Der Roboter ist fraglos ein Erfolgskonzept. Allein in der globalen Industrie befinden sich derzeit mehrere Millionen Stück im Einsatz und zuletzt kamen alljährlich eine halbe Million neue Exemplare hinzu. Ohne diese digital gesteuerten Helfer hätten gleich mehrere Sparten ein veritables Problem.
Roboter schweißen unter anderem Autokarossen zusammen, bestücken Leiterplatten, setzen Ladung auf Paletten und zerlegen das lebensfeindliche Innere alter Kernreaktoren. Dabei ist der Roboter, sieht man von Legenden und nicht funktionalen Ideen ab, keine hundert Jahre alt.
Tatsächlich ist die vielfach wenig beachtete Frühzeit seiner Entwicklung besonders spannend – schon deshalb, weil es über lange Zeit an leistungsfähigen und einfach zu bedienenden Computern zur Steuerung mangelte.
Begriffskunde: Roboter, Manipulator und Co.
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Roboter stets um eine Maschine, die ergänzend oder anstelle des Menschen Arbeiten verrichtet – diese ist oftmals anstrengend oder gefährliche.
Schon der Name gibt darauf einen Hinweis: Er wurde 1920 vom tschechischen Kulturschaffenden Josef Čapek geprägt. In seiner Muttersprache bedeutet das Wort „robota“ bzw. „Robot“ so viel wie „Knechtschaft“, „Zwangsarbeit“, „Frondienst“, aber ebenso „Arbeiter“ bzw. „Diener“.
Doch während die meisten sich unter einem Roboter etwas vorstellen können, ist die begriffliche Definition bis heute heterogen – so definiert der Verein Deutscher Ingenieure den Roboter völlig anders als etwa die Robotic Industries Association. Die sicherlich umfassendste Angabe liefert die Japan Robot Association. Demnach unterscheiden sich sechs Roboter-Bauarten:
– Manueller Manipulator: Ein Arm, der direkt durch einen menschlichen Bediener gesteuert wird. Der Begriff Manipulator allein steht zudem für den die eigentliche Arbeit ausführenden Teil vieler Roboter.
– Roboter mit festem Bewegungsablauf: Repetitive Abläufe, die sich durch die Art der Abspeicherung nur komplex verändern lassen.
– Roboter mit variablem Bewegungsablauf: Repetitive Abläufe, die sich jedoch schnell abändern lassen.
– Playback-Roboter: Der Bewegungsablauf wird einmal vom Menschen vorgemacht und danach „abgespielt“.
– Numerisch gesteuerter Roboter: Seine Arbeitsweise wird durch die Informationen eines komplexen, vom Menschen erstellten Computerprogramms vorgegeben.
– Intelligenter Roboter: Er kann (meist zusätzlich) verschiedene Informationsgeber einsetzen, um auf Gegebenheiten seines Umfelds zu reagieren. Hierzu zählt beispielsweise der Cobot, der gezielt für eine (räumlich) enge Zusammenarbeit mit Menschen konzipiert wurde.
Weiterhin muss man zwischen ortsfesten und mobilen Robotern unterscheiden. Die Mehrheit aller heute wirtschaftlich genutzten Manipulatoren und Roboter ist ortsfest oder kann nur durch menschliche Interaktion den Standort wechseln. Bei einem mobilen Roboter ist eine selbstangetriebene Verlagerung möglich.
Mit dem Wissen um derartige Begrifflichkeiten und Unterschiede ist es nunmehr möglich, in die eigentliche Frühgeschichte einzusteigen. Sie begann bereits, als noch niemand einen einheitlichen Namen für diese Systeme ersonnen hatte.
Zwischen China und Da Vinci: Eine kurze Vorgeschichte
Selbst wenn der Mensch erst durch die industrielle und, später, digitale Revolution die technischen Grundfähigkeiten erlangte, um Roboter zu erschaffen, so reicht das grundsätzliche Konzept ungleich weiter in die Vergangenheit zurück.
