Verlorengegangenes Vertrauen ist der Grund für Microsoft und andere US-Firmen, eine deutsche Firma als Betreiber eines in Deutschland lokalisierten Rechenzentrum auszuwählen. Obwohl Microsoft-Chef Satya Nadella wie auch T-Systems-CEO Reinhard Clemens, dessen Firma als sogenannter Datentreuhänder für Microsoft fungiert, die Gründe für das mangelnde Vertrauen der Kundschaft in Public-Cloud-Techniken bei der Vorstellung der Pläne gestern in Berlin nicht weiter präzisiert haben, weiß doch jeder, wer respektive was dafür verantwortlich ist.
Es ist der US-Geheimdienst NSA mit seinen massiven Überwachungsmaßnahmen, die dank der Enthüllungen seines Ex-Mitarbeiters Edward Snowden öffentlich bekannt wurden. Doch das alleine ist noch nicht der Grund, dass US-Firmen die Dienste von der Telekom-Tochter T-Systems in Anspruch nehmen. Hinzu kommt, dass US-Unternehmen wegen des Patriot Act von ihrer Regierung zur Herausgabe von Daten gezwungen werden, auch wenn sich das Rechenzentrum außerhalb der USA befindet. Das ist nach Ansicht vieler Fachleute das Hauptproblem für hiesige Unternehmen bei der Nutzung von Public-Cloud-Angeboten von US-Firmen. Microsoft widersetzt sich zwar in einem bekannt gewordenen Fall weiterhin einem Gerichtsbeschluss, der die Herausgabe von E-Mail-Daten eines europäischen Nutzers an US-Behörden verlangt, doch Rechtssicherheit für Unternehmen sieht anders aus. Auch wenn der Konzern beteuert, den Fall notfalls bis zum Supreme Court durchzufechten.
Endgültig wurde das Vertrauen in Public-Cloud-Techniken mit der faktischen Abschaffung des Safe-Harbor-Abkommens zerstört. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erklärte Anfang Oktober die Entscheidung der EU-Kommission für ungültig, mit der sie festgestellt hat, dass die „Vereinigten Staaten von Amerika ein angemessenes Schutzniveau übermittelter personenbezogener Daten gewährleisten“. Ausgelöst hatte das Verfahren eine Beschwerde des österreichischen Juristen Max Schrems. Er behauptet, dass seine von Facebook auf US-Servern gespeicherten Daten dort vor einer Überwachung durch US-Behörden nicht ausreichend geschützt seien.
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Microsoft ist nicht die erste US-Firma, die Cloud-Dienste in deutschen Rechenzentren anbietet. Und dabei ist nicht gemeint, dass der US-Hersteller in Deutschland ein Rechenzentrum betreibt. Das würde an dem Tatbestand, dass US-Unternehmen auf Basis des Patriot Act Kundendaten herausgeben müssen, wenn US-Behörden danach anfragen, nichts ändern. Mit dem Datentreuhänder T-Systems kann sich Microsoft aber gegen behördliche Anfragen aus den USA schützen. Für T-Systems gilt deutsches Recht, an Weisungen von US-Behörden ist die Telekom-Tochter nicht gebunden.
Neben Microsoft nutzen weitere US-Firmen wie Salesforce.com und SugarCRM die Dienste von T-Systems – wohl aus den selben Gründen wie Microsoft. Vermutlich werden das nicht die letzten US-Firmen sein, die vor dem Überwachungswahn ihrer Regierung auf hiesiges respektives europäisches Terrain flüchten und die angebotenen Cloud-Dienste unter deutsche/europäische Aufsicht stellen. Diesbezüglich dürfte der Deal mit Microsoft eine gewisse Sogwirkung entfalten.
Ob durch die Vereinbarung von T-Systems mit Microsoft ein Boom in Sachen Public Cloud hierzulande ausgelöst wird, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Public-Cloud-Technologien gelten zwar für Start-Ups als Mittel der Wahl, wenn es um Wachstum geht. Doch die meisten Unternehmen sind keine Start-Ups und nutzen die Cloud-Technik entweder als Private Cloud oder in hybrider Form.
Update 13.11.2015
Inzwischen gibt es von Microsoft eine FAQ zum Thema. Diese hat ZDNet auf der folgenden Seite veröffentlicht.
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13 Kommentare zu US-Firmen drängen in die deutsche Cloud
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im Leben würde ich so etwas als Verantwortlicher nicht genehmigen; egal ob der Anbieter in den USA, Deutschland oder auf dem Mars sitzt.
T-Systems -> BND -> NSA … Augenwischerei für die Ami-Kundschaft. Die NSA ist vermutlich selbst längst drin …
Für die Kunde von Microsoft die nicht amerikanisch sind, ist es ein klarer Vorteil. Dank der deutschen Verfassung und Rechte. Vergessen Sie nicht, dass Microsoft ein globale ‚Player‘ mit deutschen Tochtergesellschaften ist.
