Die Firma Vangerow aus Reutlingen hat beim Kartellamt in Bonn Klage gegen Samsung eingereicht. Das Unternehmen aus Baden-Württemberg ist als Dienstleister für zahlreiche Reparaturbetriebe tätig. Seiner Ansicht nach ist das Verhalten von Samsung aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bedenklich. Allerdings ist Samsung mit seinem Geschäftsgebaren nicht alleine: An der Kartellklage gegen Apple arbeitet der Anwalt des süddeutschen Unternehmens bereits, bei Huawei hat er ähnliche Probleme festgestellt. Eine Kartellbeschwerde ist hier zumindest „denkbar“ wie ein Vangerow-Firmensprecher auf Anfrage gegenüber silicon.de erklärte.
Mit der Kartellklage gegen Samsung soll der Hersteller erstens dazu gezwungen werden, Ersatzteile für unabhängige Werkstätten überhaupt beziehungsweise besser verfügbar zu machen und sollen zweitens die Kartellbehörden dazu aufgefordert werden, die Preisgestaltung für Ersatzteile zu durchleuchten. Einem Bericht der WAZ zufolge müssen sich bei Ersatzteilen für Samsung-Geräte Reparaturbetriebe an den Zwischenhändler ASWO International Service wenden und dort deutlich höhere Preise zahlen.
Seit einiger Zeit wird ihnen die Beschaffung von Ersatzteilen, insbesondere Displays, zusätzlich dadurch erschwert, dass die nur noch unter Angabe der IMEI-Nummer bezogen werden können. Die Gründe dafür sind unklar, aus technischer Sicht ist diese Nummer, mit der ein Smartphone eindeutig identifiziert werden kann, für den Ablauf nicht erforderlich. Für die Reparaturbetriebe bedeutet das aber erhöhten Aufwand und für deren Kunden längere Wartezeiten, da sich Händler selbst für häufig zu reparierende Modelle keinen Vorrat im Lager anlegen können.
Denkbar ist, dass dadurch entweder der Standortvorteil kleiner Reparaturbetriebe zunichte gemacht werden soll, bei denen der Kunde theoretisch die Reparatur abwarten und das instandgesetzte Smartphone gleich wieder mitnehmen könnte. Eine andere Vermutung ist, dass die Angabe in eine Datenbank einfließt und auf der Grundlage der Reparaturvorgeschichte später möglicherweise Garantieleistungen verweigert werden könnten.
Situation für Reparaturbetriebe bei Apple-Geräten
Bei Apple, gegen das die nächste Kartellklage bereits vorbereitet wird, ist die Situation nach Auskunft der Firma Vangerow keineswegs besser. Hier werden nur wenige ausgewählte und autorisierte Betriebe überhaupt beliefert. Händler sollen sich an einen von zwei für sie autorisierte Service Partner wenden. Die sitzen in Sömmerda in Thüringen sowie in Flensburg. Dadurch muss das schadhafte Geräte auch in dem Fall versendet werden, die Reparaturzeit beträgt mehrere Tage statt einiger Minuten, die Attraktivität einer Reparatur und vor allem einer Reparatur bei einer freien Werkstatt wird auch durch diese restriktive Lieferpolitik deutlich reduziert.
Das Problem ist nicht auf Deutschland beschränkt. In den USA hat sich Anfang des Jahres Apple vehement gegen in mehreren Bundesstaaten in Vorbereitung befindliche Gesetzentwürfe gewehrt. Der Hersteller fürchtete einerseits Folgeschäden – etwa an den Akkus – durch unsachgemäß ausgeführte Reparaturen und malte in Bezug auf die in Nebraska eingebrachte Gesetzesvorlage das Schreckgespenst eines Hacker-Mekkas an die Wand. Immerhin kam der Konzern autorisierten Reparaturbetrieben im Frühsommer etwas entgegen, indem er ihnen Zugriff auf eine für die Reparatur zerbrochene iPhone-Displays erforderliche Spezialmaschine zugänglich machte. Deren Existenz hatte der Konzern zuvor nicht einmal offiziell bestätigen wollen.
Ersatzteilversorgung wie in der Automobilbranche angestrebt
Die von Apple beschworenen Gefahren sieht der Vangerow-Sprecher gegenüber silicon.de nicht. Seiner Ansicht nach sollte es in Deutschland technisch entsprechend vorgebildeten Personen – etwa Meistern in Elektroberufen oder Menschen mit einem technischen Studium – erlaubt und aufgrund der Beschaffungsmöglichkeiten für Ersatzteile auch möglich sein, Geräte wie Smartphones und Tablets zu reparieren. Er verweist dabei auf entsprechende Urteile, unter anderem des Bundesgerichtshofes, wonach zum Beispiel die Garantie nicht dadurch erlischt, dass ein Kundendienst in einer freien Werkstatt, statt wie vom Hersteller verlangt in einer Vertragswerkstatt durchgeführt wurde.
Außerdem behinderten die Hersteller durch ihr Geschäftsgebaren bei Ersatzteilen auch Reparaturen, die überhaupt nicht unter die Garantie fallen. Dazu gehören etwa ein durch Fallenlassen des Smartphones zerborstenes Display oder Reparaturen nach dem Ende der Garantiezeit.
Ganz so alleine, wie es zunächst scheint, steht Vangerow mit seiner Kartellklage nicht. Das Unternehmen ist Mitbegründer der Vereinigung Runder Tisch Reparatur. Die setzt sich auf politischer Ebene dafür ein, die Rahmenbedingungen für die Reparatur von Geräten aller Art generell zu stärken. Ihm gehören auch die Verbraucherzentrale Bundesverband sowie Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe an. Außerdem erfährt die Gruppe Unterstützung durch die Politik, vor allem Bündis90/Die Grünen Es ist daher damit zu rechnen, dass in den kommenden Monaten noch weitere Vorstöße in dieser Richtung folgen.
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