In vielen antiken Kulturen, deren Sagen und Legenden, lassen sich Elemente erkennen, die ohne Interpretationsspielraum Hinweise auf Robotik geben. Zum Beispiel diese:
– In der griechischen Sage des Pygmalion wird die von ihm erschaffene Statue der Galatea lebendig. Ebenso soll der griechische Gott Hephaestus sprechende mechanische Mägde aus Gold erschaffen haben.
– In der chinesischen Folklore war schon mehrere Jahrhunderte vor der Zeitwende von humanoiden Maschinen die Rede. So etwa im Werk Liezi. Darin werden roboterähnliche Wesen erwähnt, die König Mu von Zhou erst unterhalten, dann aber seinen Zorn entfachen, als sie mit den weiblichen Mitgliedern seiner Entourage flirten.
– Im 4. Jahrhundert v. Chr. beschrieb der griechische Mathematiker Archytas von Tarent einen mechanischen dampfbetriebenen Vogel (mehr als 2.000 Jahre vor Erfindung der Dampfmaschine). Sein Landsmann Aristoteles träumte davon, durch Roboter dereinst menschliche Unterschiede zu verwischen und Sklaverei beenden zu können.
Es gibt noch weitere Beispiele. Doch obwohl einige davon revolutionär waren, so scheiterten sie alle an der praktischen Machbarkeit; nicht zuletzt in Sachen Mechanik.
Erst im Mittelalter änderte sich das, als die ersten komplexeren Zahnradgetriebe und, darauf basierend, mechanische Uhren entwickelt wurden. Schon im 13. Jahrhundert wurden derart angetriebene Glockenschläge in Europa populär und verschiedene Gelehrte versuchten sich an einfachen menschen- oder tierähnlichen „Robotern“.
Die komplexesten (und funktionellsten) Ideen dieser Zeit stammten jedoch vom Universalgenie Leonardo Da Vinci. Er konzipierte Ende der 1400er Jahre einen mechanischen Ritter, der unter anderem selbsttätig aufstehen konnte.
In den Folgejahrhunderten nahm das Thema mit zunehmender Technisierung immer mehr Fahrt auf. Angetrieben von Uhrwerk-ähnlichen Systemen wurden verschiedene Maschinen erschaffen, die teils hochkomplexe Bewegungen beherrschten. So erschuf etwa der Spielzeugmacher Jacques de Vaucanson für Frankreichs König Ludwig XV. automatische Enten, Trommler und Flötenspieler.
1747 schließlich veröffentlichte Julien Offray de La Mettrie „L’homme machine“ (Die Maschine Mensch). In dieser Arbeit hielt er durch die Behauptung, der Mensch sei prinzipiell eine große mechanische Uhr, nicht nur wichtige Gedanken zur Proto-Robotik fest, sondern auch zum Thema Transhumanismus.
Als im 19. Jahrhundert unter anderem Dampfantriebe und Elektrizität großmaßstäblich populär wurden, beflügelte das die Phantasien von Ingenieuren und Geisteswissenschaftlern gleichermaßen. Es entstanden bis heute bekannte Werke wie „!Frankenstein“ und die Geschichten des Jules Verne, die allesamt künstliche Menschen bzw. roboterähnliche Maschinen aufgriffen.
Zum Ende des Jahrhunderts führte Elektro-Pionier Nikola Tesla schließlich etwas vor, das heute leicht als ferngesteuerte Schwimmdrohne zu erkennen ist. Kritikern entgegnete er sinngemäß, dass das, was sie als „drahtlosen Torpedo“ ansahen, in Wahrheit mechanische Menschen seien, welche die anstrengende Arbeit der menschlichen Rasse übernehmen würden.
SciFi, Sicherheit und Forscherdrang: Was die Phantasien und Entwicklungen motivierte
Der Mensch träumte bereits von Robotern, lange bevor er nur im Entferntesten die simpelsten technischen Grundbedingungen beherrschte. Für viele Wissenschaftler ist das ein Nachweis, wie sehr bereits unsere Vorfahren die Limitierungen des Menschen verstanden und auf einer philosophischen Ebene von einem Ausweg träumten.
