Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin von VNC in Berlin und Verwaltungsrätin der VNC AG in Zug, sieht für VNC die jüngste Entscheidung der Datenschutzkonferenz die eigene Einschätzung bestätigt: „Herstellerexklusiv gehostete Closed-Source-Software ist prinzipiell nicht konform mit deutschem und europäischem Datenschutzrecht.
Das Ziel ist verfehlt, die Unsicherheit bleibt. Trotz umfangreicher Änderungen an den Nutzungsbedingungen („Products and Services Data Protection Addendum“) ist Microsoft 365 weiterhin nicht datenschutzkonform. Zu diesem ebenso richtigen wie vernichtenden Urteil kommt die aktuelle 104. Datenschutzkonferenz, in der die Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vertreten sind. Geschäftsführer und IT-Leiter, die Microsoft 365 in ihren Unternehmen einsetzen, verstoßen demnach nach wie vor gegen die DSGVO, riskieren also hohe Strafzahlungen und stehen mit einem Bein im Gefängnis. Gleiches gilt für Behörden, Organisationen und kritische Infrastrukturen (Kritis). Auch hier verbietet sich der Einsatz von Software, die nachweislich und erklärtermaßen gegen geltendes Recht verstößt, quasi von selbst.
Fast könnte man Mitleid haben mit einem Konzern, der verzweifelt versucht, aus seinem notorisch löchrigen Flaggschiff mit allerlei juristischem Flickzeug ein vermeintlich sicheres Datenvehikel zu machen – oder ihm zumindest diesen Anschein zu geben. Allein, mit sicherer, datenschutzkonformer Software hat dieser Schritt ebenso wenig zu tun wie mit der digitalen Souveränität der Nutzer. Das liegt an dem Grundproblem von Closed Source: Niemand weiß, was in der hermetischen Black Box tatsächlich passiert.
Keiner außer Microsoft selbst und einigen amerikanischen Behörden hat Zugriff oder Einblick. Was dort passiert, welche Daten wie, wann und von wem analysiert, genutzt und weitergegeben werden, bleibt exklusives Herrschaftswissen. Die Unvereinbarkeit von Microsoft 365 mit Datenschutzgesetzen ist also kein handwerklicher Fehler, sondern prinzipbedingt und unverzichtbarer Teil des Geschäftsmodells.
Wie es anders geht, zeigt Open-Source-Software: individuell adaptierbar, eigenständig kontrollierbar, unabhängig auditierbar und auf vielen Plattformen verfügbar. Statt blauäugig auf vollmundige, aber unkontrollierbare Versprechen vertrauen zu müssen, bleiben Nutzer mit Open Source die Herren ihrer eigenen Daten und werden nicht in eine rechtliche Grauzone mit alternativlosem Vendor-Lock-in gezwungen. Wer Vertrauen nicht mit Naivität verwechselt, liegt mit Open Source richtig.“
Elmar Eperiesi-Beck, Geschäftsführer von eperi, sieht es etwas anders: „Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Datenschutzkonferenz (DSK) festgestellt hat, dass der Einsatz des Cloud-Dienstes Microsoft 365 datenschutzwidrig ist. Damit hat die DSK ihr Urteil aus dem Jahr 2020 zu Recht bestätigt, denn Microsoft hat in den vergangenen zwei Jahren lediglich bei einigen Details nachgebessert, die grundlegende Anforderung der DSGVO (gem. Schrems II) aber nicht erfüllt. Insbesondere beanstandet die DSK, dass Microsoft nicht klar genug angibt, welche Daten von dem Unternehmen „für eigene Zwecke verwendet werden können.“
Der große Irrtum
