Wie digital sind Deutschlands Bundesländer? Darauf will der neu aufgelegte Länderindex des Digitalverbands Bitkom eine Antwort geben. Mit mehr als 1.200 Datenpunkten erfasst und qualifiziert das Digitalranking die Bundesländer in den Bereichen „digitale Wirtschaft“, „digitale Infrastruktur“, „Governance & digitale Verwaltung“ sowie „digitale Gesellschaft“.
Demnach erreicht Hamburg 73,5 von 100 möglichen Punkten und das zweitplatzierte Berlin 71,5 Punkte. Bayern folgt mit etwas Abstand und erzielt 66,9 Punkte. Platz 4 im Gesamtranking geht an Baden-Württemberg mit 64,5 Punkten. Hessen (64,0 Punkte), Nordrhein-Westfalen (61,9 Punkte) und Schleswig-Holstein (61,2 Punkte) folgen auf den Plätzen 5 bis 7.
Die dahinter liegenden Bundesländer erreichen im Ranking weniger als 60 Punkte: Sachsen (59,5 Punkte) auf Platz 8, Bremen (59,1 Punkte) auf Platz 9 und Niedersachsen (59,0 Punkte), Brandenburg (56,6 Punkte), das Saarland (56,1 Punkte), Rheinland-Pfalz (54,1 Punkte) auf den Rängen 10 bis 13. Die letzten drei Plätze belegen Mecklenburg-Vorpommern auf Rang 14 (53,2 Punkte), Sachsen-Anhalt auf Rang 15 (52,2 Punkte) und schließlich Thüringen (49,6 Punkte).
Erhebliche Unterschiede
„Mit dem Bitkom Länderindex werden die 16 Bundesländer in puncto Digitalisierung vergleichbar gemacht“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Es zeigen sich enorme Unterschiede zwischen den digital führenden Ländern und den Nachzüglern. Aber die meisten Länder erzielen in einzelnen Bereichen Top-Werte.“
Hamburg erreicht in den Kategorien digitale Infrastruktur und digitale Verwaltung einen Spitzenplatz, Berlin punktet vor allem in der Kategorie digitale Wirtschaft. In einigen Kategorien gehören aber auch Flächenländer zu den Vorreitern: So liegt etwa Mecklenburg-Vorpommern in der Kategorie digitale Gesellschaft auf dem ersten Platz. Schleswig-Holstein belegt beim Ausbau der digitalen Infrastruktur Platz 2.
Hidden Champions
Die vier Kategorien des Länderindex sollen die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Bundesländer deutlich machen. So liegt Spitzenreiter Hamburg zwar im Gesamtranking und in der Einzelkategorie „digitale Infrastruktur“ vorn, erreicht aber in der Kategorie „digitale Gesellschaft“ lediglich Platz 11. Sachsen wiederum – im Gesamtranking auf Platz 8 – liegt in der Kategorie „Governance & digitale Verwaltung“ auf Platz 3, da die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen des Freistaats überdurchschnittlich viele Verwaltungsdienstleistungen online erledigen können.
Hessen hat ganz ähnliche Maßnahmen ergriffen und liegt in dieser Kategorie nur knapp hinter Sachsen auf Rang 4. Zusätzlich punktet das Land mit einem eigenständigen Digitalministerium. Das Saarland als kleinstes deutsches Flächenland erreicht im Bereich „digitale Gesellschaft“ den zweiten Platz – unter anderem durch Maßnahmen im schulischen Bereich.
Stadtstaaten vs. Flächenländer
Wie der Bitkom Länderindex weiter zeigt, korrelieren bestimmte Aspekte mit einer guten oder auch negativen Platzierung im Ranking. So liegen Stadtstaaten oder Länder mit einer hohen Bevölkerungsdichte tendenziell vorn. Auch ein hohes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sowie eine hohe Anzahl von Unternehmen und Hochschulen im Land lassen sich insbesondere in Ländern mit einem hohen Digitalisierungsgrad feststellen.
Die alten Bundesländer erreichen im Durchschnitt einen Indexwert von 63 Punkten, die neuen Länder einen Wert von 54 Punkten. Die drei Stadtstaaten kommen im Durchschnitt auf 68 Punkte, die Flächenländer hingegen nur auf 58 Indexpunkte.
„Dass in den dichtbesiedelten Stadtstaaten leichter Glasfasernetze ausgebaut oder mit Mobilfunkmasten schneller eine hohe 5G-Abdeckung erzielt werden kann, liegt auf der Hand. Gleichwohl zeigen Länder wie Schleswig-Holstein oder auch Niedersachsen, dass der Ausbau durch politische Maßnahmen auch in Flächenländern entscheidend vorangebracht werden kann“, betont Bitkom-Präsident Wintergerst. „Zwar gibt es bestimmte strukturelle Merkmale, die Fortschritte bei der Digitalisierung begünstigen – vor allem aber sind politischer Wille und Durchsetzungskraft entscheidend.“
So würden sich ein Digitalministerium oder ein regelmäßig tagendes Digitalkabinett ebenso positiv auf den Digitalisierungsgrad auswirken wie ein „Digitalcheck“ für neue Gesetze, über den aktuell acht Länder verfügen. Auch gehe es überall dort schneller voran, wo eine politische Digitalstrategie durch eine zentrale Stelle im Land umgesetzt und mit einem öffentlich einsehbaren Monitoring überwacht wird.
Top 3 der vier Einzelkategorien
Digitale Wirtschaft
Platz 1: Berlin (84,5 Punkte)
Platz 2: Hamburg (82,0 Punkte)
Platz 3: Bremen (70,8 Punkte)
Digitale Infrastruktur
Platz 1: Hamburg (84,9 Punkte)
Platz 2: Schleswig-Holstein (82,5 Punkte)
Platz 3: Berlin (81,0 Punkte)
Governance & digitale Verwaltung
Platz 1: Hamburg (64,0 Punkte)
Platz 2: Bayern (60,0 Punkte)
Platz 3: Sachsen (58,4 Punkte)
Digitale Gesellschaft
Platz 1: Mecklenburg-Vorpommern (79,1 Punkte)
Platz 2: Saarland (77,4 Punkte)
Platz 3: Sachsen (72,4 Punkte)
Studiendesign
Für den Länderindex haben Expertinnen und Experten des Bitkom eine Abfrage bei allen 16 Landesregierungen vorgenommen und eine Vielzahl an Drittstudien und amtlichen Statistiken ausgewertet. Hinzu kam eine empirische Befragung von mehr als 5.600 Bürgerinnen und Bürgern durch Bitkom Research, die repräsentative Ergebnisse für alle Länder liefern soll. Die erhobenen Daten flossen in die vier Kategorien mit insgesamt 26 Indikatoren ein.
„Der Bitkom Länderindex soll eine Forschungslücke schließen“, betont Bitkom-Präsident Wintergerst. „Vor allem geht es darum, dass wir Fortschritte und Defizite in der Digitalpolitik der 16 Länder identifizieren und vergleichbar machen. Wo gibt es Best Practices? Was können die Länder voneinander lernen? Wo brauchen wir mehr Tempo bei der Digitalisierung? Diese und andere Fragen können wir jetzt beantworten.“
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