Dabei spielen einige Punkte über alle Kulturen und Epochen hinweg eine gleichbleibend große Rolle:
– Anstrengung: Menschliche Kraft ist limitiert und sehr abhängig von zahlreichen persönlichen Faktoren. Damals wie heute sind Maschinen und Roboter etwas, das buchstäblich „übermenschliche Leistungen“ ermöglicht – oder als unangenehm empfundene Tätigkeiten abnimmt.
– Wiederholgenauigkeit: Ähnlich wie bei der Kraft verhält es sich mit Faktoren wie Präzision und Konzentration. In den 1960ern etwa kamen die ersten Roboter auf, die das (Punkt-)Schweißen beherrschten – ein Teilbereich eines viel größeren und vielfältigeren Komplexes namens Schweißen und Löten. Dieser wird prinzipiell in drei Verfahren unterteilt, die sich durch ihre Arbeitstemperatur voneinander unterscheiden: Weichlöten (maximal 450° C), Hartlöten (zwischen 450 und ca. 1.538° C) und Schweißen (über 1.538° C, jeweils dem Schmelzpunkt der Legierung entsprechend). Alle drei Verfahren dienen dazu, Bauteile aus Eisenmetall mittels Hitzeeinwirkung unlösbar miteinander zu verbinden.
Das Schweißen ist komplex genug, dass bis heute nicht alles per Roboter derart gefügt werden kann. Zu dieser Funktion kam es primär, weil derartige Roboter nicht nur deutlich schneller punktschweißen können, sondern dabei niemals ermüden und dadurch „nachlassen“. Entsprechend sind die Schweißnähte bzw. -punkte stets auf gleichbleibendem Niveau.
– Sicherheit: Verschiedene Tätigkeiten in Krieg und Frieden bargen immer schon große Gefahr. Maschinen und Roboter waren (und sind) ein Ausweg, zumal sie besser kontrollierbar sind als etwa dressierte Tiere.
– Phantasie und Forscherdrang: Dinge zu erschaffen, die besser sind als der Mensch, ist seit Jahrtausenden ein zutiefst menschlicher Triebmotor. Hierbei vermischen sich so unterschiedliche Themen wie Selbstwahrnehmung, Philosophie und nicht zuletzt Phantasie. So sind Roboter bis heute ein gängiges literarisches Stilmittel – wahlweise als nützliche Helfer oder Gegner.
Beschäftigt man sich tiefer mit dem Thema, fällt zudem die große Dualität in dieser Mensch-Maschine-Beziehung auf. Einerseits träumen Menschen schon seit vielen Jahrhunderten von Robotern, die ihnen das Leben irgendwie erleichtern oder vielleicht sogar Unsterblichkeit ermöglichen. Andererseits besteht nach wie vor die Angst, durch die Maschine ersetzt oder bekämpft zu werden.
Denken wir etwa an das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert. Damals zeigten beispielsweise die Bücher der Oz-Saga bereits verschiedene positive und negative Facetten von Robotern. Die Menschheit staunte über den ersten echten Schachroboter und hatte gleichsam panische Angst vor angreifenden Robotern, etwa in „Krieg der Welten“.
Bis heute lässt sich jedoch eines nicht verleugnen: Der Forscherdrang ist definitiv größer als die Sorge. So war es schon, als andere Entwicklungen erstmals etwas ermöglichten, das mehr war als bloß Phantastereien oder eher simple mechanische Konstrukte.
Der Telemanipulator: Von Waldos und heißen Zellen
Das wichtigste Wesensmerkmal von Robotern besteht darin, das zu tun, was der Mensch möchte – und zwar mindestens so gut wie er selbst. Insofern waren alle Entwicklungen bis in die 1940er hinein definitiv wegweisend, aber keine wirklichen Roboter im Wortsinn.
