Fast die Hälfte der Arbeitsplätze weg, drei Standorte geschlossen, UMTS auf Eis gelegt. Zur Rettung von Mobilcom (Börse Frankfurt: MOB) verkündete Konzernchef Thorsten Grenz am Freitag harte Einschnitte. Doch auch noch so viele Sparbemühungen in Büdelsdorf bringen keine sichere Zukunft für den einstigen Branchenstar. Das Schicksal für Mobilcom wird in Berlin und Paris entschieden.
Mit dem Abbau 1850 von 4200 Vollzeitstellen erfüllten sich die schlimmsten Erwartungen der Mitarbeiter. „Heute ist eingetreten, was wir alle befürchtet haben“, sagt Betriebsratssprecher Thomas Schrader. „Fast die Hälfte des Unternehmens soll zerrupft werden.“ Still hatten sich die Mitarbeiter zuvor in der gläsernen Eingangshalle der Konzernzentrale in Büdelsdorf den Katalog der Grausamkeiten von Grenz angehört.
Noch vor knapp zwei Wochen hatten die Mobilcom-Beschäftigten an gleicher Stelle ihrer Freude freien Lauf gelassen und Grenz nach der mit der Bundesregierung verhandelten Rettungsaktion umjubelt. Der hatte damals nur von einigen hundert Stellenstreichungen gesprochen. Grenz verweist nun auf die „schwierige Lage“, in der sich das Unternehmen befinde. Dies mache einen „harten und entschlossenen Maßnahmenkatalog“ notwendig. Neben den bayerischen Standorten Hallbergmoos und Karlsberg wird auch ein Call Center in Kiel dicht gemacht. Auch 50 „unrentable“ Mobilcom-Shops fallen dem Sanierungsplan zum Opfer, mit dem Grenz drastisch die Kosten senken und wieder zurück in die schwarzen Zahlen will.
Dass in Büdelsdorf voraussichtlich kaum Arbeitsplätze wegfallen, ist für wenige Mitarbeiter in der Firmenzentrale an diesem Nachmittag ein Trost. Sie wissen, dass Mobilcom längst noch nicht über den Berg ist. Kurzfristig muss zunächst das von der Bundesregierung versprochene Geld fließen, um das Verluste schreibende Unternehmen über Wasser zu halten. 50 Millionen Euro der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kamen bislang bei dem nur knapp an der Insolvenz vorbeigeschrammten Unternehmen an – doch nur, weil Berlin kurz vor der Bundestagswahl entgegen den ursprünglichen Plänen doch eine Bürgschaft übernommen hat. Die restlichen zugesagten 350 Millionen Euro sollen nun nach dem Willen Berlins tatsächlich als „banküblicher Kredit“ gewährt werden. Dazu müssen die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Landesbank Schleswig-Holstein feststellen, ob Mobilcom tatsächlich noch eine Überlebenschance hat. Von KfW-Chef Hans Reich kommen jedoch keine ermutigenden Signale für das nach Diktion von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) „kerngesunde“ Unternehmen: „Ob die Krankheit bei Mobilcom heilbar ist oder nicht, kann ich noch nicht sagen“, sagte er jüngst lapidar in einem Interview. Und ob die Bundesregierung zu einer weiteren Bürgschaft bereit wäre, ist nach der Wahl mehr als offen.
Doch die Rettungshilfe aus Berlin wäre ohnehin nur eine Überbrückung für die kommenden Monate. Noch ist nicht geklärt, ob in einigen Wochen nicht sowieso das Aus kommt, weil Mobilcom nicht in der Lage sein wird, fällige Schulden in Höhe von 4,7 Milliarden Euro zurückzuzahlen. Einziger Ausweg wäre, dass der abtrünnige Großaktionär France Télécom für diesen Betrag gerade steht, sagt Analyst Peter Wirtz von der WestLB Panmure. France Télécom habe aber klar gemacht, „dass es keine Investitionen in Deutschland mehr geben wird.“ Dass diese Entscheidung auf Druck der Bundesregierung rückgängig gemacht werden kann, ist eine vage Hoffnung. Zwar kennt der als Vermittler eingesetzte Ex-Thyssen-Chef Dieter Vogel Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Francis Mer noch aus gemeinsamen Tagen in der Stahlbranche: Doch France Télécom droht unter einer Rekordschuldenlast von 70 Milliarden Euro selbst der Kollaps. Probleme im Ausland dürften da in Paris zunächst als zweitrangig angesehen werden.
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