Die Marke Nokia hat sich in der vergangenen Woche nicht nur mit einem neuen Flaggschiff-Smartphone zurückgemeldet, sondern auch mit einer Kampfansage an die Konkurrenz. In einem Interview mit der Welt am Sonntag kündigte Florian Seiche, Chef von HMD Global, des finnischen Lizenznehmers der Marke Nokia, die Rückkehr in die Riege der weltweit führenden Smartphone-Hersteller an – und zwar in spätestens fünf Jahren.
„Unser Ziel ist es, innerhalb der kommenden drei bis Jahre wieder zu den Top-3-Smartphone-Herstellern zu gehören“, zitiert die Zeitung den Manager. „Zusammen mit Foxconn und mit unserer Marke können wir das schaffen.“
Dafür müssten HMD Global und Nokia jedoch zahlreiche andere und inzwischen zum Teil auch weltweit etablierte Marken überholen. Dazu gehören neben Huawei auch Oppo, Vivo und Xiaomi. Derzeit sollte Nokia zudem weniger Smartphones verkaufen als Lenovo/Motorola oder auch LG und Sony. Aber auch weitere weniger bekannte chinesische Marken müsste Nokia wahrscheinlich hinter sich lassen, um zu den beiden Platzhirschen Samsung und Apple aufzuschließen.
Die Expansion will HMD Global unter anderem mit dem Verkauf von Feature Phones finanzieren. Dieses Geschäft sei weiterhin profitabel. „Solange wir das Smartphone-Geschäft hochfahren, finanzieren diese Feature Phones einen Großteil unseres Geschäfts“, ergänzte Seiche. Zudem sehe er in aufstrebenden Märkten die Feature Phones als Sprungbrett für einen späteren Umstieg auf die Smartphones der Marke Nokia an.
Nokia gilt als einer der Erfinder des Smartphones oder zumindest Wegbereiter des Smartphonemarkts. Mit der Markteinführung des iPhone begann jedoch der Abstieg des finnischen Unternehmens, das weder mit der Weiterentwicklung des eigenen Mobilbetriebssystems Symbian, noch mit dem Umstieg auf Windows Phone der Konkurrenz durch Apple und die zahlreichen Android-Anbieter begegnen konnte.
Seiche bestreitet jedoch, dass das Fehlen konkurrenzfähiger Smartphone-Produkte von Nokia in den vergangenen Jahren der Marke ernsthaft geschadet hat. „Die Marke ist sehr lebendig, sie ist extrem bekannt.“ Viele Nutzer hätten weiterhin eine sehr emotionale Verbindung zur Marke Nokia.
Das von ehemaligen Nokia-Mitarbeitern gegründete HMD Global versucht seit Anfang des Jahres, mit einer inzwischen vier Geräte umfassenden Produktlinie wieder im Markt Fuß zu fassen. Um sich von anderen Android-Anbietern zu unterschieden setzt HMD Global, wie Motorola und inzwischen auch dessen Mutter Lenovo, auf ein nahezu unverfälschtes Stock-Android – also das Android, wie es Google seinen Partnern ab Werk anbietet. Der Verzicht auf eine eigene Oberfläche erlaubt es Herstellern, schneller neue Android-Versionen und auch die monatlichen Sicherheitsupdates auszuliefern – ein Kriterium, dass immer mehr Verbrauchern wichtig ist. Die neu aufgelegte Zusammenarbeit mit dem deutschen Optik-Spezialisten Zeiss soll zudem an die Erfolgsgeschichte früherer Kamera-Handys von Nokia anknüpfen. Sie galten stets als das Maß der Dinge in Sachen Fototechnik. Qualitativ hochwertige Kameras zählen zu den Standardausstattungsfunktionen zumindest von Premium-Smartphones.
Zudem kündigte Seiche an, vorerst keine Tablets oder Smartwatches unter der Marke Nokia anzubieten. „Wir konzentrieren uns erst einmal darauf, unsere Smartphone-Auswahl komplett zu bekommen und einiges an Zubehör anzubieten. Wenn wir in drei bis fünf Jahren zu den Top-Smartphone-Herstellern im Markt gehören wollen, müssen wir uns fokussieren.“
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3 Kommentare zu Smartphonemarkt: Nokia will zurück an die Spitze
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morituri te salutant
Sind doch keine sterbenden… Entweder bleiben sie tot oder stehen von den Toten auf. Also ein „de mortuis resurrexerit“
Korrektur: Nokia baut keine Smartphones, sondern das tut HMD Global unter der Marke Nokia.
Damit sind sie also beides: lebendig und tot zugleich, die Zombies unter den Smartphones.
Da sage mal einer, es gäbe keine Zimbies? ;-)
Kleiner Scherz: ich finde die HMD Global Strategie gut, denn ein komplett unverändertes Gerät mit (nahezu) Stock Android bringt beste Voraussetzungen für eine lange Updateversorgung mit. Für die Käufer ist das gut, selbst wenn sie diese Stand jetzt auf drei Jahre begrenzen.
Das kommt nur ganze acht Jahre zu spät. Hätte Nokia das damals gemacht, anstatt mittels Elop-Trojaner auf das tote Pferd windows Phone zu setzen, dann hätte Nokia vermutlich derzeit einen Marktanteil von 30% und würde an Samsungs Stelle den Massenmarkt und das Mittelklasse Segment dominieren.
Ob ihnen das jetzt noch gelingen kann, da bin ich skeptisch. Weil ja die anderen Android Hersteller dieser Strategie einfach folgen können, und damit würde das Alleinstellungsmerkmal ‚Stock Android‘ (ich weiß, dass Google Pixel das auch bietet) entfallen. Damals hatten sie noch die massive Marktmacht auf ihrer Seite, heute sind sie ein kleiner Fisch im Teich voller großer Fische.
Ich würde es ihnen aber gönnen. Weil sie so für Android Kunden langen Support durchsetzen können.
Schaut man sich die Foren z.B. bei Heise an, dann stellt man fest, dass sogar vor einigen Jahren überzeugte Android Fans von der mangelhaften Verorgung von Sicherheitsupdates abgestoßen sind. Und ich meine damit nicht, dass Google keine bereitstellen würde, sondern dass diese nicht auf den Geräten ankommen.
Ein Großteil der verkauften Android Smartphones, insbesondere im Niedrigpreisbereich, wird vom Verkauf weg veraltet bleiben, und nie auch nur ein Update sehen. Die Mittelklasse kriegt ein Update, aber dann war’s das auch. Mit viel Glück wird das Gerät dadurch nicht verhuntzt.
Ein Trauerspiel für die Kunden.