Mit der folgenden Einschätzung liegt die DSK allerdings daneben: „Die naheliegende Möglichkeit der Verschlüsselung der verarbeiteten Daten ist regelmäßig nicht möglich, beispielsweise wenn die Daten im Browser angezeigt werden müssen. Microsoft hat somit regelmäßig und letztlich schon zur Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten die Möglichkeit, Daten im Klartext zu lesen.“ Angesichts der Tatsache, dass die DSK aus Datenschutzexperten besteht, die auch über ein grundlegendes Verständnis von IT verfügen sollten, überrascht diese Feststellung ebenso wie der technische Offenbarungseid „Für diesen Anwendungsfall ist es den Aufsichtsbehörden bislang nicht gelungen, ergänzende Schutzmaßnahmen zu identifizieren, die zu einer Rechtmäßigkeit des Datenexports führen könnten.“
Die Lösung
Für genau diesen Anwendungsfall (und prinzipiell jede Cloud-Anwendung) existiert eine Schutzmaßnahme, die zu einer Rechtmäßigkeit des Datenexports führt: der Einsatz eines Verschlüsselungs-Gateways, das die Daten codiert, bevor sie in die Cloud übertragen werden. Kurz gesagt sind Organisationen mit einem solchen Gateway selbst in der Lage, den unbefugten Zugriff auf Daten in der Cloud mit höchsten Sicherheitsstandards abzuwehren. Die Lösung gewährleistet, dass alle sensiblen Informationen sicher verschlüsselt werden, bevor sie an die Microsoft 365 Cloud übertragen werden. Nur autorisierte Personen in einer Organisation haben Zugriff auf die unverschlüsselten Daten. Auch Administratoren oder Mitarbeiter in externen Rechenzentren oder bei Microsoft können nicht im Klartext auf die Daten zugreifen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn ein Browser für die Anzeige der Informationen genutzt wird.
Die Verschlüsselung erfolgt ausschließlich innerhalb eines Unternehmens oder einer Behörde. Kritische Daten werden damit für Unbefugte wertlos, sobald sie in die Cloud übertragen werden. Beim Einsatz eines Verschlüsselungs-Gateways auf dem aktuellen Stand der Technik merken Endanwender keinen Unterschied und können die wichtigen Microsoft Office 365-Funktionalitäten innerhalb der Cloud DSGVO-konform nutzen.
Jetzt handeln
Die Fälle Schrems I und Schrems II des EU-Gerichtshofs (EuGH) haben ebenso wie die Beurteilungen durch die DSK wieder und wieder belegt, dass von US-amerikanischen Cloud-Dienst-Anbietern keine DSGVO-konformen Angebote zu erwarten sind. Dazu sind sie schon rechtlich gar nicht in der Lage, weil die US-Regierung immer einen Zugriff auf Daten einfordern wird, wenn sie diesen als „verhältnismäßig“ betrachtet. So gerade wieder geschehen in Joe Bidens Executive Order zum Datenschutz-Abkommen mit der EU. Wie Max Schrems bereits feststellte, haben die EU und die USA unterschiedliche Auffassungen darüber, was verhältnismäßig ist. Darum gilt es für Unternehmen und Behörden, das Menschenrecht auf Datenschutz jetzt ernst zu nehmen und die Sicherung sensibler Daten in der Cloud durch die Nutzung eines Verschlüsselungs-Gateways selbst in die Hand zu nehmen.“
Die Position von Microsoft
Stellungnahme von Microsoft Deutschland zur datenschutzrechtlichen Bewertung von Microsoft 365 durch die DSK:
Mit ihrem am 25.11.2022 veröffentlichten Bericht haben die unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) Bedenken in Bezug auf die Datenschutzkonformität von Microsoft 365 geäußert. Wir nehmen die Bedenken der DSK ernst. Jedoch halten wir viele der datenschutzrechtlichen Einschätzungen sowie die Schlussfolgerungen der DSK für grundlegend falsch.
Microsoft 365 ist datenschutzkonform einsetzbar. Bereits mit unserer Stellungnahme vom 17.08.2022 haben wir auf Bedenken von Datenschutzbehörden reagiert und erläutert, warum Microsoft Produkte und Dienste in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor (z. B. an Schulen) datenschutzkonform eingesetzt werden können. Wir haben Anregungen der DSK aufgenommen und am 15.09.2022 Verbesserungen an unserem Auftragsverarbeitungsvertrag (DPA) umgesetzt.
