Mitnick: „Ich war niemals gemeingefährlich“

Interview des inhaftierten Star-Hackers mit ZDNet / Letzter (?) Prozeß am 9. August

Kevin Mitnick sitzt seit vier Jahren in Untersuchungshaft. Dort wartet er auf seinen Prozeß. Die Justiz wirft dem 35jährigen Betrug, illegalen Zugriff auf Dateien der Firmen Sun, Motorola und anderer, sowie Diebstahl von Software in Millionenhöhe vor.

Erstmals war der Hacker Anfang der 80er Jahre mit dem Gesetz in Konflikt geraten: Mit 17 Jahren drang er angeblich in Computer der amerikanischen Luftverteidigung in Colorado ein. Am 14. Februar 1995 wurde er vom FBI in North Carolina geschnappt, als er von Rechnern verschiedener Konzerne Daten in Wert von mehreren Million Dollar entwendete und für jeden zugänglich ins Internet stellte. Die Regierung sprach von einem Schadenswert von 80 Millionen Dollar – die Konzerne selbst fordern nun einen Ersatz in Höhe von lediglich 1,5 Millionen Dollar.

Kevin Mitnick wurde damals in 23 Fällen schuldig gesprochen und erhielt die Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis, da er zusätzlich gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hatte.

In den vergangenen Jahren machten Sympathisanten immer wieder durch spektakuläre Hacks auf die als ungerechtfertigt empfundene Inhaftierung aufmerksam. Nun unternehmen die Anwälte des Star-Hackers einen neuen Versuch, die Weste ihres Mandanten weiß zu waschen. Mitnick, der als nicht sehr gesprächig bekannt ist, gab ZDNet ein Interview. Es wurde übers Telefon von Kevin Poulsen geführt, einem Mitarbeiter von ZDTV. Mitnick saß dabei im Los Angeles Metropolitan Detention Center.

ZDNet: Am 22. Juli hat ihr Anwalt Don Randolph einen neuen Antrag bei Gericht gestellt. Was wollen Sie damit erreichen?

Mitnick: „Zu Beginn des Verfahrens gegen mich haben die Regierungsvertreter Tatsachen so manipuliert, daß der von mir verursachte Schaden grotesk aufgebläht wurde. Ich hoffe, daß wenn das Gericht sich den neuen Antrag genauer ansieht und entsprechend seinem Inhalt handelt, ich von allen öffentlichen Anschuldigungen – ich sei an diesen Verlusten schuld – freigesprochen werde.“

Der Streit um die Schadenssumme scheint der letzte Akt im Verfahren gegen Mitnick zu sein. Im März hatte sich der Ex-Hacker mit der Justiz weitgehend verständigen können: Er bekannte sich in sieben Fällen des Kapitalverbrechens schuldig und gestand ein, in die Systeme von Konzernen wie Motorola, Fujitsu und Sun Microsystems (Börse Frankfurt: SSY) eingedrungen zu sein und dort verschiedene Quellcodes heruntergeladen zu haben. Für dieses Eingeständnis soll Mitnick noch ein Jahr im Gefängnis bleiben und dann entlassen werden. Er darf danach für drei Jahre keinen Computer mehr bedienen.

Für den 9. August rechnet Mitnick in einem letzten Prozeß mit der Verurteilung zu 46 Monaten Haft – zusätzlich zu den 22 Monaten, die ihm der Bruch der Bewährung eingebracht hatte.

Mitnick: „Erst durch die Anschuldigungen, die John Markoff von der ‚New York Times‘ gegen mich erhoben hat, kamen die Behörden dazu, die Schadensumme so grob aufzublähen. Nun ist es an mir, meinen Namen wieder von diesem Vorwurf zu befreien. Tatsache ist, daß ich nie eine gemeingefährliche Person war. Ich gestehe ein, ich habe zeitweise vorsätzlich Schaden angerichtet, aber nie haben mich dabei niedere Beweggründe angeleitet.“

Markoff hat für die New York Times geschrieben und an einem Buch namens „Takedown: The Pursuit and Capture of America’s Most Wanted Computer Outlaw – By The Man Who Did It“ mitgewirkt. Das Buch gilt als Vorlage für einen demnächst erscheinenden Film. Unter anderem behauptet Markoff darin, Mitnick habe Anfang der 80er Jahre das Verteidigungssystem NORAD des North American Aerospace Defense Command gecrackt.

Mitnick: „Ich habe nie auch nur versucht, ihre Computer zu kontaktieren, geschweige denn sie zu knacken. Genauso verhält es sich mit vielen anderen Anschuldigungen, die er gegen mich vorbringt.“ Markoff hatte bezüglich der NORAD-Geschichte ausgesagt: „Mein Informant war ein Freund von Mitnick. Weder war ich der erste, der diesen Vorwurf erhob, noch werde ich der letzte sein.“

Zum Abschluß des Interviews richtete Mitnick einige Worte an die Sympathisanten, die all die Jahre mit Aktionen auf sein Schicksal aufmerksam gemacht haben.

Mitnick: „Ich will all meinen Freunden und Unterstützern sehr danken für all die Kraft, die sie mir in der langen Zeit meiner Haft gegeben haben. Mein Dank kommt von Herzen.“

Themenseiten: Business

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

Noch keine Kommentare zu Mitnick: „Ich war niemals gemeingefährlich“

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *