Experte warnt vor Teilnahme am Rachefeldzug gegen Wikileaks-Gegner

Angegriffene können aufgrund der protokollierten IP-Adressen rechtliche Schritte einleiten. Erwischten Aktivisten drohen Freiheitsstrafen. Candid Wüest sieht zudem die Gefahr, dass die Sympathiewelle missbraucht wird.

Candid Wüest, Sicherheitsexperte bei Symantec (Bild: Symantec).
Candid Wüest, Sicherheitsexperte bei Symantec (Bild: Symantec).

Der Symantec-Security-Experte Candid Wüest warnt Internetnutzer eindringlich davor, sich an Cyber-Angriffen von Wikileaks-Unterstützern gegen Wikileaks behindernde oder bekämpfende Firmen und Personen zu beteiligen. „Die verwendeten Tools maskieren die IP-Adresse nicht. Sie ist daher für den Angegriffenen in den Logfiles seines Servers ersichtlich und kann dazu verwendet werden, gegen den Angreifer rechtlich vorzugehen.“

Eine erste Verhaftung gab es bereits in den Niederlanden. In Großbritannien drohen bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug. In Deutschland sieht Paragraf 303 des Strafgesetzbuches (Computersabotage) ebenfalls Freiheitsstrafen vor.

Außerdem sieht Wüest die Gefahr, dass sich Trittbrettfahrer die Sympathien für Wikileaks zunutze machen: „Die bislang für die Aktionen verwendeten Tools müssen zwar vom Nutzer aktiv installiert werden, lassen sich aber zum Teil zentral vom Anbieter steuern. Es ist also nicht sicher, dass damit nur die vom Nutzer – vielleicht auch gegen geltendes Recht – gutgeheißenen Ziele verfolgt werden.“ Bisher sei der Fall zwar noch nicht vorgekommen, dass andere Webangebote angegriffen worden sind, aber er sei durchaus denkbar. Da ihrerseits auch die Anbieter der Tools angegriffen wurden und sich genötigt sahen, auf andere Server auszuweichen, könnte die Situation entstehen, dass Dritte Wikileaks-Sympathisanten mit dem Hinweise auf eine neue Quelle Malware unterschieben.

Gerüchten zufolge ist es bei Mastecard – anders als bei Visa – durch die Attacken teilweise zu Zahlungsausfällen gekommen. Grund dafür sei, dass dieselben Server, auf denen die Website des Unternehmens liegt, auch für bestimmte Anfragen zuständig sind, etwa wenn bei einem Zahlungsvorgang die Eingabe des Masterpasswords notwendig ist. „Ob dies tatsächlich so ist und ob die Angreifer dass gewusst haben oder ob es ein Zufallstreffer war, ist nicht ganz klar“, sagt Wüest im Gespräch mit ZDNet. Letztendlich sei es jedoch auch unerheblich: „Die Server für diese Anfragen müssen im Web erreichbar sein und sind damit auch als Ziel von Angriffen vorstellbar.“

Beleg dafür ist ein erneuter Angriff auf Paypal, der sich nicht auf die Homepage, sondern die URL „api.paypal.com“ richtet. Dahinter verbirgt sich Paypals webbasiertes System zur Verarbeitung von Zahlungen. Ein von Watchmouse.com betriebener Monitoring-Service berichtet von erheblichen Problemen des Dienstes in Japan, Südafrika und Deutschland. Die USA und der größte Teil Westeuropas seien nicht betroffen. Im Verlauf des Freitagvormittags haben die Angreifer zudem den Transfer- und Bezahldienst Moneybookers.com unter Beschuss genommen. Das Vorhaben war nach rund zwei Stunden gegen 11 Uhr erfolgreich. Um 15 Uhr war die Site noch nicht wieder verfügbar.

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Möglichkeiten, sich gegen einen solchen Angriff zu wehren, haben die betroffenen Firmen kaum, ist es doch sehr schwer, legitime von illegitimen Anfragen zu unterscheiden. „Selbst wenn beispielsweise die Zahl der Anfragen pro IP-Adresse auf eine bestimmte Anzahl reduziert wird, bedeutet das lediglich, dass der Angreifer eine größere Zahl von Sympathisanten mobilisieren muss“, so Wüest. Einziger Ausweg scheint es zu sein, mehr Ressourcen bereitzustellen, als die Angreifer beschäftigen können. Zumindest Amazon war damit schon erfolgreich. Das Unternehmen hatte sich den Zorn der Wikileaks-Anhänger zugezogen, weil es das Angebot von seinen Servern verbannte. Um bei den Kreditkartenfirmen erfolgreich zu sein, reichte eine vergleichsweise kleine Zahl von „Hacktivisten“.

Laut Paul Mutton von der Sicherheitsfirma Netcraft war Mastercard im Vergleich zu Visa das einfachere Ziel: Letzteres habe rund 2000 erfordert – im Gegensatz zu 400 bei Mastercard, so der Experte gegenüber der BBC. Technische Details der Angriffe werden in einem andern Beitrag bei ZDNet ausführlich dargestellt.

Heute ist Moneybookers.com ins Visier der Wikileaks-Hacktivisten geraten und war für mehrere Stunden nicht ereichbar (Screenshot: ZDNet).
Heute ist Moneybookers.com ins Visier der Wikileaks-Hacktivisten geraten und war für mehrere Stunden nicht ereichbar (Screenshot: ZDNet).

Themenseiten: Business, Phishing, Symantec, Wikileaks

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1 Kommentar zu Experte warnt vor Teilnahme am Rachefeldzug gegen Wikileaks-Gegner

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  • Am 11. Dezember 2010 um 8:51 von Allendorf

    Streikrecht wegen Sanktionierung?
    Wikileaks ist bisher wegen Gesetzesverstößen nicht verurteilt worden. Dennoch wird WL sanktioniert. Da es sich hier um Zivilrechtliche Vertragsverhältnisse handelt ist dieses Verfahren prinzipiell nicht zu kritisieren. Dennoch ergreifen die Sanktionierer zum einen öffentlich Partei und zum anderen ist auf Grund der monopolähnlichen Marktmacht und technischer belange ein schneller Wechsel des Anbieters nicht einfach zu bewerkstelligen. Es ist deshalb nicht sehr verwunderlich das auf die schweren Eingriffe in die Geschäftsprozesse des einen Unternehmens eine Sanktion des anderen Unternehmens als Reaktion erfolgt. In nicht virtuellen Welten wird in derartig gelagerten Fällen das Instrument des Rechtsstreites oder des Streiks genutzt um ein „erwünschtes und allseits akzeptiertes moralisches Verhältnis herzustellen. Ob das geltende Recht ausreicht den Rechtsfrieden herzustellen wird sich zeigen.

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