Netzneutralität: Generalstaatsanwälte wollen FCC-Entscheidung anfechten

Bundesstaaten quer durch die USA wollen gegen die Abschaffung der Netzneutralitätsregeln vorgehen. Sie könnten auch versuchen, mit eigenen Gesetzen die Verbraucher in ihrem Staat zu schützen - obwohl das die FCC mit ihrer Anordnung verhindern will.

Generalstaatsanwälte verschiedener US-Bundesstaaten wollen gegen die Entscheidung der US-Telekomaufsicht FCC klagen, die Netzneutralitätsregeln aufzuheben. Eric Schneiderman, der Generalstaatsanwalt von New York, sieht die ersatzlose Abschaffung der während der Regierungszeit von Präsident Barack Obama eingeführten Regeln als illegal an. Gemeinsam mit einer Gruppe von Generalstaatsanwälten von Bundesstaaten quer durch die USA will er gegen die von der FCC erlassene Anordnung vorgehen.

Internet (Bild: Shutterstock/LanKS)

„Internet Service Providern zu erlauben, aufgrund von Inhalten zu diskriminieren, untergräbt ein freies und offenes Internet“, heißt es in Schneidermans Ankündigung. „Die heutige Entscheidung wird Verbrauchern, kleinen Unternehmen und der Innovation ernsthaft schaden.“ Die Abschaffung der Netzneutralität gebe ISPs „neue Kontrollmöglichkeiten über das, was wir sehen, was wir tun, und was wir online sagen“. Das sei eine „Bedrohung für den freien Austausch von Ideen, der das Internet so wertvoll für unseren demokratischen Prozess gemacht hat“.

Eine ähnliche Ankündigung kam vom Generalstaatsanwalt von Washington. Berichten zufolge wollen sich auch die Bundesstaaten Oregon, Illinois, Iowa, Massachusetts und Kalifornien anschließen.

Ein Senator will außerdem eine Gesetzesvorlage im kalifornischen Senat einbringen für in seinem Bundesstaat gültige Netzneutralitätsregeln. Genau solche einzelstaatlichen Gesetzgebungen untersagt aber die umstrittene FCC-Anordnung und postuliert eine Rechtshoheit der Bundesbehörde. Bei den anstehenden Gerichtsverhandlungen wird daher mit Sicherheit auch eine entscheidende Rolle spielen, ob die US-Telekomaufsicht überhaupt befugt ist, einen Bundesstaat am Schutz der Verbraucher im eigenen Staat zu hindern.

Die Entscheidung der FCC fiel mit 3 zu 2 Stimmen gegen die Netzneutralität. Für die Rücknahme stimmten der republikanische FCC-Vorsitzende Ajit Pai sowie die beiden republikanischen Mitglieder des Gremiums – die Gegenstimmen kamen von den beiden demokratischen Mitgliedern. Der Beschluss tritt nicht sofort in Kraft, sondern erst 60 Tage nach der Veröffentlichung im Federal Register.

Gewinner einer aufgehobenen Netzneutralität wären insbesondere die Kabelnetzbetreiber Comcast und Time Warner Cable, die in den USA über ein flächendeckendes Duopol verfügen. In den meisten Regionen sind für die Kunden Breitband-Internetzugänge jeweils nur von einem dieser beiden Anbieter verfügbar. Problematisch ist auch, dass beide Provider zugleich im Mediengeschäft aktiv sind und versucht sein könnten, ihre eigenen Inhalte vorrangig zu behandeln. Weitere Klagen sind daher von Verbraucherschützern und Branchenverbänden zu erwarten.

Ein gerichtliches Nachspiel könnten auch die massiven Manipulationen in der Phase der öffentlichen Kommentierung haben, die der Entscheidung vorausging. Hier wurden von unbekannter Seite zwei Millionen Kommentare übermittelt im Namen von Personen, deren Identität gestohlen wurde. Da Identitätsdiebstahl in New York ein Verbrechen ist, ermittelte der Generalstaatsanwalt des Bundesstaats schon länger in dieser Angelegenheit. Schneiderman wirft der FCC vor, sich wiederholt geweigert zu haben, an dieser Untersuchung mitzuwirken. Mit ihrem dennoch vorangetriebenen Beschluss habe sie „die Täter belohnt, die das System mit betrügerischen Methoden manipulierten, um ihre eigene Agenda voranzubringen“.

Themenseiten: Federal Communications Commission (FCC), Internet, Kommunikation, Politik, Zensur

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2 Kommentare zu Netzneutralität: Generalstaatsanwälte wollen FCC-Entscheidung anfechten

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  • Am 18. Dezember 2017 um 9:07 von Gast

    Zitat: „Internet Service Providern zu erlauben, aufgrund von Inhalten zu diskriminieren, untergräbt ein freies und offenes Internet“

    ->Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig, was ich von der Entscheidung halten soll, aber man muß doch auch folgendes bedenken:
    -es sind die Netze der jeweiligen Betreiber, kein jedem gehörendes Gut
    -es wird, so zumindest mein Stand derzeit, auch weiterhin Alles übertragen, nur eben in unterschiedlicher Geschwindigkeit
    -auch auf herkömmlicher Infrastruktur ist es schon so, dass der, welcher am meisten Geld hat, das schnellste Auto fahren kann (oder zumindest kaufen ;-) ), oder die meisten LKW auf die Straße bringen kann, um somit am meisten seiner Ware am schnellsten von A nach B zu bringen

    • Am 18. Dezember 2017 um 12:09 von Klaus der Verärgerte

      Noch wird alles gleich behandelt, und wie würde es denn jemandem gefallen, wenn an jeder Ausfahrt einer Autobahn die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet, und entsprechend bei schnellerer Fahrt mehr bezahlt würde.

      Genau darum geht es ja: es wird nicht nur eine Maut möglich, sondern die Unternehmen können bei ähnlichen Services gezielt Wettbewerber schlechtstellen. Sie können von Anbietern von Services mehr verlangen, um ihre Daten zu bevorzugen. Netflix Videos gehen langsam durch, Maxdome Videos gehen schnell durch. Am Ende hat der Kunde das Nachsehen. Denn Maxdome muss dafür bezahlen, und holt sich das vom Kunden wieder.

      Auf Dein Autobahn Beispiel bezogen: wenn die Post mehr bezahlt, darf sie die mittlere Spur mit 120 km/h benutzen. Ansonsten muss sie die rechte nehmen und darf nur 80 km/h fahren. Und wer gar nix bezahlt, der darf nicht auf die Autobahn.

      Letzterer wäre raus aus dem Geschäft, denn wer würde denn auf sein Streaming Video eine halbe Stunde warten wollen, bevor es startet – und dann womöglich Aussetzer hat?

      Undemokratisch ist das zudem, denn man könnte nicht nur politisch unliebsame Dienste schlechterstellen, sondern dadurch auch Einfluss auf die Politik nehmen.

      Dieses ganze Schmierentheater ist ein Geschenk an einige wenige US Carrier, Anbieter von Telekommunikationsdiensten, derjenige, der das nun entschieden hat, hat lange für einen Carrier gearbeitet – und das ist das Ergebnis von dreckiger Lobbyarbeit.

      Die US Regierung ist käuflich. Daran besteht kein Zweifel mehr.

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