Snowden-Dokument: MI5 war schon 2010 von Datenfülle überfordert

Er warnte damals "vor dem Risiko eines 'Informationsausfalls', dass also der Service nicht in der Lage ist, lebensrettende Informationen aus Daten zu entnehmen, die er zuvor gesammelt hat." Dies traf laut The Intercept drei Jahre später im Fall eines Mords an einem britischen Soldaten in London exakt ein.

Schon im Jahr 2010 hatten Geheimdienste Bedenken, von Daten derartig überflutet zu werden, dass wichtige Informationen übersehen werden. Das geht aus einem neuen Dokumentenentwurf aus dem Fundus von Whistleblower Edward Snowden hervor, den The Intercept jetzt vorgelegt hat. Das Geheimdokument stammt von britischen Geheimdienst MI5, auch als Security Service bezeichnet: Es befasst sich mit Methoden, um Internet-Kommunikation abzufangen.

Flagge von Großbritannien (Bild: Deutsche Messe AG)Auf acht Seiten legt diese Einrichtung dar, dass sie die Aufgabe übernommen hat, solche Daten zentral zu sammeln und zu nutzen. Ihre Überwachungsmöglichkeiten seien „in den letzten Jahren signifikant gewachsen“ und erbrächten inzwischen „deutlich mehr [Daten], als voll genutzt werden kann.“ Daraus wird eine Warnung abgeleitet: „Dadurch entsteht das Risiko eines ‚Informationsausfalls‘, dass also der Service nicht in der Lage ist, lebensrettende Informationen aus Daten zu entnehmen, die er zuvor gesammelt hat.“

The Intercept verweist konkret auf einen Fall, der sich drei Jahre später ereignete und die Befürchtungen des MI5 bestätigte. Damals töteten zwei islamische Extremisten einen britischen Soldaten in London. Sie waren zuvor vom MI5 erfasst worden, der Geheimdienst wertete aber etwa Telefongespräche nicht rechtzeitig aus, die eine Verbindung zu Al-Qaida belegten. Auch hatten die Attentäter ihre Absicht, einen Soldaten zu ermorden, vorher online diskutiert.

Großbritannien steht aktuell vor der Einführung eines neuen Überwachungsgesetzes, der Investigatory Powers Bill, die den Geheimdiensten zusätzliche Befugnisse einräumen und somit das vorliegende Material noch vergrößern würde. Heute morgen befürwortete das Unterhaus den Entwurf mit 444 zu 69 Stimmen. Nicht nur Bürgerrechtler stellen sich nun die Frage, wohin dies führen wird.

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Gemeinsam mit GCHQ und MI6 hat der MI5 auch eine umfassende Personendatenbank angelegt, wie im April durch die Datenschutzorganisation Privacy International bekannt wurde. Dafür werden „routinemäßig persönliche Daten von möglicherweise Tausenden öffentlichen und privaten Organisationen angefordert.“ Die Angaben umfassen etwa rassische Abstammung, religiöse und politische Überzeugung, Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, Sexualleben und Vorstrafen. Auch Einträge zu geistiger und körperlicher Gesundheit können enthalten sein.

Das Government Communications Headquarter alias GCHQ räumte im Dezember 2015 zudem Hackerangriffe in Großbritannien und anderen Ländern ein. Es setzte Überwachungssoftware offenbar auch über längere Zeiträume auf mobilen Geräten ein. Dafür benötigte es seiner Meinung nach nur allgemein gefasste Gerichtsbeschlüsse – was aber eine Klage anficht.

Der britische Nachrichtendienst wollte auch die Surfgewohnheiten „aller sichtbaren Nutzer im Internet“ erfassen. Ein weiteres Programm analysierte die Kommunikation per Messenger, E-Mail, Skype, Textnachrichten und Social Media. Das GCHQ zapfte dazu transatlantische Glasfaserkabel an und sammelte Daten weltweiter Nutzer in seinem Speichersystem „Black Hole“.

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Themenseiten: Großbritannien, Mi5, Politik, Überwachung

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2 Kommentare zu Snowden-Dokument: MI5 war schon 2010 von Datenfülle überfordert

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  • Am 8. Juni 2016 um 22:37 von Jochen

    Vom ehemaligen US-Präsindetschaftskandiat Al Gore (der damals knapp Gerorge W. Bush unterlag, wobei es auch den Verdacht der Wahlmanipulation gab) stammt dieses Zitat: „Die Suche nach Terroristen ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und wir werfen immer mehr Heu darauf.“

    Es wäre wahrscheinlich viel effektiver, wenn man überwachen würde, wer Waffen oder Sprengstoff kauft oder die Zutaten um das Herzustellen.
    Breivik hätte man so vorher gefunden.
    Auch Technik zum Erkennen von minimalen Spuren von Sprengstoffen in der Luft wären hilfreicher als viele der Überwachungskaterrorsiten eras.
    Und Drohenangriffe, bei denen fast immer auch Unschuldige getötet werden, schaffen natürlich neue Feinde gegenüber „dem Westen“, so dass Terrororganisation keine Nachwuchsorgen haben brauchen.
    So wie der „Kampf gegen Terrorismus“ umgesetzt wird, muss man leider den Eindruck gewinnen, dass das nur eine vorgeschobene Begründung ist und die Überwachungsstaat will.

    • Am 9. Juni 2016 um 10:53 von Ludwig XIV

      Der Staat hat keine Angst vor Terroristen, die geben ihm eher so eine Art Daseinsberechtigung und Argumente, um die Politik in die eine oder andere Richtung zu forcieren. Der Staat hat aber mitunter Angst vor dem Bürger. Den gilt es zu kontrollieren.
      „Der Staat, das bin ich“ Ludwig XIV

      Seitdem hat sich nur scheinbar etwas geändert, Denn die Eigentumsverhältnisse sind noch immer gleich. Wenige Prozente der Bürger besitzen nahezu alle Besitztümer. Und deren Interessen werden vertreten.

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