Der Filehosting-Anbieter ownCloud hat eine Finanzierung in Millionenhöhe erhalten und einen Umbau der Geschäftsführung angekündigt. Eine Investorengruppe um den Frankfurter Unternehmer Tobias Gerlinger stellt Wachstumskapital zur Verfügung und erwirbt die Mehrheit an der ownCloud GmbH. Zusätzlich übernimmt die Gruppe das Geschäft der in den USA beheimateten ownCloud Inc, die kürzlich nach dem Ausstieg eines Investors Konkurs anmelden musste. Künftig werden sämtliche Operationen von der GmbH weitergeführt, die zunächst eigentlich ein Tochterunternehmen der ownCloud Inc war.
Gerlinger selbst wurde neben Holger Dyroff zum Geschäftsführer der ownCloud GmbH bestellt. Als CEO verantwortet er die Bereiche Finanzen, Marketing und Vertrieb. ownCloud-Mitgründer Dyroff konzentriert sich als COO auf die Produktstrategie und Technologie. Markus Rex, der ebenfalls an der Gründung von ownCloud beteiligt war, wird aus dem operativen Geschäft ausscheiden und lediglich über den Beirat noch mitwirken.
„Ich habe ein gesundes Unternehmen gesehen, mit einem ausgereiftem Produkt und einer guten Positionierung im Markt, das aber aus anderen Gründen wie einer zu dünnen Venture-Captial-Ausstattung und einigen Fehlern im Finanzmanagement in eine Schieflage geraten ist“, begründete Gerlinger sein Engagement gegenüber silicon.de. ownCloud verfüge über einen „riesigen Kundenstamm“ und habe alles, was ein „gesundes Unternehmen ausmacht“.
Zu den finanziellen Problemen kam bei ownCloud noch das Zerwürfnis mit dem ehemaligen CTO und Mitgründer Frank Karlitschek, der nach Vorwürfen über intransparente Community-Projekte bei ownCloud kurzerhand den Fork Nextcloud ins Leben gerufen hatte. Karlitschek hatte auch einige Mitarbeiter abgeworben und damit wohl den US-Investor der ownCloud Inc verschreckt.
Gegenüber silicon.de erklärte Holger Dyroff, dass man diese Zäsur bereits weitgehend kompensiert habe. Man habe neue Entwickler eingestellt und lediglich ein wichtiger Posten sei noch offen. „Nachdem auch andere Marktbegleiter wie Microsoft oder Google Enterprise-File-Lösungen anbieten, sehen wir auch der neuen Konkurrenz durch Nextcloud gelassen entgegen“, so Dyroff. „Wichtig ist uns, dass ein fairer Wettbewerb stattfindet.“
Sowohl Dyroff als auch Gerling betonen zudem, dass die Unternehmenskunden „mindestens so gut wie zuvor“ betreut würden. Sämtliche Kunden der ownCloud Inc seien von der GmbH übernommen worden.
„Eine Restrukturierung kann auch eine große Chance sein“, erklärte Gerlinger. Denn für künftige Herausforderungen sieht man sich bei ownCloud gut gewappnet. „Wir glauben nach wie vor, dass Datenhaltung denzentral organisiert sein sollte“, so Dyroff. Eine zentralistische Datenhaltung in einer US-Cloud schätzt der COO – auch nach der Verabschiedung der Neuregelung des Datenaustauschs mit den USA unter Privacy Shield – aus rechtlicher Sicht weiterhin als problematisch ein. „Hinzu kommt auch das Problem, dass das Hoch- und Herunterladen größerer Datensätze meist nicht performant genug abgebildet werden kann.“
„Die Governance-Verantwortlichen können sich auch durch Privacy Shield nicht zurücklehnen“, sagt Dyroff. Erste Klagen gegen das aktuelle Abkommen wurden bereits angekündigt. Schließlich ist der ownCloud-COO davon überzeugt, dass man um „fundamentale Änderungen am Datenschutz nicht herumkommen wird“. Vollständige Rechtssicherheit sei auch mit Privacy Shield nicht gegeben. Viele Unternehmenskunden sähen dies ebenfalls so, und hier könne ownCloud mit der eigenen Lösung durch verschiedene Enterprise-Features und eine hohe Skalierbarkeit punkten.
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Kleinere, mittelständische und auch große Unternehmen wie die Deutsche Bahn nutzen ownCloud bereits. „Da wir in den USA Einbußen bei der Salespower haben und wir erst einmal Partner schulen müssen, wollen wir zunächst unser Wachstum auf dem Niveau des Vorjahres halten“, so Gerlinger. Nach Abschluss der Konsolidierung peilt das Unternehmen aber zweistelliges Wachstum an.
„Wir wollen daher nicht nur defensiv operieren, sondern die neuen Mittel gezielt in die Entwicklung des Produktes investieren“, erläutert Gerlinger. Die Entwicklung werde sich an den Anforderungen der Kunden orientieren. Dazu zählen vor allem Funktionen wie die Integration mit bestehenden Sicherheits- und Compliance-Lösungen.
An dem bestehenden Modell, neben einer Community-Version auch ein kostenpflichtiges Produkt anzubieten, soll sich nichts ändern. Mittelfristig wolle man aber überprüfen, welche Features, die in der Enterprise-Version verfügbar sind, in die Community-Version überführt werden.
[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]
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