Österreich: Hausdurchsuchung bei TOR-Nutzer

Über den Knoten von William Weber wurde Kinderpornografie heruntergeladen. Die Polizei hat 20 Rechner und 100 TByte Storage beschlagnahmt. Datenschützer empfehlen, solche TOR-Relays nicht zu Hause zu betreiben.

Ein Österreicher namens William Weber hat nach eigenen Angaben wegen seines TOR-Zugangspunkts eine Hausdurchsuchung durch die Polizei hinnehmen müssen. Im Forum Lowendtalk berichtet er, jemand habe wohl über sein Relay für den Anonymisierungsdienst Kinderpornografie heruntergeladen. 20 Rechner seien beschlagnahmt worden, außerdem über 100 TByte an Storage, Tablets und Telefone.

Logo von TOR

Anwender wie Weber stellen Storage und Bandbreite zur Verfügung, um den Betrieb des anonymen Netzwerks The Onion Router (TOR) zu gewährleisten. Der Verkehr wird über Knoten wie den Webers geleitet; die IP-Adresse des tatsächlichen Besuchers einer Website bleibt dadurch geheim. Der Gebrauch von TOR wird etwa von der Datenschutzvereinigung Electronic Frontier Foundation (EFF) empfohlen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Privatsphäre zu gewährleisten.

Die EFF weist auf ihrer Informationsseite zu TOR aber auch darauf hin, dass ein Missbrauch über einen Knoten statistisch als wahrscheinlich gelten muss. Obwohl der Betrieb legal sei, müsse man mit Hausdurchsuchungen rechnen, weshalb ein solcher Knoten besser nicht zu Hause betrieben werde.

In genau diese Lage ist Weber offenbar geraten. Er wurde selbst nicht verhaftet, aber zu einer Vernehmung vorgeladen. Ihm zufolge scheint das steirische Landeskriminalamt das Prinzip von TOR verstanden zu haben und ihn – die Kinderpornografie betreffend – nicht für den Schuldigen zu halten. Er darf aber derzeit das Land nicht verlassen. Seine Hardware bleibt vorerst beschlagnahmt.

Bei der Razzia in Graz wurden außerdem kleine Mengen Haschisch und Marihuana sichergestellt. Das hält Weber aber für das geringste seiner Probleme – für den TOR-Server drohten ihm dagegen bis zu zehn Jahre Haft. Seine Strategie ist es nun, vor Gericht ein Grundsatzurteil durchzukämpfen und so den Einsatz von TOR-Relays in Österreich legal zu halten. Für die Gerichtskosten bittet er um Spenden.

[mit Material von Kevin Kwang, ZDNet.com]

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Neueste Kommentare 

6 Kommentare zu Österreich: Hausdurchsuchung bei TOR-Nutzer

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  • Am 1. Dezember 2012 um 7:18 von Fright

    Die Frage ist, wie fand die Staatsgewalt heraus, dass jmd. KiPo über seinen Knoten geladen hat? Offiziell gibt es doch keine Netzüberwachung. Da hat uns der Staat doch abermals belogen, wie es mir scheint!

    • Am 1. Dezember 2012 um 9:05 von schulte

      Gibt es auch nicht!
      Die Polizei ist, wie in allen anderen Ländern angehalten, Straftaten zu vermeiden.
      Die von Ihnen erwähnte „Überwachung“ ist für den unbegründeten Fall (resp. pauschal) zu verstehen. In diesem Fall läuft es aber anders.
      Wenn es einen begründeten Verdacht gibt, dann muss die Polizei dem nachkommen. Und Kinderpornographie ist zumindest in Europa ein Strafbestand, der auch gesellschaftlich nicht auf sehr viel Sympathie trifft. In diesem Fall ist der TOR-Betreiber für die Bereitstellung einer Infrastruktur fällig, die dazu angetan ist, Straftaten zu begehen. Das kann man zwar prinzipiell von jeder anderen Infrastruktur auch sagen, läuft hier aber anders.

      Zumindest in Deutschland gilt die sogenannte Störer-Haftung – genauer:
      „Nach der Störerhaftung kann derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“ (Wikipedia)

      Es ist davon auszugehen, dass andere Länder dieses Prinzip kopiert haben.

      Es gilt zwar in jedem Rechtsstaat die sogenannte Unschuldsvermutung, aber nur für Beschuldigte. Der TOR-Betreiber ist aber Zeuge und nicht Täter. Daher gilt diese eben NICHT. Und er ist sicherlich gut beraten, hier zu kooperieren.

      Ich denke, dass man jedem, der in der Lage ist einen Computer entsprechend zu dienen, eine gewisse Naivität absprechen kann. Ich gebe selbst TOR-Kurse und warne jedem davor zu glauben, er sei tatsächlich anonym. Jeder muss wissen, was er da macht. Bereits ganz allgemeine Überlegungen zeigen die deutlichen Grenzen eines solchen Systems auf.

      Dummheit ist kein guter Schutz vor Strafe!

  • Am 30. November 2012 um 23:49 von Datenmonster

    Wow 100 GByte, das hat ZDNet sicher nochmal nachgeprüft…

  • Am 30. November 2012 um 20:01 von Olaf Frommer

    „Obwohl der Betrieb eines Tor-Servers legal sei, drohen Herrn Weber wegen des Tor-Servers bis zu zehn Jahren Haft.“ Die Logik dieser Aussage müssen Sie mir erklären. Hält sich die österreichische Polizei also nicht an geltendes Recht?

  • Am 30. November 2012 um 19:39 von Bitjäger

    Schön, dass es noch „Idealisten“ gibt, die für andere (Kriminelle) den Schädlich hinhalten.

    • Am 1. Dezember 2012 um 3:56 von doc

      Anonymität im Internet ist essentiell für die freie Meinungsäußerung. Durch die tragweite des Internets ist das potential zu staatlichem Missbrauch digitaler, personenbezogener Daten derart grenzenlos dass selbst orwell sich die Augen gerieben hätte.

      Wenn man sich nun anschaut unter welch fadenscheinigen Begründungen Institutionen und Provider hierzulande mit Daten um sich werfen, kann man davon ausgehen, dass niemand sicher vor staatlicher Willkür ist.
      Menschen haben ein recht auf Privatsphäre, wenn also der einzige Weg dorthin über die Nutzung von Anonymisierungsdiensten und rigorose Verschlüsselung führt, so sei es!

      Das internet ist möglicherweise die größte Erfindung der Menschheitsgeschichte und hat schlicht zu viel potential um es staatlicher Kontrolle zu unterstellen.

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