Eine der wichtigsten Erfindungen begann im Jahr 1945. Insbesondere durch das angebrochene Atomzeitalter und ein stark gestiegenes Verständnis für die biologischen Effekte von Radioaktivität gewann der Schutz vor dieser Strahlung an Bedeutung. Gleichsam war es nötig, sicher mit stark strahlenden Materialien hantieren zu können.
In dieser Zeit wurde die sogenannte Heiße Zelle bzw. Hot Cell entwickelt: Ein stark abgeschirmter Raum, in den Forscher von außen hineinblicken und über spezielle Systeme dortige Gegenstände handhaben können. Zunächst geschah dies über komplexe mechanische Gestänge. Aber:
– Sie benötigten eine anstrengende Armhaltung,
– waren keinesfalls instinktiv zu bedienen und
– dadurch fehleranfällig – sehr schlecht im Angesicht stark strahlender Gegenstände.
1945 schrieb das Argonne National Laboratory eine Neuentwicklung aus. Ziel war ein System, das sich in natürlicher Haltung bedienen ließ und deutlich mehr Sicherheit bot.
Es entstand der Master-Slave Manipulator Mk.8. Der erste wirklich leistungsfähige manuelle Manipulator (oder Telemanipulator). Ein System, das komfortabel alle menschlichen Armbewegungen in entsprechende mechanische Bewegungen umsetzte – und dadurch nebenbei den Grundstein für sämtliche robotisch gesteuerte Manipulatoren legte.
Schnell hatte die wissenschaftliche Community das MSM-8 abgekürzte System in Waldo umbenannt – nach einer Romanfigur des SciFi- und Robotik-Vordenkers Robert A. Heinlein.
Das setzte einen großen Entwicklungsschub in Gang. Innerhalb weniger Jahre entstanden immer weiter verbesserte Waldos. Darunter solche, die keinerlei mechanische Verbindung zum Bediener mehr besaßen, sondern nur noch elektrische oder hydraulische Steuersignale empfingen. Bis heute werden derartige manuelle Manipulatoren in zahlreichen Bereichen genutzt. Sie spielten zudem immer wieder eine Rolle bei der Entwicklung selbsttätiger Roboter – in diesem Fall als Telerobotics bezeichnet. Also zumindest zeitweilig menschlich fernbediente Roboter.
Die 1940er: Asimov und Schildkröten
Die 1940er waren aus mehreren Gründen ein extrem wichtiges Jahrzehnt auf dem Weg zum modernen Roboter:
– Der Zweite Weltkrieg (1939 bis 1945) sorgte in zahlreichen wissenschaftlichen und technischen Gebieten für teils enorme Entwicklungssprünge.
– Es wurden bahnbrechende Grundlagen rund um das Thema elektronische Datenverarbeitung erschaffen.
– Das menschliche zentrale Nervensystem wurde immer besser verstanden und wurde dadurch zum wichtigen Vorbild bei der Entwicklung von Kybernetik.
– Es entstanden die ersten modernen, digital arbeitenden, programmierbaren Computer und dadurch Systeme, die bislang ungekannte Datenmengen in kürzester Zeit verarbeiten konnten.
– Immer häufiger wurden rein elektronische Schaltkreise konstruiert, wo zuvor rein mechanische oder elektromechanische Systeme genutzt wurden.
Man könnte zweifelsohne ganze Bücher allein mit für die Robotik wichtigen Erfindungen und Trends der 1940er füllen. Es genügt jedoch bereits, auf zwei besonders herausragende Dinge zu verweisen – neben dem bereits angesprochenen Telemanipulator:
1942: Der wichtige SciFi-Autor Isaac Asimov veröffentlicht seine Kurzgeschichte „Runaround“ – eines von vielen seiner Werke, die sich mit Robotik befassen. Diese Geschichte ist deshalb von Bedeutung, weil der US-Amerikaner darin drei maßgebliche Robotergesetze aufstellte. Sie sind bis heute eine Art „Code of Conduct“ nach dem Roboter entwickelt und betrieben werden:
– Ein Roboter darf keinen Menschen verletzten oder ihn durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen.
