Corona-App: Contact-Tracing per Bluetooth anfällig für False Positives

Die Funktechnik liefert keine verlässlichen Daten zur Abstandsmessung. Eine Contact-Tracing-App erkennt bei bestehender Bluetooth-Verbindung zudem nicht, ob eine Person ein einem anderen Raum ist. Vor allem in Hochhäusern könnten die Daten ungenau sein.

Noch vor ihrem Start machen sich Zweifel an der Genauigkeit Bluetooth-basierter Contact-Tracing-Apps zum Kampf gegen die COVID-19-Pandemie breit. Unter anderem stellt die britische Politikerin Fiona Twycross, die als stellvertretende Bürgermeisterin von London für die Feuerwehr zuständig ist, die Genauigkeit solcher Apps in Frage. Ähnlich äußerte sich zuletzt auch eine Studie von Forschern des Trinity College in der irischen Hauptstadt Dublin.

Corona (Bild: Bundesgesundheitsministerium)In Großbritannien wird die Contact-Tracing-Technik derzeit auf der Isle of Wight getestet. Twycross befürchtet, dass die App zwar auf einer ländlich geprägten Insel funktioniert, nicht aber in einer Großstadt mit hoher Bevölkerungsdichte. „Wir alle können uns vorstellen, was in einem Hochhaus passiert, wenn man auf Bluetooth angewiesen ist – man erhält möglicherweise ungenaue Ergebnisse, oder Personen, die tatsächlich gar nicht miteinander in Kontakt waren, wird nachgesagt, dass sie engen Kontakt hatten.“

Twycross griff damit Bedenken von Experten auf, die darauf verweisen, dass die Signalstärke von Bluetooth durch verschiedene Faktoren beeinfluss werden kann, die wiederum keine Rückschlüsse auf die eigentliche Reichweite oder gar den Abstand zwischen zwei Geräten zulassen. Das belegt auch eine Studie irischer Forscher, wonach unter anderem entscheidend ist, wie ein Gerät gehalten oder wo es aufbewahrt wird – in einer Handtasche oder einer Hosentasche. Außerdem sei Bluetooth nicht in der Lage, Wände oder Fenster zu erkennen – die wiederum in der Lage sind, eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus zu verhindern.

In einem Hochhaus könne eine Tracing-App wahrscheinlich ein Signal aus einer benachbarten Wohnung empfangen und als direkten Kontakt auslegen, obwohl die Bewohner beider Wohnungen keinen direkten Kontakt hatten. Das könne in solchen Umgebungen gar eine Welle von False Positives, also falsch erkannter Kontaktpersonen, auslösen. Ihnen würde eine Tracing-App eine freiwillige Quarantäne nahelegen, obwohl gar kein Risiko einer Infektion bestand.

“ Bluetooth kann Barrieren oder Hindernisse nicht effektiv abschätzen. Wenn Sie angrenzende Schlafzimmer haben und diese durch eine Gipskartonwand voneinander getrennt sind, werden sie sich eine sehr gute Bluetooth-Verbindung teilen. Sie werden dort False Positives erhalten“, sagte Aidan Fitzpatrick, CEO von Reincubate, dessen Unternehmen die britische Contact-Tracing-App analysierte.

In Großbritannien wird zudem darüber spekuliert, ob diese Probleme mit Bluetooth für die wiederholte Verschiebung der britischen Corona-App verantwortlich ist. „Das Problem ist spezifisch für Bluetooth. Es gibt haufenweise Ungenauigkeiten. Wenn man mit 80 weiteren Personen in einem Hochhaus lebt, dann wird Bluetooth nicht funktionieren“, ergänzte Ross Anderson, Professor für Security Engineering an der University of Cambridge und Berater bei der Entwicklung der britischen Corona-App.

Fitzpatrick wies zudem darauf hin, dass es keine Rolle spiele, ob eine App auf einer eigenen Technik basiere, wie die britische App, oder die von Apple und Google bereitgestellte Programmierschnittstelle nutze, die die deutsche Corona-App. Beide Verfahren nutzen Bluetooth. „Die wichtigere Frage ist nicht, welches Framework zum Einsatz kommen soll, sondern ob Contact-Tracing über eine Lösung ist.“

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7 Kommentare zu Corona-App: Contact-Tracing per Bluetooth anfällig für False Positives

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  • Am 19. Juni 2020 um 15:23 von Gast

    Wer will, der darf sie ja nutzen.

  • Am 19. Juni 2020 um 0:05 von Marius Mueller

    Die App ist extrem vertrauenswürdig und ein vorbildlicher Ansatz. Falsch Positive gibt es nicht nur aus technischen Gründen, sondern man muss sich auch bei einem längeren Kontakt nicht zwingend anstecken. Diesen „Fehler“ nennt man allgemein Glück. Die App wird trotzdem helfen, Schläfer zu finden, die das Virus in sich tragen, es verbreiten und erst Tage später oder vielleicht auch überhaupt keine Symptome bekommen. Jeder einzelne, der schneller gefunden wird, ist ein unbezahlbarer Gewinn. Die App bietet vor allem die Möglichkeit, viel gezielter auf covid-19 zu testen. Wenn mich die App warnt, dass da vielleicht etwas war, ist das doch kein Todesurteil. Ich kann mich zumindest besser beobachten und mein Verhalten überdenken. Vielleicht in der den nächsten Tagen mal die Großeltern oder Freunde nicht besuchen oder mich sogar testen lassen. Dass die App komplett auf Freiwilligkeit und Vernunft setzt, ist genau der richtige Ansatz. Auch der einzige, der funktioneren kann.

  • Am 18. Juni 2020 um 9:32 von Gast

    Bruce Schneier schrieb dazu einen guten Kommentar.
    Wenn die App eben zu viele False Positives liefert, dann wird sie unglaubwürdig und damit nutzlos.

  • Am 16. Juni 2020 um 9:24 von Egal

    Passt doch alles, es werden auf jeden Fall alle erfasst, die es haben könnten. Darauf kommt es bei der App an. Anschließend kann man ja testen.
    Ich weiß echt nicht, wo das Problem liegt. Es ist ja nicht so, dass die Leute deswegen erschossen werden.

  • Am 16. Juni 2020 um 6:44 von ATZ

    Die App und Datenschutz passen nicht zusammen. Für mich wie eine Schadsoftware die ich nicht installiere.

    • Am 16. Juni 2020 um 23:02 von C3PO

      Da fände ich Ihre Gründe tatsächlich interessant. Der Code ist quelloffen und wurde vom Chaos Computer Club geprüft und für gut befunden. Die sind ja recht pingelig, und es kommt auch nicht so oft vor, dass sie in so Angelegenheiten was übersehen. Was genau ist es denn?

    • Am 18. Juni 2020 um 13:16 von Ronald Arnold

      Können Sie konkrete Angaben zu den Verstössen hinsichtlich IT Sicherheit und Datenschutz machen? Wenn nein, ist es eher ihr Unbehagen eine Tracing-App zu installieren. Die APP Vorteile bzgl. „surveillance and containment“ überwiegen bei weitem die Nachteile im Bereich Datenschutz.

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