seit einiger Zeit hat SAP die Vermessung der Lizenzen intensiviert. Bei seinen Kunden führt SAP nun häufiger Audits durch, um zu prüfen, ob auf Lizenzseite alles in Ordnung ist. Dafür stehen den Walldorfern inzwischen auch mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Oczko berichtet, dass Produkte wie zum Beispiel Business Objects, die sich früher nicht vermessen ließen, nun ebenfalls auditiert werden können.
Auch die Art und Weise, wie die relevanten Daten generiert werden, hat sich geändert. Früher erstellten die Unternehmen selbständig Protokolle und schickten diese an SAP. Mittlerweile gibt es Werkzeuge, die Audit-Dateien mit den entsprechenden Informationen generieren und diese dann automatisch an den Software-Anbieter übermitteln, wo sie maschinell weiterverarbeitet werden. Treten dann Ungereimtheiten auf, kann SAP die Lizenzsituation direkt vor Ort überprüfen.
„Das erhöht die Transparenz beim Anwenderunternehmen, es vereinfacht aber auch die Arbeit für SAP“, erklärt Oczko. Er hält es für vollkommen legitim, dass der Walldorfer Softwerker die Lizenzen bei seinen Kunden stärker überprüft. Auch die Kunden selbst hätten schließlich ein Interesse daran, weil es ihnen mehr Sicherheit gebe.
„Was wir aber überhaupt nicht gutheißen können, sind unberechtigte Forderungen“, stellt Oczko klar. Und diese seien seit der Intensivierung der Audits verstärkt aufgetreten, so der DSAG-Experte. Die betroffenen Firmen haben sich daraufhin laut Oczko organisiert und gemeinsam mit der DSAG das Gespräch mit SAP gesucht.
Das Ergebnis: SAP untersucht nun jeden Fall, in dem „der Vertrieb übermotiviert war“, wie es Oczko nennt. Und so lange diese Überprüfung nicht abgeschlossen ist, ruht die entsprechende Forderung erst einmal.
Grundsätzlich sieht Oczko derzeit den Trend, dass die SAP-Anwenderunternehmen sich verstärkt damit beschäftigen, die Lizenzen in ihrem Haus zu überprüfen. Dabei sei ein Wandel erkennbar. „Früher haben die SAP-Kunden das Thema eher etwas legerer gesehen“, so Oczko. Nun seien sie deutlich aktiver. „Das ist auch gut so. Denn es kann sehr unangenehme Überraschungen mit sich bringen, wenn man das Ganze laufen lässt.“
SAPs Angebot: der License Administration Workbench
Um die Lizenzierung im eigenen Unternehmen zu überprüfen, steht den Anwendern das SAP-eigene Werkzeuge LAW (License Administration Workbench) zur Verfügung. Damit können Firmen schon seit ein paar Jahren alle lizenzrelevanten Vermessungsdaten sammeln und konsolidieren. Die Konsolidierung umfasst laut SAP die automatische Analyse und Optimierung der einzelnen Benutzertypen. Dazu zählt auch, dass Redundanzen beseitigt werden.
LAW (PDF) schaffe beim Anwender Klarheit, so Oczko, weil sie unter anderem die Ursachen für bestimmte Fehler aufdecke. So lassen sich mit ihr zum Beispiel Analysen durchführen die zeigen, ob User falsch klassifiziert sind. Laut Oczko eignet sich die LAW vor allem für kleinere Firmen, deren Lizenzdschungel nicht ganz so undurchdringlich erscheint wie der von großen Unternehmen.
Daneben können auch Werkzeuge für das Software-Asset-Management hilfreich sein, um sich den notwendigen Überblick zu verschaffen. Nach Meinung von Forrester-Analyst Mark Bartrick geben sie „ein gutes Bild davon, was ein Unternehmen hat und was es braucht.“ Sie zeigen zum Beispiel, ob eine Firma viel Geld für Premium-Lizenzen zahlt, obwohl günstigere Lizenzen mit eingeschränkten Nutzungsrechten möglicherweise ausreichen würden.
Geänderte Konditionen bei Named-User-Lizenzen
Solche Lizenzen gibt es seit kurzem für eine Vielzahl verschiedener Nutzertypen. Denn bei den Named-User-Lizenzen hat SAP sein Modell mittlerweile etwas geändert. So sind nun zum Beispiel speziell für Projektnutzer, Shopfloor-User oder Entwickler die passenden Lizenzen erhältlich. Diese sind deutlich günstiger als die für den Standard-Professional-User. Der Funktionsumfang ist dafür aber auch eingeschränkt. SAP hat genau definiert, was die einzelnen Named User dürfen und was nicht.
Diese feinere Aufgliederung hat den so genannten Limited Professional User – also den Gelegenheitsnutzer – abgelöst. Dessen Rechte waren nicht genau spezifiziert, was zu Problemen führte. Das neue Modell stößt bei der deutschen Anwendervereinigung allerdings auf wenig Begeisterung. „Ich glaube nicht, dass das der große Wurf ist“, meint Oczko.
Grundsätzlich gibt es von SAP-Seite immer wieder Bestrebungen, die Lizenzmodelle zu vereinfachen. Doch auch dafür ernten die Walldorfer Kritik. So hat SAP viele Produkte in Paketen zusammengefasst. Das sorgt zwar für eine einfachere Preisliste. Doch die Lizenzen seien dadurch teurer geworden, so Oczko, und mancher SAP-Kunde müsse Produkte mitkaufen, die er gar nicht benötigt.
Auch das Vereinfachen der Metriken ist nicht im Sinne der Anwender. Oczko kritisiert, dass die Metriken häufig nicht zum Geschäft des Anwenderunternehmens passen würde. Beispiel: Die Metrik für Engines basiert auf der Kennzahl „Umsatz“. Die hat laut Oczko aber häufig nichts mit dem Wert der Engine für das Unternehmen zu tun.
„Simplifizierung ist ein hehres Ziel“, sagt Oczko, „aber es muss zu den Bedürfnissen der Unternehmen passen.“ In dieser Hinsicht müsse noch einiges passieren. „Wir sind daher gerade sehr stark mit der SAP im Dialog.“
Er fügt hinzu, dass die Komplexität in Sachen Lizenzen auch etwas mit regionalen Unterschieden zu tun hat. „In Europa und vor allem in den deutschsprachigen Ländern gibt es die Mentalität, kleinteiliger zu lizenzieren“, so Oczko. Die Lizenzen werden also auf viele verschiedene Nutzergruppen heruntergebrochen, was die Lizenzsituation eher unübersichtlich macht. Das führt außerdem dazu, dass Bundling-Konzepte bei den hiesigen SAP-Kunden eher auf Ablehnung stoßen. In den USA dagegen werden alle User quasi über einen Kamm geschoren und gleich lizenziert.
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