Dies unterstreicht, dass Microsoft auch weiterhin an einem konstruktiven und lösungsorientierten Austausch mit Datenschutzbehörden interessiert ist. Im Interesse der Transparenz befürwortet Microsoft die Veröffentlichung des detaillierten Berichts der DSK zum DPA vom 19.09.2022 (abzüglich gezielter Auslassungen zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen) zusammen mit den damaligen detaillierten Anmerkungen von Microsoft.
Technologie für Europa
Microsoft ist sich seiner Verantwortung als globaler Technologieanbieter mit mehr als einer Milliarde Nutzern in 140 Ländern bewusst. Die Cloud muss sicher sein und Datenschutz und digitale Souveränität respektieren. Dazu gehört, Europa bei der Umsetzung seiner digitalen Ambitionen zu unterstützen. Deshalb bieten wir Technologielösungen an, die europäischen Gesetzen und Erwartungen (in Bezug auf Sicherheit und Datenlokalisierung) entsprechen.
Bereits jetzt speichert Microsoft Kundendaten weitgehend regional in Rechenzentren in der EU. Zusätzlich – über die gesetzlichen Anforderungen hinaus – wird die Microsoft EU Datengrenze bald in der EU ansässigen Kunden aus dem öffentlichen Sektor und Unternehmenskunden ermöglichen, ihre Daten innerhalb der EU zu speichern und auch zu verarbeiten.
Die EU-Datengrenze wird Datenflüsse nach außerhalb der EU maßgeblich reduzieren und noch größere Transparenz mit detaillierter Dokumentation zu verbleibenden, notwendigen Datenflüsse herstellen.
MICROSOFTS ANTWORTEN AUF DIE BEDENKEN DER DSK
(1) Welcher Auslegungsmaßstab für die DS-GVO?
- Der Bericht der DSK wirft zunächst die grundsätzliche Frage auf, mit welchem Maßstab die DS-GVO auf konkrete, praktische Fragen anzuwenden ist.
- Einige Datenschutzbehörden in Deutschland scheinen die DS-GVO übermäßig risikoscheu und die Pflichten von Verantwortlichen ausufernd auszulegen.
- Verantwortliche agieren jedoch nicht in einer isolierten oder akademischen Datenschutzwelt. Die Ziele des Datenschutzes wollen sie praxisgerecht und regelkonform erreichen und gleichzeitig ihre dringlichen Aufgaben zum Wohle von Bürgern, Verbrauchern, Schülern etc. erfolgreich meistern.
- Ein ausufernder Aufsichtsansatz, der keinen Betroffenenschutz mehr verfolgt, macht Datenschutz zum dogmatischen Selbstzweck. Er überfordert und lähmt Verantwortliche (z. B. Schulleiter bei der Erstellung einer Datenschutz-Folgenabschätzung).
- Auch bremst er die erfolgreiche Digitalisierung Deutschlands und die Strategie für einen digitalen Aufbruch der Bundesregierung. Es drohen ein nicht zu verantwortender Rückstand des deutschen Bildungssystems und der Digitalisierung der deutschen Verwaltung.
(2) Anforderungen an die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DS-GVO
Bedenken der DSK: Microsoft legt nicht vollumfänglich offen, welche Verarbeitungen im Einzelnen stattfinden. Verantwortliche können auf dieser Grundlage ihren Rechenschaftspflichten nach Art. 5 Abs. 2 DS-GVO nur schwer nachkommen.
Antwort von Microsoft:
(a) Ausufernde Erwartungen an die Rechenschaftspflicht
- An die Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen dürfen keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden: Kunden müssen die technische Funktionsweise von Microsoft 365 nicht vollständig verstehen. Die reine technische Umsetzung kann durch den Auftragsverarbeiter selbst in gewissem Rahmen bestimmt werden.
- Eine ausufernde Erwartung an Verantwortliche ist praxisfern und blockiert technischen Fortschritt, selbst wenn dieser der Verbesserung der eingesetzten Technologie oder ihrer Sicherheit dient.
