München ist die deutsche Großstadt mit dem höchsten Ausländeranteil. Das spiegelt sich auch in der IT-Branche wider: Viele Firmen, die im Großraum München Niederlassungen unterhalten, haben zumindest einige Mitarbeiter aus ihrem Ursprungsland geschickt. Andere, mit Stammsitz in München, haben Mitarbeiter aus anderen Standorten nach München geholt – was innerhalb von Europa seit einigen Jahren ja kein Problem mehr ist.
Eine mit rund 2500 Personen vergleichsweise kleine Ausländergruppe in München sind Inder. Firmen aus dem in der IT hauptsächlich durch Outsourcing und Anwendungsentwicklung bekannten Land gehen bereits seit mehreren Jahren aktiver auf Kunden in Amerika und Europa zu: Sie wollen nicht mehr nur die verlängerte Werkbank oder der wegen des günstigen Preises gewählte Dienstleister sein, sondern sich zu echten Geschäftspartnern entwickeln.
Dass hat auch damit zu tun, dass es den indischen IT-Service-Anbietern immer schwerer fällt, die von ihnen erwarteten Preisvorteile tatsächlich zu bieten: Gute Fachkräfte stehen inzwischen auch in Indien nicht mehr auf der Straße und warten auf eine Anstellung: Sie sind vielmehr heiß umworben. Das führt dazu, dass die Gehälter deutlich ansteigen und Mitarbeiter rasch von einem Arbeitgeber zu einem anderen, besser zahlenden wechseln.
Alistair Grant (Citi Bank), Deepak Jain, Senior Vice President Wipro, Ralf Reich, Geschäftsführer von Wipro Deutschland, Karl-Uwe Bütof vom Wirtschaftsministerium NRW und Dieter Spindler, Bürgermeister von Meerbusch, bei der Eröffnung des Wipro-Rechenzentrums in Meerbusch vergangene Woche (Bild: Wipro).
Außerdem haben die Inder erkannt, dass die entstandene Abhängigkeit vom US-Markt auf lange Sicht nachteilig ist. Fast alle großen indischen IT-Konzerne haben daher den in den USA generierten Anteil am Umsatz gesenkt – oft, indem das Geschäft mit europäischen Neukunden ausgebaut wurde. Zugleich positionieren sich die großen Anbieter nicht mehr in erster Linie über den Preis, sondern als Lieferanten hochwertiger Dienste. Sie sehen sich selbst auf Augenhöhe mit Firmen wie Accenture, IBM Global Services und Capgemini.
Von der Ölmühle zum globalen IT-Dienstleister
Wipro ist einer der vier großen indischen Anbieter. Angefangen hat das Unternehmen 1945 als Western India Products Limited in der Stadt Amalner im Bundesstaat Maharashtra, rund 350 Kilometer nordöstlich von Mumbai. Erstes Produkt war Sonnenblumenöl – was das noch heute verwendete Firmenlogo erklärt. Inzwischen stehen für die weltweit rund 120.000 Wipro-Mitarbeiter jedoch IT-Dienstleistungen und Product Engineering Services im Vordergrund.
Deutschland wird wichtiger
Das Unternehmen ist in rund 60 Ländern vertreten. In Deutschland ist zwar die Zentrale in Köln, aber die gemessen an der Mitarbeiterzahl größte der neun Niederlassung befindet sich in München. Zur Zeit sind dort zwischen einem Drittel und einem Viertel der Mitarbeiter aus Deutschland, der Rest stammt aus Indien. Dass soll sich in den kommenden Jahren ändern. Ziel ist es, bis 2013 die Zahl der deutschlandweit tätigen Mitarbeiter von 500 auf 1500 zu erhöhen. Davon soll nur noch die Hälfte aus Indien stammen.
Das Engagement im deutschen Markt hat Wipro dieser Tage auch mit der Eröffnung eines Rechenzentrums im rheinischen Meerbusch unterstrichen: Dort hat der Konzern knapp 15 Millionen Euro investiert und 150 Arbeitsplätze geschaffen. Das erste Rechenzentrum des Unternehmens auf europäischem Boden bietet auf 1500 Quadratmetern reichlich Platz für den Betrieb von Servern – etwa für die eigene Cloud-Computing-Plattform.
Deutschland-Geschäftsführer Ralf Reich erklärt im Video-Interview mit ZDNet, welche Rolle Wipro in Zukunft im deutschen IT-Dienstleistungsmarkt spielen will und welcher Part dabei dem Standort München zufällt. Senthil Murugesan, Leiter Product Engineering, erklärt, warum er sich als Inder in München wohl fühlt.
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