VDSL2 Vectoring: Rätselraten um Entscheidungsentwurf der Bundesnetzagentur

Die Behörde hat heute zwar ihren Entwurf nach Brüssel übermittelt, hält sich aber bei Details bedeckt. Telekom-Wettbewerber lesen aus den Formulierungen und zwischen den Zeilen der Pressemitteilung Ungereimtheiten und eine Bevorteilung der Telekom heraus und wundern sich über das Vorgehen.

Die Bundesnetzagentur hat heute die EU-Gremien über ihren Entscheidungsentwurf zur Regulierung der sogenannten „letzten Meile“ der Telekom und zum Ausbau der sogenannten „Nahbereiche“ mit Vectoring übermittelt. Laut Pressemitteilung können Wettbewerber der Telekom im Vergleich zum ersten Entscheidungsvorschlag nach dem heute übermittelten Entwurf „insgesamt mehr Nahbereiche selbst mit VDSL2-Vectoring erschließen. Außerdem sollen Wettbewerber einen Vectoring-Ausbau der Nahbereiche auch vornehmen können, wenn die Telekom dieses Gebiet vollständig mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus versorgt.“

Telekom-Techniker beim Aufrüsten einer Leitung für Vectoring (Bild: Deutsche Telekom).Telekom-Techniker beim Aufrüsten einer Leitung für Vectoring (Bild: Deutsche Telekom).

„Wir kommen auch nach nochmaliger intensiver Analyse zu dem Schluss, dass ein Vectoring-Ausbau der Nahbereiche hilft, den Breitbandausbau zu fördern. Es werden weder der Wettbewerb außer Kraft gesetzt noch werden andere Technologien ausgebremst. Verbrauchern wird auch künftig eine breite Auswahl zwischen verschiedenen Anbietern, Produkten, Preisen und Qualitäten garantiert“, erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur dazu.

Er hofft, dass die Beteiligten den Entwurf in Gänze betrachten und dass sich „die kontroverse und interessengeleitete Diskussion der letzten Monate über das Thema Vectoring“ wieder versachliche. Homann weiter: „Zu dem Gesamtpaket gehört auch eine Entscheidung über ein hochwertiges alternatives Vorleistungsprodukt, auf das Unternehmen einen Anspruch haben, wenn sie vom Hauptverteiler verdrängt werden.“

Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur (Bild: Bundesnetzagentur/Laurence Chaperon)Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur (Bild: Bundesnetzagentur/Laurence Chaperon)

Zu der vom Chef der Bundesnetzagentur gewünschten Versachlichung der Diskussion trägt das gewählte Vorgehen zumindest zunächst einmal nicht bei. Die drei wichtigsten Verbände der Telekom-Wettbewerber – BREKO, BUGLAS und VATM – wundern sich alle darüber, dass der Entwurf selbst geheim bleibt und in der Pressemitteilung lediglich Andeutungen gemacht werden. Ihnen wird so ebenso wie der Öffentlichkeit schließlich die Möglichkeit genommen, sich konkret und wie gefordert sachlich und konstruktiv damit auseinanderzusetzen, während Spekulationen erneut Tür und Tor geöffnet werden.

Die Passagen der Pressemitteilung, in denen die Bundesnetzagentur konkret wird, stoßen zudem auf Kritik. Dazu gehört zum Beispiel die erwähnte Möglichkeit zum Vectoring-Ausbau der Nahbereiche auch dann, wenn die Telekom dieses Gebiet vollständig mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus versorgt. Laut BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers läuft das ins Leere, da es schlichtweg nicht wirtschaftlich wäre. Auch Wolfgang Heer, Geschäftsführer beim Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS) hält es „eher für fraglich“, ob von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden wird – schlichtweg weil sie wirtschaftlich zu unattraktiv ist.

(Grafik: Deutsche Telekom)Das VDSL2-Vectoring-Verfahren – illustriert in einer Grafik der Deutschen Telekom

Ebenfalls Befremden löst aus, dass in der Pressemitteilung zwar erwähnt wird, dass für den Entwurf die Investitionszusagen der Telekom berücksichtigt wurden, die der Mitbewerber dagegen aber mit keinem Wort erwähnt werden. Mit derartigen Investitionszusagen stecken die Netzbetreiber quasi ihre Claims ab – sind dann allerdings auch verpflichtet, diese einzuhalten. Gleichzeitig bieten sie natürlich die Möglichkeit, sich für den Ausbau besonders attraktive Gebiete zu sichern und so den Mitbewerbern von vorneherein die Lust für ein Engagement zu nehmen.

Ein solches Rosinenpicken wurde der Telekom schon öfter vorgeworfen, die hat sich stets vehement dagegen verwahrt. Jetzt weist aber der BREKO zumindest noch einmal darauf hin, dass aus der in der Pressemitteilung verwendeten Formulierung „unabhängig von einem Vertragsschluss“ deutlich wird, „dass der BNetzA offenbar noch immer keine verbindliche, notariell beglaubigte und gegeben falls vollstreckbare Ausbauzusage der Deutschen Telekom vorliegt.“ Ein solcher Vertragsschluss müsse aber spätestens dann, wenn die Bundesnetzagentur Strafzahlungen für einen nicht vorgenommenen Ausbau geltend machen will erfolgt sein, da es sonst an einer Rechtsgrundlage für die Vollstreckung fehle.

„Der Investitionswettbewerb in die wichtige Übergangstechnologie Vectoring wird nicht deutschlandweit, aber an ganz zentralen Stellen dem Ex-Monopolisten übergeben. Das hat erhebliche Folgen. Damit haben wir aus unserer Sicht weiterhin eine Remonopolisierung. Wie hoch der Grad dieser Remonopolisierung ist, hängt jetzt davon ab, wie viel Wettbewerber bauen können. Zu diesem entscheidenden Punkt gibt es in der Pressemitteilung der Bundesnetzagentur keinerlei Angaben“, bemängelt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM, zusammenfassen.

Grützner zufolge bleibt zudem immer noch offen, „was das Monopol der Telekom genau mindern soll.“ Auch die Aussage der BNetzA, warum sich die Investitionsmöglichkeiten der Wettbewerber verbessert haben, könne erst beurteilt werden, wenn die konkreten Veränderungen bekannt gegeben werden.

BUGLAS-Geschäftsführe Heer lobt immerhin: „In der heutigen Pressemitteilung ist davon die Rede, dass die Wettbewerber mit der Regulierungsentscheidung nun mehr Nahbereiche mit VDSL2 Vectoring erschließen können. Das wäre im Sinne des Infrastrukturwettbewerbs als Treiber des Breitbandausbaus in Deutschland sehr sinnvoll.“ Abzuwarten bleibe aber immer noch, wie der Regulierer dies gewährleisten will.

Themenseiten: BREKO, Breitband, Deutsche Telekom, VATM

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