- Microsoft 365 ist eine leistungsstarke Produktfamilie mit einer Vielzahl an Funktionalitäten (Microsoft Teams, Word, Excel, PowerPoint und mehr). Als Gesamtlösung ist Microsoft 365 notwendigerweise technisch komplexer als eine Teillösung (z. B. nur Videotelefonie).
(b) Detailgrad der von Microsoft bereitgestellten Dokumentation
siehe z.B. den Europäische Datenschutzausschuss und seine „Guidelines 07/2020 on the concepts of controller and processor in the GDPR”, Rn. 40: „Essential means” are traditionally and inherently reserved to the controller. While non-essential means can also be determined by the processor, essential means are to be determined by the controller. […] “Non-essential means” concern more practical aspects of implementation, such as the choice for a particular type of hard- or software or the detailed security measures which may be left to the processor to decide on.”).
- Microsoft stellt die nötige Transparenz über Verarbeitungstätigkeiten durch umfangreiche Dokumentation her. Diese ist teils für die Öffentlichkeit und teils nur für Kunden zugänglich. Noch mehr technische Details über die bereitgestellte Dokumentation hinaus schaffen keine größere Klarheit für Verantwortliche.
- Die DSK hat nach unserem Eindruck im Rahmen ihrer Untersuchung den vollen Umfang dieser Kunden zur Verfügung stehenden Dokumentation nicht beachtet. Es bleibt unklar, in welchem Detailgrad Verantwortliche die technische Funktionsweise von Microsoft 365 nach Auffassung der DSK verstehen müssen, um ihren Rechenschaftspflichten nachzukommen.
(3) Festlegen des Vertragsgegenstandes
Bedenken der DSK: Microsoft sieht programmatisch im DPA keine ausreichende Konkretisierung der durch den Kunden intendierten Verarbeitungstätigkeiten vor, und dies genügt nicht Art. 28 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO.
Antwort von Microsoft:
- Microsoft teilt diese Einschätzung der DSK nicht. Das DPA enthält Informationen gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO im Abschnitt „Verarbeitungsdetails“ (welcher auf das Verarbeitungsverzeichnis des Kunden gemäß Art. 30 DS-GVO verweist) und in Anhang B. Dies entspricht den Anforderungen des unabhängigen ISO/IEC 19944 Standards an die Darstellung von Datenerhebungskategorien und Nutzungszwecken im Kontext der Cloud.
- Die Kontrolle über diese Verarbeitungsdetails liegt beim Kunden. Er bestimmt, welche Daten er wie lange für welchen Zweck in der Microsoft Cloud verarbeiten möchte.
- Das DPA und die standardisierte Leistungserbringung der Microsoft Cloud sind darauf ausgerichtet, alle legalen vertragsgemäßen Verarbeitungen durch Kunden zu ermöglichen. Deshalb würde eine weitere Konkretisierung der „Verarbeitungsdetails“ keine Änderung der Leistungserbringung durch Microsoft zur Folge haben. Microsoft erfüllt unabhängig von den Datenkategorien den gleichen hohen Standard an Sicherung, Sicherheit und Funktionalität.
- Eine weitere Konkretisierung im DPA würde in der Praxis dazu führen, dass die gemachten Angaben regelmäßig veralten und somit unrichtig würden.
(4) Verarbeitungen für Geschäftstätigkeiten von Microsoft
Bedenken der DSK: Das DPA enthält unzureichend eingegrenzte Verarbeitungsbefugnisse der möglichen Geschäftstätigkeiten, und dies stellt öffentliche Stellen bei der Erfüllung ihrer Rechenschaftspflichten vor erhebliche Hindernisse.
Antwort von Microsoft:
(a) Widersprüchliche Auslegung der DS-GVO seitens der Behörden in Europa
- Wie die DSK anerkennt, beurteilen europäische Aufsichtsbehörden unterschiedlich, in welcher Position (Verantwortlicher oder Auftragsverarbeiter) Cloud-Anbieter im Zusammenhang mit der Diensterbringung personenbezogene Daten verarbeiten dürfen.
