Gerichtsunterlagen bestätigen: Lavabit-Nachforschungen galten Edward Snowden

Irrtümlich wurde eine E-Mail-Adresse in einem unlängst veröffentlichten Dokument nicht geschwärzt. Sie lautet Ed_Snowden@lavabit.com. Damit ist erstmals bestätigt, was seit August 2013 viele vermuteten, auch wenn die US-Behörden auf Geheimhaltung bestanden.

Gerichtsunterlagen haben bestätigt, was viele vermuteten: Die Nachforschungen von US-Bundesbehörden im Jahr 2013, die einem Kunden des E-Mail-Diensts Lavabit galten, betrafen Whistleblower Edward Snowden. Lavabit-Betreiber Ladar Levison selbst war damals unter Strafandrohung verboten worden, das Ziel der Ermittlungen zu nennen.

Passwort (Bild: James Martin / CNET)Die Enthüllung erfolgte jetzt irrtümlich durch die Bundesbehörden selbst. Von 2013 stammende, aber jetzt erst veröffentlichte Gerichtsunterlagen waren nicht ausreichend geschwärzt und enthielten in einem Fall die E-Mail-Adresse, auf die es die Ermittler abgesehen hatten, nämlich Ed_Snowden@lavabit.com. Cryptome ist als erstes darauf aufmerksam geworden, und auch Wired legt eine Kopie vor.

Die Ermittlungen bei Lavabit erfolgten nur wenige Tage nach den ersten Snowden-Veröffentlichungen zu den Überwachungsprogrammen der NSA. Die Ermittler wurden bei Levison in Texas vorstellig und verlangten Einsichtnahme in Metadaten zu einem Kunden. Der Lavabit-Betreiber zog es allerdings vor, die Herausgabe zu verweigern, seinen Dienst zu schließen und vor US-basierten E-Mail-Diensten im Allgemeinen zu warnen. Obwohl er keine Gründe nennen konnte, vermuteten viele, dass es um ein Mailkonto von Edward Snowden ging, der sich zu diesem Zeitpunkt in Hongkong aufhielt und kurz vor der Weiterreise nach Moskau stand.

Erste geschwärzte Dokumente von Oktober 2013 erhärteten diese Vermutung, lieferten aber weiter keinen Beleg. Dass der Zusammenhang jetzt doch noch aufgeklärt wird, ist Levisons Hartnäckigkeit zu verdanken, der im Dezember 2015 ein Berufungsgericht angerufen hatte, um die Veröffentlichung weiterer Dokumente von 2013 zu erreichen. Dies wurde bewilligt – nur „die Identität des Kunden und seine E-Mail-Adresse“ sollten noch geschwärzt werden, ordnete das Gericht an. Durch einen Fehler wurde diese Anweisung an einer Stelle in einem Dokument von August 2013 aber nicht vollständig umgesetzt.

Ladar Levison auf der DefCon2014 (Bild: Seth Rosenblatt/CNET)Ladar Levison auf der DefCon2014 (Bild: Seth Rosenblatt/CNET)

Kürzlich hatte Wired noch mit Levison über seinen Kampf für mehr Transparenz in dem Fall gesprochen. Der beschwerte sich: „Nach drei Jahren darf ich immer noch nicht sagen, gegen wen sie ermittelten. Die Frage wird mir oft gestellt, und ich kann sie immer noch nicht beantworten.“ Diese Antwort hat jetzt die Regierung selbst gegeben, wenn auch nur aus Versehen.

Zu den Nachfolgern des damals eingestellten Lavabit zählt ProtonMail, das gerade die Betaphase verlassen und Apps für Android sowie iOS veröffentlicht hat. Es sitzt in der Schweiz, wo auch Blackphone-Anbieter Silent Circle operiert – fern des Zugriffsbereichs von US-Behörden. Levison arbeitet indessen am Dark Internet Mail Environment, kurz DIME – ihm zufolge ein Ökosystem, bestehend aus den E-Mail-Übertragungsprotokollen DMAP und DMTP, dem E-Mail-Server Magma und dem auf Mozillas Thunderbird basierenden Desktop-E-Mail-Client Volcano.

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Themenseiten: E-Mail, Lavabit, Verschlüsselung

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1 Kommentar zu Gerichtsunterlagen bestätigen: Lavabit-Nachforschungen galten Edward Snowden

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  • Am 18. März 2016 um 17:38 von PeerH

    Mutige Entscheidung sich zu weigern, und lieber aein Geschäft dicht zu machen, als sich der Willkür der Behörden zu beugen.

    Ein Mensch mit Charakter und Mut. Bewundernswert.

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