Träumt weiter. Auch wenn das RZ in DE steht, ist die Software mit allen ihren geheimen Hintertürchen von einem US Unternehmen, das (Zwangsläufig) mit Geheimdiensten und Wirtschaftsimperien sympatisiert …
Kleine Hilfestellung:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-NSA-Skandal-Deutsche-Telekom-leitete-Transitverkehr-Daten-an-den-BND-2652374.html
Ergo Telekom -> BND -> NSA
Nur Daten im nicht „öffentlichen“ Raum sind sicher !
Oder besser, gebt die Daten niemals raus. Ist übrigens meistens ein wichtiger Teil in Kundenverträgen. Daten an Dritte e.t.c.
Das könnte wirklich nur eine Werbekampagne sein, die den Cloud-Nutzern Sand in die Augen streut, um weiterhin Geschäfte zu machen. Man sollte definitiv den Stand der Neuregelungen beim Safe harbor abwarten. Wenn da nichts vernünftiges vereinbart wird (wie im alten Safe harbor Abkommen!), dann hilft das ganze nichts!
Vllt. findet sich endlich mal ein OBJEKTIVER Berater, der diese Fragen einwandfrei klärt.
…also ich wäre mir da nicht sicher. Da die T-Systems keine Public-Cloud betreibt, muss sie Teil der O365/Azure Welt werden und ist unweigerlich damit verbunden. Das technisch wirklich völlständig aufzudröseln ist m.E. nicht möglich, man muss Teil des Verbundes sein, auch die Plattform muss regelmäßig durch Microsoft aktualisiert werden, um auf Stand zu bleiben.
Außerdem: wurde nicht auch die Telekom an zentralen Übergabestellen abgehört?
Die Datenschutzbestimmungen in DE sind nicht wirklich Nutzerfreundlich. Als einziges land, welches NICHT EU Mitglied ist, steht die Schweiz wirklich für effektiven Datenschutz und Vertrauen. Alle EU Mitgliedstaaten sind auf „gute zusammenarbeit“ auf politischer und wirtschaftlicher Ebene IMMER von den USA abhängig. Das ebenfalls in Planung befindliche TTIP stellt die Weichen für einen ineffizienten Datenschutz innerhalb der EU. Wenn Datencenter, dann in der SCHWEIZ!!! Stichwort: greendatacenter.ch
Hallo. Klingt doch nicht so schlecht für uns. So lassen die mal Geld da, und können es nicht mit windigen Steuertricks über Irland/Lux. und Co das Geld abziehen. Ob die dann nicht weiterhin Daten von uns auswerten (z.B. Emails mitlesen), hm, weiß nicht. Aber es gibt genug gleichwertige europäische Alternativen für Email Konten, wie auch von diese Firma oben, sogar ohne Werbung :)
Es geht hier um ‚Cloud‘-Daten, nicht um ein paar E-Mail Konten.
Wenn eine Firma ihre internen Daten einer sog. ‚Cloud-Lösung ‚ anvertraut (was für mich wegen der Unsicherheiten absolut unverständlich ist), weiß sie i.d.R. nicht, wer Zugriff auf ihre Daten hat und wo sie wirklich gespeichert sind. Bei amerikanischen RZ’s haben amerikanische Behörden immer die Möglichkeit des Zugriffs.
Ob das bei T-Systems anders ist, ist noch nicht wirklich geklärt.
Da die eine amerikanische Tochterfirma haben, unterliegt die Mutter-Gesellschaft, auch wenn sie in Deutschland sitzt, normalerweise auch dem Patriot Act und der Zugriff besteht auch dann.
Also nur Augenwischerei.
Sind die Daten von MS in einem deutschen RZ wirklich „sicher“ vor dem Patriot Act? Die dort gespeicherten Daten sind doch immer noch in der Verantwortung von MS und somit sollte doch ein US Gericht weiterhin die Datenauslieferung erzwingen können? Da kann doch auch der vermeintlich sichere Standort eines T-Systems RZ nicht helfen. Oder? Am Ende gar ein Eigentor für T-Systems, da die NSA an Daten im TSI RZ herankommen würde? Könnte die Redaktion das nicht mal recherchieren?!
Das ist noch nicht richtig wiedergegeben. Microsoft hat verkündet, dass die T-Systems ein RZ in eigener Regie betreibt, das die Technologie von Microsoft nutzt. Das ist ein ganz großer Unterschied, denn da hat MS nix mit den Daten zu tun.
Das ist nur Augenauswischerei – auch ausländische Unternehmen, die Niederlassungen in den USA betreiben (und da zählt t-systems genauso dazu, wie alle anderen Rechenzentrumsanbieter), unterliegen dem Patriot Act. Also ändert sich an der Rechtssicherheit genau gar nichts.