Twitter kauft Gnip und verhandelt mit der türkischen Regierung

Gnip war 2008 der erste Twitter-Analyse-Dienst. Er verkauft Tweet-Digests. Gegenüber der Türkei soll sich Twitter bereit erklärt haben, einige beanstandete Konten zu sperren. Es plant aber keine Niederlassung im Land, wie dies die Behörden wünschen.

Twitter hat mit Gnip ein Unternehmen übernommen, das sich mit der Auswertung seiner Daten befasst. Parallel berichtet Reuters, das Unternehmen habe eine Delegation in die Türkei entsandt und einen Kompromiss mit der Regierung Erdogan gefunden.

Twitter

Gnip war 2008 gegründet worden – als erster Twitter-Partner, der Daten sammelte und auswertete. Seither hat es nach eigenen Angaben 2,3 Billionen Tweets verarbeitet. Seine Sammlungen, Statistiken und Berichte nutzen zahlreiche Firmen weltweit – teilweise für Forschungen, teilweise aber auch, um eine Anzeigenstrategie zu optimieren oder die Kommunikation mit den Kunden zu verbessern.

Twitter kommentiert daher auch in einem Blogbeitrag, mit Hilfe von Gnip könne es Entwicklern und Kunden „ausgefeiltere Datensätze und besser angereicherte Daten“ anbieten. Gnip greift aber auch auf andere Quellen zu – etwa auf Foursquare und Yahoos Blognetzwerk Tumblr. Ob diese Funktion erhalten bleibt, ist unklar – Gnip hat lediglich „neue Angebote mit Twitter“ angekündigt.

Die von Twitter in die Türkei entsandte Delegation hat laut Reuters Colin Crowell angeführt, der für Global Public Policy zuständig ist. Gestern wurde demnach vereinbart, einige von der Regierung Recep Tayyip Erdogans beanstandete Konten zu schließen. Twitter weigere sich aber vorerst, wie gewünscht eine Niederlassung in der Türkei zu eröffnen, heißt es.

Die türkische Regierung hatte vergangenen Monat eine Sperre gegen Twitter verhängt. Anlass waren offenbar Berichte über Korruption in der Türkei. Der Druck auf Erdogan, der seit 2003 Ministerpräsident des Landes ist, hat sich in den vergangenen Wochen erhöht. Unter anderem war ein angeblicher Mitschnitt eines Telefonats zwischen ihm und seinem Sohn Bilal aufgetaucht, in dem er ihn anweist, einen größeren Geldbetrag verschwinden zu lassen. Erdogan bezeichnete die Aufnahme als Fälschung und drohte rechtliche Schritte an.

Seit Anfang April ist Twitter in der Türkei wieder zugänglich, nachdem ein Verwaltungsgericht in Ankara die Sperre für ungültig erklärt hatte. Nach Ansicht der Richter verstößt die Blockade einer gesamten Website gegen die türkische Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention.

Am Wochenende hatte Erdogan nachgelegt: In einer am Samstag im Fernsehen übertragenen Rede beschuldigte er das Unternehmen der Steuerhinterziehung und kündigte an, es deswegen zu verfolgen. „Twitter, Youtube und Facebook sind internationale, profitorientierte Unternehmen. Twitter ist zugleich ein Steuersünder. Wir werden dem nachgehen“, sagte Erdogan laut der Nachrichtenagentur AFP. „Diese Firmen werden sich wie jedes andere internationale Unternehmen an die Verfassung, die Gesetze und die Steuerregeln meines Landes halten.“

[mit Material von Don Reisinger, News.com]

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