- Dieser unaufgelöste Dissens der nationalen Behörden stellt international agierende Unternehmen vor eine faktisch unüberwindbare Hürde.
(b) Rechtsgrundlage
- Microsoft aggregiert lediglich pseudonymisierte, personenbezogene Daten und berechnet Statistiken bezogen auf Kundendaten. Dies resultiert in nicht-personenbezogenen Daten, welche Microsoft dann für folgende Geschäftstätigkeiten nutzt: (i) Abrechnungs- und Kontoverwaltung, (ii) Vergütung, (iii) interne Berichterstattung und Geschäftsmodellierung und (iv) Finanzberichterstattung. Die Rechtsgrundlagen, die bereits den Einsatz von Microsoft 365 durch den Verantwortlichen (Kunden) rechtfertigen, decken auch diese Vorgänge ab. Microsoft wird seine Kunden durch geeignete Unterlagen und Dokumentation zu dieser Auffassung unterstützen.
- Die DSK übersieht auch, dass der Auftragsverarbeiter selbst Adressat der Verpflichtungen gemäß Art. 32 DS-GVO ist und für deren Durchführung nicht von einer Rechtsgrundlage des Verantwortlichen abhängig sein kann. Dies betrifft mindestens Aspekte der Weiterentwicklung, Produktstrategie und Kapazitätsplanung. Es ist daher widersprüchlich und nicht im Einklang mit der Systematik der DS-GVO, (i) Verantwortlichen Verarbeitungen und Maßnahmen zuzurechnen, zu deren Erbringung Auftragsverarbeiter verpflichtet und durch eine eigenständige Bußgeldnorm bedroht sind und (ii) für diese falsch zugeordneten Verarbeitungen und Maßnahmen dann eine fehlende Rechtsgrundlage anzumahnen.
(c) Keine „eigenen Zwecke“ losgelöst von Kundeninteressen
- Von „eigenen Zwecken“ Microsofts zu sprechen ist irreführend. Die Verarbeitung für Geschäftstätigkeiten ist durch die Bereitstellung der Produkte und Dienste an den Kunden veranlasst und erfolgt auch im Interesse der Kunden.
- Die vorgesehenen Geschäftstätigkeiten sind notwendiger Teil der Bereitstellung,
Abrechnung und Planung jedes komplexen Cloud-Produktes, nicht nur bei Microsoft. Microsoft hebt sich durch seine Transparenz in dieser Frage hervor.
- Die DSK hat Bedenken geäußert, dass der Text des DPA (Stand 15.09.2021) Microsoft zu weitgehende Rechte einräume. Daraufhin hat Microsoft die Formulierungen im DPA (Stand 15.09.2022) eingeschränkt. Die genaueren Formulierungen entsprachen ohnehin der tatsächlichen, eingeschränkten Praxis Microsofts in Bezug auf diese Verarbeitungen.
(d) Rein akademische Diskussion
- Die datenschutzrechtliche Relevanz der Geschäftstätigkeiten ist minimal:
o Microsoft greift nicht auf Inhaltsdaten von Kunden zu;
o Wie oben dargestellt, ist zum Zeitpunkt der Nutzung der nicht-personenbezogenen Daten für die Geschäftstätigkeiten von Microsoft der Anwendungsbereich der DSGVO bereits verlassen; und
o Microsoft sagt Kunden im DPA zu, dass (i) die Datennutzung minimiert wird (etwa durch die Pseudonymisierung bereits bei der Erhebung) und (ii) keine Nutzung für sonstige (etwas Werbe- oder Profilierungszwecke) erfolgt.
- Bei vernünftiger Betrachtung handelt es sich hier um eine rein akademische, den Interessen der Betroffenen und Kunden in keiner Weise dienende Diskussion um hoch standardisierte, industrietypische und datenschutzrechtlich neutrale Verarbeitungen.