– Ein Roboter muss menschlichen Befehlen gehorchen, sofern sie nicht im Widerspruch zum ersten Gesetz stehen.
– Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieser Schutz nicht im Konflikt zu dem ersten oder zweiten Gesetz steht.
Nachdem Roboter jüngst, nicht zuletzt durch die Entwicklungssprünge künstlicher Intelligenz, so extrem leistungsfähig wurden, diskutieren Experten zwar die Notwendigkeit für weitere Regeln. Die drei Asimov’schen Gesetze sind jedoch die wichtigste Grundlage, nach der überhaupt eine Regulierung begann.
1949: Der britische Neurophysiologe und Robotiker William Grey Walter beendet die Konstruktion seiner beiden Roboter Elmer und Elsie – die Namen stehen für ELectroMEchanical Robot, Light-SensItivE. Aufgrund ihrer Formgebung und der Bewegungsart ziehen Zeitgenossen rasch Parallelen zu Schildkröten. Wohl sind automobile Roboter zu diesem Zeitpunkt keine Neuheit mehr, Walters Konstruktionen sind dennoch revolutionär. Denn es sind die ersten Roboter, die „denken“ können.
Dafür tragen sie je einen Sensor für Berührungen und Licht. Diese sind mit dem Antrieb verschaltet. Dadurch sind sie in der Lage, sich selbsttätig um Hindernisse herum und auf einen bestimmten, hell erleuchteten Punkt zuzubewegen. Elmer und Elsie gaben hierdurch wichtige Denkanstöße – auch für die Entwicklung künstlicher Intelligenz.
Die 1950er und 1960er: Zwischen Transistoren, wahnwitzigen Ideen und industriellen Anwendungen
1947 wurde die wahrscheinlich wichtigste einzelne Erfindung auf dem Weg in die digitale Zukunft getätigt – der Transistor. Als dieser Halbleiter in den darauffolgenden Jahren einen gigantischen Durchbruch erlebte, konnte die Robotik in seinem „Sog“ ebenso erblühen.
Der erste sichtbare Effekt war Populärliteratur. Waren Roboter zuvor nur in Science-Fiction-Werken ein Thema gewesen, hielten sie nunmehr Einzug in gänzlich andere Genres; etwa in diejenigen der westlichen und japanischen Comics.
Erneut gab es in diesen beiden Jahrzehnten extrem wichtige Entwicklungen. Daher werden im Folgenden nur diejenigen genannt, die besonders bedeutend bzw. beispielhaft für diese Epoche waren:
1951: William Grey Walter veröffentlicht das Papier „A Machine That Learns“. Hierin dokumentiert er, wie seine bisherigen Roboter-Entwicklungen konditioniert wurden und dadurch ein (naturgemäß rudimentäres) Lernverhalten zeigten. Ähnlich wie Elmer und Elsie ein weiterer wichtiger Impuls für künstliche Intelligenz.
1954: US-Erfinder George C. Devol erfindet den Unimate. Es ist nicht weniger als der erste echte Industrieroboter. Über Befehle, die in einem magnetischen Trommelspeicher abgelegt sind, kann Unimate einen Manipulator bewegen. Dieser ist in der Lage, seinerzeit hochkomplexe Bewegungen durchzuführen.
Im Jahr 1961 wird Unimate erstmalig in einer Fabrik des US-Autoherstellers General Motors genutzt. Dort ist der Roboter dafür zuständig, Gussteile von einem Laufband zu entnehmen und sie in ein Becken mit Kühlflüssigkeit zu legen – ein Job, der menschliche Arbeiter sowohl den Gefahren von großer Hitze als auch giftigen Dämpfen aussetzt.
Im selben Jahr zeigt der Roboter in der Tonight Show im US-Fernsehen allerdings, dass er noch deutlich mehr kann. Unter anderem schlägt er einen Golfball in eine Tasse und schenkt ein Getränk ohne Verschütten ein.
