Einheitlicher Standard für digitales Fernsehen

Nach jahrelangem Streit einigen sich die Konzerne auf Druck von EU-Wettbewerbskommissar Liikanen auf eine Technologie

Mit dem Digital-Fernseher ins Internet, E-Mails senden, parallel zum Fernsehprogramm Homepages abrufen, einkaufen, Radio hören und drahtlos Telefonieren – all das und mehr verheißt die interaktive Multimediawelt der Zukunft. Bisher scheiterte die digitale Vollbedienung via Glotze an den Grenzen von Öffentlich-Rechtlichen und Privatfernsehen, deren Set-top-Boxen im jeweils anderen System nur Grundfunktionen erlaubten.

Nach jahrelangem Tauziehen haben sich nun aber alle TV-Marktteilnehmer und die Landesmedienanstalten auf den einheitlichen Standard Multimedia Home Platform (MHP) geeinigt. Damit wird nun die entscheidende Schnittstelle, über die Programme auf die Funktionen der Decoder-Boxen zugreifen, aus dem Bereich proprietärer Lösungen in einen offenen Standard überführt. Alle Hersteller und Programmanbieter verbannen jetzt ihre eigenen gegenseitig gezielt inkompatiblen Geräte und Programme ins Firmenarchiv. Wer schon ein Gerät wie die D-Box für Kirchs Premiereworld hat, muss es technisch nachrüsten lassen.

Unabhängig vom Hersteller bietet MHP für alle Dienste künftig eine offene Schnittstelle, die die technisch ungehinderte Nutzung aller Zusatzangebote von der elektronischen Programmzeitschrift bis zu Börsenkursen, Nachrichten und Bestellungen im E-Commerce garantieren soll. Und das nicht nur in Deutschland, sondern Schritt für Schritt in der gesamten Europäischen Union. Der Weg zu der im Branchenjargon als „diskriminierungsfrei“ bezeichneten Schnittstelle war lang und steinig. MHP geht auf eine Idee des niederländischen Elektronik-Riesen Philips zurück, der der Branche damit einen neuen Markt jenseits der bisherigen Systemgrenzen elektronischer Medien erschließen will.

Eigentlich hatte die Interessenvertretung „Deutsche TV Plattform“ schon im Februar 2000 die Einführung eines MHP-Standards binnen Jahresfrist anvisiert. Doch die Konkurrenzsituation, unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und nicht zuletzt der Streit um einen Kopierschutz für digitale Inhalte verzögerten den Start immer wieder. Zur Internationalen Funkausstellung (IFA) Ende August in Berlin kochte selbst bei brandneuen Geräten mancher Hersteller noch sein eigenes Süppchen.

Zur gleichen Zeit drängte der für die Informationsgesellschaft zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen das aus rund 300 Firmen bestehende Konsortium für den künftigen Digital-Fernseh-Sendestandard DVB zu einer offenen interaktiven MHP-Schnittstelle – offenbar nicht ohne Erfolg.

Ehe die Mehrheit der Fernsehzuschauer via MHP und Kabelrückkanal interaktiv in Quiz-Shows eingreifen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Ohne ein technisch aufgerüstetes Breitband-Kabelnetz und insgesamt milliardenschwere Investitionen der privaten Haushalte in neue Technik wird MHP ein Nischenangebot bleiben. Die Medien-Wirtschaft wittert bei MHP neue Chancen für das, was ihr im Internet weitgehend mißlang: Gebühren für den Abruf bestimmter Dienste zu kassieren.

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1 Kommentar zu Einheitlicher Standard für digitales Fernsehen

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  • Am 20. September 2001 um 22:40 von ich

    Na endlich…
    Wird ja auch Zeit, die dbox von Kirchs Premiere stürzt so oft ab, da glaubt man betaresearch ist eine Microsoft-Tochter. Und von der nicht vorhandenen Geschwindigkeit und dem nicht vorhandenen Bedienkomfort fange ich erst gar nicht an. Dagegen ist jede Java Swing-Anwendung ein Hochleistungs-Programm…

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