- Die Aussage, ein Anbieter für die öffentliche Hand dürfe keine eigenen Zwecke verfolgen, ist jedenfalls in Bezug auf Microsofts Geschäftstätigkeiten rechtlich nicht haltbar. Sie steht
zumindest in dieser Pauschalität diametral im Gegensatz zur gesellschaftlich und politisch geforderten Digitalisierung der öffentlichen Hand.
(5) Mutmaßlicher Konflikt zwischen Weisungsbindung des Auftragsverarbeiters und Offenlegungs-Verpflichtungen drittstaatlichen Rechts (CLOUD Act, FISA 702)
Bedenken der DSK: Das DPA schränkt das Weisungsrecht des Kunden in Bezug auf Offenlegungen der im Auftrag verarbeiteten Daten ein.
Antwort von Microsoft:
- Weisungen an Auftragsverarbeiter bei Cloud-Diensten
- Das DPA wird zwischen Kunden und Microsoft vereinbart. Es enthält die allgemeinen
Weisungen sowie Modalitäten für weitere Weisungen des Kunden an Microsoft.
- Bei Cloud-Diensten ist es Industriestandard, dass (i) sich der Kunde die Erbringung der Dienste wie vertraglich und in der Produktdokumentation beschrieben als Weisung zu eigen macht; (ii) laufende Weisungen des Kunden über die Konfiguration und Nutzung des Dienstes durch den Kunden erfolgen; und (iii) darüber hinaus die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsanpassung besteht.
- Diese Art Weisungen zu erteilen ist nötig, damit Kunden die gewünschten Vorteile der Cloud nutzen können: Kunden wollen Teile des Betriebs ihrer IT an einen Anbieter von Multi-Tenant-Lösungen auslagern, um an Skaleneffekten (Kostenersparnis, Innovation etc.) Teil zu haben.
(b) CLOUD Act, FISA 702 etc.
- Es zeichnet sich bereits eine datenschutzrechtliche Lösung des gesamten Themenkomplexes nach Art. 45 DS-GVO ab: Die Europäische Kommission arbeitet zurzeit an einem Angemessenheitsbeschluss, wonach das Datenschutzniveau in den USA als angemessen bewertet werden soll. Grundlage dafür ist, dass die USA mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2022 bedeutende Änderungen an ihren Rechtsvorschriften vorgenommen haben und noch vornehmen werden, welche das Schrems-II-Urteil in vollem Umfang berücksichtigen.
- Herausgabeverlangen von Behörden außerhalb der EU betreffen nicht nur Microsoft:
Neben anderen amerikanischen Technologieanbietern können auch Anbieter mit Stammsitz innerhalb der EU (z. B. Unternehmen des DAX-Index) USÜberwachungsgesetzen unterliegen, etwa durch eine Präsenz in oder minimalen Kontakt mit den USA.
(6) Umsetzung technischer und organisatorischer Maßnahmen nach Art. 32 DS-GVO
Bedenken der DSK: Es bleiben Rechtsunsicherheiten, da die Garantien über „Sicherheitsmaßnahmen“ formal nur eine Teilmenge der vertragsgegenständlichen personenbezogenen Daten erfassen.
Antwort von Microsoft:
- Microsoft teilt diese Einschätzung der DSK nicht. Microsoft verpflichtet sich zur Einhaltung von TOMs für alle verarbeiteten Daten und dass die Maßnahmen den Anforderungen von ISO 27001, ISO 27002 und ISO 27018 entsprechen. Dies gilt für alle Services, insbesondere auch die sogenannten Non-Core Services, die im Übrigen in der Gesamtschau der vom DPA abgedeckten Leistungen eine sehr kleine Teilmenge bilden.
Weitere Details dazu finden Kunden im Service Trust Portal.8
- Zusätzlich enthalten das DPA und die Dokumentation im Service Trust Portal weitergehende Verpflichtungen zu TOMs für die wesentlichen Leistungsgegenstände: Core Online Services und Professional Services.