1956: Die US-Luftwaffe startet das Projekt Supersonic Low Altitude Missile (SLAM). Eine über einen offenen Kernreaktor angetriebene Drohne bzw. Marschflugkörper mit mehreren Tagen Flugzeit. Sie soll im Tiefstflug mit dreifacher Schallgeschwindigkeit selbsttätig zu vorgespeicherten Zielen navigieren und dort Atomwaffen abwerfen, bis das System durch allgemeine Überlastung versagt.
Für die Robotik ist das Projekt deshalb so bedeutend, weil die gesamte Mission vollautonom stattfinden soll. Extra dafür wird das erste automatische System für den Gelände-Kontur-Abgleich entwickelt. Ein Radar vergleicht Bilder der Geländeformationen mit abgespeicherten Terrain-Informationen. Das gestattet bislang ungekannte Präzision.
Projekt SLAM ist zudem deshalb eine Gratwanderung, weil die gesamte Elektronik unter extremer Belastung durch hohe Temperaturen und Radioaktivität funktionieren muss: Aus Gewichtsgründen ist der Pluto genannte Reaktor nicht abgeschirmt.
1964 wird das Projekt beendet, weil herkömmliche Raketen bessere Leistungen erbringen und schneller das Ziel erreichen. Ferner wird die gesamte Herangehensweise mit dem offenen Reaktor als politisch untragbar erachtet – unter anderem könnten flugfähige Prototypen nur unter größten Sicherheitsvorkehrungen getestet werden.
1963: Das kalifornische Rancho Los Amigos Hospital entwickelt den Rancho Arm. Ein über sechs Gelenke verfügender Manipulator, der helfen soll, gehbehinderte Menschen leichter zu bewegen. Durch die vielen Gelenke lässt er sich wie ein menschlicher Arm bewegen
1969: Nachdem die Trommelspeicher-gesteuerten Roboter von George Devols Firma Unimation in den zurückliegenden Jahren bereits erste Erfolge feiern konnten, entwickelt Stanford-Student Victor Scheinman den Stanford Arm. Sein Wesenskern: Es ist der erste Roboter, der wirklich durch einen Computer gesteuert wird. In Tests einige Jahre später ist der Arm dazu in der Lage, die Wasserpumpe eines Ford Model T im Alleingang zusammenzubauen, indem er sich selbst mit Licht- und Berührungssensoren steuert.
An diesem Punkt endet die Frühphase der Robotik. Denn in diesem Zeitraum, Ende der 1960er, Anfang der 1970er, begann der Siegeszug des Industrieroboters – vor allem in der Automobilfertigung und in westlichen Staaten mit Personalknappheit.
Eine Entwicklung muss allerdings noch beleuchtet werden, da sie so maßgeblich war. 1970 lancierte SRI International – auch bekannt als Stanford Research Institute – den Roboter Shakey.
Aus heutiger Sicht handelte es sich um den weltweit ersten durch eine echte (Proto-)KI gesteuerten Roboter. Über eine TV-Kamera, einen Laser-Entfernungsmesser sowie Berührungssensoren kann sich Shakey im Raum zurechtfinden. Gleichsam verarbeitet die KI STRIPS die Eingaben, wandelt sie in Steuerbefehle um, die wiederum zum Roboter gesendet werden.
Dadurch konnte Shakey für die damalige Zeit Aberwitziges machen. Gab man ihm etwa den Startbefehl „Ziehe einen Block von der Plattformkante zurück“, konnte der Roboter selbsttätig Folgendes tun:
1. autonom eine Plattform mit einem Block finden;
2. eine Rampe suchen, die ihm Zugang ermöglichte;
3. um Hindernisse herum einen passenden Weg finden;
4. den kippgefährdeten Block in sicheren Abstand zur Kante ziehen.
Zur Einordnung dieser Leistung: 1972 wurde eines der frühesten „richtigen“ Videospiele der Welt in Form von Pong veröffentlicht – die wahrscheinlich simpelste Tennis-Simulation aller Zeiten.
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