SAP bekommt in einer Streitfrage über die Indirekte Nutzung von SAP-Produkten vor einem britischen Gericht Recht. Demnach müssen auch Nutzer, die nur indirekt, also über die Applikation eines Drittherstellers auf SAP zugreifen, voll für die Nutzung bezahlen.
Betroffen ist im aktuellen Fall der Getränkehersteller Diageo, der hinter Marken wie Smirnoff Vodka oder Guinness steht. Bis zu 55 Millionen Pfund mehr an Lizenzkosten drohen Diageo, weil das Unternehmen Nutzern von Salesforce erlaubt hatte auf Daten zuzugreifen, die in SAP gespeichert waren.
Laut dem Beschluss des Gerichts betreffen diese Namend-User-Lizenzen auch Anwendungen, die Nutzern nur indirekt Zugriff auf die Daten geben. Sollte das Urteil Bestand haben, dann sind alle SAP-Anwender, die Drittprodukte mit SAP integriert haben, von erheblichen Nachzahlungen betroffen. Theoretisch könnten sie sogar für jeden Besucher eines Online-Stores belangt werden.
Seit 2004 nutzt das Londoner Unternehmen Diageo die mySAP Business Suite. Seit 2011 hatte der Getränkehersteller zwei neue Systeme eingeführt, die auf Salesforce.com basieren. Beide greifen auf Informationen zu, die in SAP gespeichert sind.
Allerdings bekommen die Nutzer dieser beiden Lösungen keine SAP-Oberfläche zu Gesicht. Eine zweite Lösung erlaubt es Kunden, ihre Bestellungen abzugeben und zu verfolgen. Auch diese greift auf SAP-Informationen zu. Der Zugriff erfolgt laut den Gerichtsunterlagen über die SAP Exchange Infrastrukture, für das Diageo zusätzliche Lizenzkosten bezahlt.
Bislang war es strittig, ob Diageo damit ausreichend lizenziert ist. SAP erklärt, dass die Anwender, die über diese Schnittstelle auf mySAP zugreifen, eine Named User Lizenz benötigen. Riskant für Anwender ist aber auch die Möglichkeit, dass auch Kunden, die indirekt auf SAP zugreifen, solche Lizenzen erwerben müssen.
Derzeit ist das Urteil nur für das Vereinigte Königreich gültig. Allerdings sind die SAP-Lizenz-Bestimmungen weltweit harmonisiert und daher könnte dieses Urteil auch international zumindest eine Signalwirkung haben.
Fraglich aber ist derzeit noch, wie hoch die Nachzahlung für den Anwender ausfallen wird. Es kann derzeit noch nicht abschließend geklärt werden, wie viele Mitarbeiter und wie viele Kunden auf die SAP-Daten zugegriffen haben. SAP fordert derzeit knapp 55 Millionen Pfund nach.
Damit müsste das Unternehmen etwa so viel nachzahlen, wie es bereits für SAP-Produkte und -Services bezahlt hat. Zwischen 2004 und November 2015 sollen das zwischen 50 und 61 Millionen Pfund gewesen sein, wie der Anwender angibt. Über die exakte Höhe der Nachzahlung will das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Streit über die Indirekte Nutzung gibt es hierzulande vor allem bei Oracle-Lizenzen. Wie silicon.de-Gastautor Robert Fleuter in einem Gastbeitrag erklärt, ist die Indirekte Nutzung dieser Systeme eine zusätzliche Möglichkeit, die Nutzer zur Kasse zu bitten. Fleuter erklärt, dass im Fall von Oracle aber genau geprüft werden müsse, ob Oracle Anspruch auf zusätzliche Lizenzen hat.
Das aktuelle SAP-Urteil könnte nun weltweite für Verunsicherung unter SAP-Anwendern sorgen. Bereits 2015 gab es bereits Fragezeichen hinter dem Limited Professional User.
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