- Als Teil von Microsofts Bekenntnis dazu, die Vertragsbedingungen mit Hinblick auf Feedback von Aufsichtsbehörden und Kunden weiter zu verbessern, wird Microsoft untersuchen, ob weitere organisatorische Maßnahmen in die Vertragsbedingungen aufgenommen werden können, welche Microsoft in der Praxis bereits für personenbezogene Daten außerhalb von Kundendaten in Core Online Services und Professional Services anwendet.
(7) Löschung und Rückgabe personenbezogener Daten
Bedenken der DSK: Rückgabe- und Löschverpflichtung entsprechen nicht in jedem Fall den gesetzlichen Anforderungen aus Art. 28 Abs. 3 UAbs. 1 Satz 2 Buchstabe g DS-GVO.
Antwort von Microsoft: Das DPA ermöglicht dem Kunden sehr wohl in datenschutzkonformer Weise die Löschung sowie die Extraktion von Daten (die bei Cloud-Diensten die einzige einer Rückgabe entsprechende sinnvolle Option ist).
(8) Informationen über Unterauftragsverarbeiter
Bedenken der DSK: Microsoft informiert nur darüber, dass Änderungen an Unterauftragsverarbeitern geplant sind, nicht jedoch welche Änderungen konkret beabsichtigt sind. Die bereitgestellten Informationen sind nicht detailliert genug.
Antwort von Microsoft:
- Microsoft teilt diese Einschätzung der DSK nicht. Microsoft stellt Kunden jederzeit eine Übersicht der von Microsoft eingesetzten Unterauftragsverarbeiter zur Verfügung.
- Bereits in der Vergangenheit konnten Kunden Updates per E-Mail abonnieren.
- Darüber hinaus ist Microsoft dem Wunsch der DSK nachgekommen, ein Benachrichtigungsverfahren per E-Mail einzuführen, welches alle Kunden von Microsoft 365 aktiv über Aktualisierungen informiert. Diese Benachrichtigung verweist auf die online verfügbare Liste der Unterauftragsverarbeiter, welche Änderungen konkret und leicht nachvollziehbar benennt.
- Microsoft arbeitet bereits an einer detaillierteren Liste von Unterauftragsverarbeitern.
(9) Datenübermittlungen in Drittstaaten: Zusätzliche Schutzmaßnahmen entsprechend der Schrems II-Rechtsprechung
Bedenken der DSK: Die zusätzlichen Schutzmaßnahmen im DPA mit Bezug auf Datentransfers reichen nicht aus.
Antwort von Microsoft:
- Microsoft teilt diese Einschätzung der DSK nicht. Es ist rechtlich nicht geboten, jedes theoretische Restrisiko, etwa eines behördlichen Zugriffs im Drittstaat, im Zusammenhang mit einer internationalen Datenübermittlung auszuschließen.
- Microsofts EU-Datengrenze wird das aktuell bestehende Restrisiko durch maßgeblich reduzierte Datenflüsse (von Kundendaten und personenbezogenen Daten) nach außerhalb der EU weiter mindern.
- Der erwartete Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission wird die Notwendigkeit von zusätzlichen Schutzmaßnahmen für Datentransfers in die USA komplett entfallen lassen.
- Microsoft setzt gemäß Art. 32 DS-GVO und dem aktuellen Stand der Technik umfangreiche, differenzierte und wirkungsvolle technische und organisatorische Maßnahmen ein.
- Mit den vertraglichen Zusagen im DPA (vgl. insbesondere Anhang C) geht Microsoft über die rechtlichen Anforderungen hinaus, um die Daten seiner Kunden zu schützen.
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1 Kommentar zu Ist Microsoft 365 datenschutzwidrig?
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Zu „der Einsatz eines Verschlüsselungs-Gateways, das die Daten codiert, bevor sie in die Cloud übertragen werden“:
Es ist eine falsche Aussage, dass es die Lösung ist. Wenn es nur darum ginge, Dateien zu verschlüsseln, würde man DropBox oder ähnliches nutzen.
Eine sehr wichtige Komponente ist Volltext-Suche. Diese benötigt den originellen Text.
Für die meisten Benutzer ist die Volltext-Suche deutlich wichtiger, als die Verschlüsselung.